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Ein Hof und elf Geschwister

Der stille Abschied vom bäuerlichen Leben in Deutschland

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DEUTSCHER SACHBUCHPREIS 2023

Die stolze bäuerliche Landwirtschaft mit Viehmärkten, Selbstversorgung und harter Knochenarbeit ist im Laufe der Sechzigerjahre in rasantem Tempo und doch ganz leise verschwunden. Ewald Frie erzählt am Beispiel seiner Familie von der großen Zäsur. Mit wenigen Strichen, anhand von vielsagenden Szenen und Beispielen, zeigt er, wie die Welt der Eltern unterging, die Geschwister anderen Lebensentwürfen folgten und der allgemeine gesellschaftliche Wandel das Land erfasste.

Zuchtbullen für die monatliche Auktion, Kühe und Schweine auf der Weide, Pferde vor dem Pflug, ein Garten für die Vorratshaltung - der Hof einträglich bewirtschaftet von Eltern, Kindern und Hilfskräften. Das bäuerliche Leben der Fünfzigerjahre scheint dem Mittelalter näher als unserer Zeit. Doch dann ändert sich alles: Einst wohlhabende und angesehene Bauern gelten trotz aller Modernisierung plötzlich als ärmlich und rückständig, ihre Kinder riechen nach Stall und schämen sich. Wege aus der bäuerlichen Welt weist die katholische Kirche mit neuer Jugendarbeit. Der Sozialstaat hilft bei Ausbildung und Hofübergabe. Schon in den Siebzigerjahren ist die Welt auf dem Land eine völlig andere. Staunend blickt man zurück, so still war der Wandel: "Mein Gott, das hab ich noch erlebt, das kommt mir vor wie aus einem anderen Jahrhundert." Ewald Frie hat seine zehn Geschwister, geboren zwischen 1944 und 1969, gefragt, wie sie diese Zeit erlebt haben. Sein glänzend geschriebenes Buch lässt mit treffsicherer Lakonie den großen Umbruch lebendig werden.

  • Deutscher Sachbuchpreis 2023
  • Eine Familie erlebt das Verschwinden des bäuerlichen Lebens in den 50er und 60er Jahren
  • Verwebt auf überzeugende Weise die eigenen Erfahrungen mit zeitgeschichtlichen Zusammenhängen
  • Dicht und eindringlich geschrieben, überzeugend und berührend
  • Für Leser:innen von Christiane Hoffmanns Bestseller "Alles, was wir nicht erinnern"

Inhaltsverzeichnis

1. Familie, Bauerschaft und Dorf
Elf Geschwister
Siebzehn Höfe
Viele im Dorf

2. Die Jahre meines Vaters
Züchten
Arbeiten
Glauben
Feiern

3. Die Jahre meiner Mutter
Ankommen
Gestalten
Anpassen
Entwerfen

4. Auszug
Siebzehn A
Elf
Zwei

5. Nachwelten


Dank
Die Geschwister
Anmerkungen
Quellen
Literatur

Produktdetails

Erscheinungsdatum
20. Dezember 2023
Sprache
deutsch
Seitenanzahl
191
Autor/Autorin
Ewald Frie
Verlag/Hersteller
Produktart
gebunden
Abbildungen
mit 3 Abbildungen
Gewicht
350 g
Größe (L/B/H)
219/145/20 mm
ISBN
9783406797170

Portrait

Ewald Frie

Ewald Frie wurde 1962 als neuntes von elf Kindern einer katholischen Bauernfamilie im Münsterland geboren. Er ist Professor für Neuere Geschichte an der Universität Tübingen und ordentliches Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften.

Pressestimmen


Ein kluges und gekonntes Porträt mit großer Anschaulichkeit und analytischer Kraft.
SZ, Die Besten der Besten 2023, Steffen Mau
Nominierung für den Deutschen Sachbuchpreis 2023: Lässt liebevoll und unprätentiös eine Lebensweise wiederauferstehen, die vielen nicht mehr vertraut ist. Und er zieht dabei Bilanz: Was ist mit der Verstädterung und der Bildungsexpansion verlorengegangen? Was haben wir mit dem gesellschaftlichen Wandel gewonnen? Dass Frie auf einfache Fragen nicht immer einfache Antworten gibt, zählt zu den Stärken dieses unterhaltsamen wie erkenntnisreichen Buchs.
Aus der Jurybegründung

Eine Erzählung in einer meisterlich unverplauderten Prosa, die alles in sich birgt, worauf es ankommt, und ausspart, was nicht gesagt werden muss. Methodisch durchdrungen von Fries Historikerkunst und wie ein Destillat aus einem wohl einzigartigen Fundus gewonnen.
DIE ZEIT, Elisabeth von Thadden

Wie sich das Verhältnis von Individuum und Welt in nur einer Generation verändert hat, das analysiert anschaulich der Tübinger Historiker Ewald Frie.
DER SPIEGEL, Susanne Beyer

Eine exzellente Entscheidung der Jury.
Süddeutsche Zeitung, Felix Stephan

Sachbuch-Bestenliste von ZEIT, ZDF und Deutschlandfunk im April 2023: Eine Familienchronik, die zugleich das Porträt einer untergehenden Welt ist.

Wie das bäuerliche Leben zu Ende ging. Ein Historiker porträtiert seine Familie.
ZEIT, Elisabeth von Thadden

Ein überaus elegant konstruiertes Sachbuch Sehr zu Recht wurde Frie dafür mit dem Deutschen Sachbuchpreis ausgezeichnet.
Tagesspiegel, Denis Scheck

Frie beschreibt einen Verlust, den Untergang einer Welt. Frei von Nostalgie, mit klarem Blick. Eine fast vergessene Geschichte der Bundesrepublik scheint hinter Fries Gesprächen mit seinen Geschwistern auf.
DER SPIEGEL, Tobias Rapp

Ewald Frie erzählt nun in einem wunderbaren Buch vom Abschied von der bäuerlichen Gesellschaft.
Süddeutsche Zeitung, Johan Schloemann

Eine andere Geschichte der Bundesrepublik.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, Helmut Mayer

Ein lesenswertes Buch.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, Ulla Fölsing

Ein tiefes und gleichzeitig zugängliches und unterhaltsames historisches Sachbuch.
NDR, Agnes Bührig

Ewald Frie erzählt eindrücklich vom Aufwachsen in der bäuerlichen Großfamilie.
Der Freitag, Regina Bartel

Ein schönes Stück Zeitgeschichte
hr2 Kultur, Christiane Hillebrand

Auch ein Stück Bildungsgeschichte der jüngeren Bundesrepublik [ ] das besondere Leseerlebnis in Ewald Fries Buch besteht in den amüsanten Szenen, in denen die Geschwister als Komplizen oder zumindest Insider der bäuerlichen Lebenskultur auftauchen.
Bayerischer Rundfunk, Astrid Mayerle

Macht entlang der unterschiedlichen Erfahrungsräume von Eltern und Kindern auch im Kleinen den großen gesellschaftlichen Wandel sichtbar.
Falter, Julia Kospach

Sachbuch-Bestenliste von ZEIT, ZDF und Deutschlandfunk im April 2023: Eine Familienchronik, die zugleich das Porträt einer untergehenden Welt ist.

Erzählt anhand seiner eigenen Familiengeschichte, wie rasant sich das Leben der Bauern in den vergangenen fünfzig Jahren verändert hat Ewald Frie erklärt, warum die Wut der Bauern Tradition hat.
SPIEGEL Online, Susanne Beyer

Der Historiker beschreibt den Untergang der bäuerlichen Welt und wie sich dieser Verlust für die Menschen anfühlt.
SPIEGEL Bestseller, Platz 6

Eine Familienchronik, die zugleich das Portrait einer untergehenden Welt ist.
ZEIT Newsletter Was wir lesen

Ein berührendes Buch. "
Badische Zeitung, Michael Neubauer

Es verweben sich im Text Familiengeschichte und Zeitgeschichte, lebensweltliche Betroffenheit und der nüchterne Blick des Historikers, autobiografische Erinnerung und geschichtswissenschaftliche Kontextualisierung, sensible Auseinandersetzung mit der Familie und die sezierende Analyse des kritisch zurückschauenden und einordnenden Geschichtsschreibers. Imponierend an dem Buch ist nun gerade die Art und Weise, in der die auseinanderstrebenden Betrachtungsweisen stilistisch miteinander verbunden werden.
Soziopolis. de, Juri Auderset,

Applaus! Und ein fröhliches Muuh.
stern. de

Dieses Buch ist bemerkenswert in vielerlei Hinsicht.
Stuttgarter Zeitung, Armin Käfer

Ein bundesrepublikanisches Sittenbild, dass die Bildungsaufsteiger der ersten Bafög-Jahre zur Identifikation einlädt.
Tagesspiegel, Gunda Bartels

Liebevoll und warmherzig, gleichzeitig aber mit dem Instrumentarium und dem geschulten Blick des Historikers erzählt Ewald Frie vom Leben seiner Eltern, vom Aufwachsen seiner Geschwister und von ihrem Entwachsen der Landwirtschaft, vom sozialen und technischen Wandel.
NZZ online, Cord Aschenbrenner

In Gesprächen mit den zehn Geschwistern rekonstruiert er ebenso profund wie elegant kollabierende Welten.
Tagesspiegel, Denis Scheck

Besprechung vom 17.10.2023

Krisen, Kämpfe und Konzerne

Am Mittwoch beginnt die Frankfurter Buchmesse. Mit welchen Themen befassen sich die Wirtschaftsbücher in diesem Jahr? Eine kleine Auswahl.

Whistleblowerin bei Facebook

Frances Haugen ist eine der berühmtesten Whistleblowerinnen der vergangenen Jahre. Sie brachte Tausende interner Dokumente an die Öffentlichkeit, die das Bild vermittelten, der Internetkonzern Meta - früher Facebook - wisse viel über toxische Inhalte auf seinen Plattformen, tue aber aus Profitgier wenig dagegen. Mit ihren Enthüllungen stürzte sie den Konzern in einen abermaligen Skandal. In "Die Wahrheit über Facebook" erzählt sie, wie sie zur Whistleblowerin wurde. Dabei holt sie weit aus und beschreibt, wie Episoden in ihrem Leben - zum Beispiel eine Autoimmunkrankheit oder der Besuch einer Universität mit ungewöhnlichem Lehrplan - die Voraussetzungen schufen, dass sie eines Tages über ihren Arbeitgeber auspacken würde. Das gerät etwas langatmig, und erst nach mehr als 300 Seiten beginnt im Kapitel "Es geht los" die eigentliche Whistleblowing-Geschichte. Dann liest sich das Buch zeitweise wie ein Krimi. lid.

Frances Haugen: Die Wahrheit über

Facebook. Warum ich zur Whistleblowerin

wurde und was die größte Social-Media-

Plattform der Welt so gefährlich macht.

Econ Verlag, Berlin 2023, 512 Seiten, 26 Euro.

Gefahren der Macht

Die amerikanischen Ökonomen Daron Acemoglu und Simon Johnson stellen keineswegs den Nutzen technischen Fortschritts grundsätzlich infrage. Zu offensichtlich ist, dass sehr viele Menschen seit der industriellen Revolution länger, besser und gesünder leben. Sie weisen aber auf negative Nebeneffekte von Fortschrittswellen hin, die viele Menschen aus ihrer gewohnten Umgebung reißen und den Profiteuren des Fortschritts, bei denen es sich ja oft um mutige und erfindungsreiche Menschen handelt, häufig nicht nur extremen Reichtum, sondern auch Macht bescheren. Besonders kritisch setzen sich die Autoren mit der Macht der Giganten aus dem Silicon Valley auseinander, die nach ihrer Ansicht bis zur Demokratiegefährdung reicht. Die Idee, wirtschaftlicher Macht mit Wettbewerbspolitik zu antworten, halten sie nicht für ausreichend. Man muss nicht die teils sehr einschneidenden politischen Vorstellungen der Autoren teilen, um ihre Analyse für wichtig zu halten. gb.

Daron Acemoglu & Simon Johnson: Macht und Fortschritt. Unser tausendjähriges Ringen um Technologie und Wohlstand. Campus-Verlag, Frankfurt, New York 2023, 576 Seiten, 34 Euro.

Deutscher Kolonialismus

Im Wettlauf um die koloniale Aufteilung Afrikas war Deutschland vergleichsweise spät in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts beteiligt. Reichskanzler Otto von Bismarck hatte zunächst gezögert, den anderen Kolonialmächten nachzueifern. Doch besonders das Drängen hanseatischer Kaufleute auf staatlichen Schutz für ihre privaten kommerziellen Übersee-Niederlassungen habe ihn dann doch zur Gründung deutscher Kolonien in Afrika, Ozeanien und China veranlasst, schreibt Dietmar Pieper in seinem spannenden wirtschaftshistorischen Buch. Erst durch das Zusammenspiel von Kaufleuten, Bankiers und Reedern im außereuropäischen Handel sei die deutsche Kolonialherrschaft entstanden. Vor allem aus Hamburg und Bremen sei dabei mitgemischt worden. Sein Spaziergang am Ende des Buches durch das heutige Hamburg schärft den Blick für manche architektonische Spuren, die noch immer von der dunklen Geschichte zeugen. F.A.Z.

Dietmar Pieper: Zucker, Schnaps und Nilpferdpeitsche. Wie hanseatische Kaufleute Deutschland zur Kolonialherrschaft trieben. Piper Verlag, München 2023, 352 Seiten, 24 Euro.

Vaterporträt und VW-Geschichte

Vierzig Jahre war China vom Westen abhängig; dann kehrte sich das Verhältnis um. In keiner Branche ist das so deutlich wie im Autobau. Hatte VW im Reich der Mitte einst an dessen Wiege gestanden, muss es sich nun zeigen lassen, wie Mobilität heute geht. Felix Lee beschreibt in einem eindringlichen, unterhaltsamen und spannenden Buch anhand der Geschichte seines Vaters den Aufstieg des Wolfsburger Konzerns in Fernost. War Wenpo Lee doch einer der Macher des Erfolgs. Als Kind war er im Bürgerkrieg aus China nach Taiwan geflohen, schlug sich auf den Straßen Taipehs durch, traf auf gute Lehrer, studierte, ging nach Deutschland, kam zu VW, machte Karriere und wurde beim Aufbau des Chinageschäfts ein viel gefragter Mann im Konzern. Mitte der Achtzigerjahre siedelte er für VW mit seiner Familie nach Peking über. fib.

Felix Lee: China, mein Vater und ich. Über den Aufstieg einer Supermacht und was Familie Lee aus Wolfsburg damit zu tun hat. Ch. Links Verlag, Berlin 2023, 256 Seiten, 22 Euro.

Wichtiges über Finanzkrisen

Die beiden Ökonomen Markus Brunnermeier und Ricardo Reis haben kurz und bündig zusammengefasst, was die Ökonomen in den vergangenen 15 Jahren über Ursachen, Verlauf, Folgen und die Bekämpfung von Finanzkrisen gelernt haben. Dem Buch ist nicht nur anzumerken, dass die beiden Autoren zu den angesehensten Experten auf diesem Gebiet zählen. Leicht erkennbar ist auch, dass sie den Stoff seit Jahren an Universitäten gelehrt haben. Es wäre leicht, über das Thema ein sehr dickes Buch zu verfassen; der Reiz des Textes besteht aber gerade darin, dass die Autoren so kurz und präzise wie möglich sein wollen. Somit verspricht der Text nicht unbedingt ein Lesevergnügen. Dafür werden Leser, die den Stoff ernsthaft durcharbeiten, mit vielen wichtigen Kenntnissen belohnt. gb.

Markus K. Brunnermeier & Ricardo Reis: A Crash Course on Crises.

Macroeconomic Concepts for Run-ups, Collapses, and Recoveries. Princeton University Press, Princeton 2023,

136 Seiten, 36 Euro.

Die hartnäckige Lohnlücke

Frauen verdienen noch immer weniger Geld als Männer. Als die frühere ZDF-Journalistin Birte Meier vor Jahren erfuhr, dass sie als "feste-freie" Mitarbeiterin über Jahre hinweg einen hohen dreistelligen Betrag im Monat weniger verdient hat als ihre männlichen Kollegen in vergleichbarer Position, zog sie gegen ihren Arbeitgeber vor Gericht. Über ihren Kampf für gleichen Lohn für gleiche Arbeit hat die Journalistin, die früher für das Magazin "Frontal 21" gearbeitet hat, ein lesenswertes Buch geschrieben mit vielen Informationen zum Thema Entgeltungleichheit. Nicht nur ihr eigener Fall wird geschildert, Frauen aus verschiedenen Berufen berichten. In Deutschland - so Birte Meiers These - habe die Politik nur zaghaft den Frauen geholfen, die wichtigsten Grundsatzurteile hätten sich Frauen vor Gericht hart erstreiten müssen. Sie selbst hat dazu beigetragen. Das ZDF hat ihr in diesem Sommer eine Entschädigung gezahlt. F.A.Z.

Birte Meier: Equal Pay Now! Endlich gleiches Gehalt für Frauen und Männer. Goldmann Verlag, München 2023, 240 Seiten, 16 Euro.

Die erste Eucken-Biographie

Es hat lange gedauert: 73 Jahre nach dem Tod des Ökonomen Walter Eucken ist nun endlich eine Biographie erschienen über den wichtigsten Mann der "Freiburger Schule" des Ordoliberalismus. Eucken machte sich gemeinsam mit einer kleinen Gruppe von Professoren in Freiburg schon während der Zeit des Nationalsozialismus Gedanken darüber, wie eine freiheitliche Wirtschaftsordnung nach dem Krieg in Grundzügen aussehen sollte: Es sollte ein Gegenentwurf zur zentral verwalteten Kommandowirtschaft der Nationalsozialisten sein, der sich aber auch vom Laissez-faire-Liberalismus früherer Zeiten abgrenzen sollte. Wendula Gräfin von Klinckowstroem schildert Euckens Leben detailreich in seiner ganzen Vielschichtigkeit, nicht nur für Wirtschaftshistoriker, sondern für eine breite Öffentlichkeit. Dazu gibt es viele, teils erstmals veröffentlichte Fotos. Wem das noch nicht ausreicht, kann sich auf die Werkausgabe freuen, die ebenfalls bei Mohr Siebeck erscheint. F.A.Z.

Wendula Gräfin von Klinckowstroem: Walter Eucken. Ein Leben für Menschenwürde und Wettbewerb. Mohr Siebeck, Tübingen 2023, 367 Seiten, 39 Euro.

Zeitenwende auf den Höfen

Früher war alles besser? Nein, es war anders. Wie es war, beschreibt der Historiker Ewald Frie in seinem Buch über das bäuerliche Leben der Nachkriegszeit. Auch wenn die Situation mit elf Geschwistern auf einem Hof speziell ist und das Buch eine Familienchronik wiedergibt, so vermittelt es ein großes Stück Zeitgeschichte der vergangenen 80 Jahre. Die deutsche Landwirtschaft hat sich so rasant verändert wie kaum ein anderer Wirtschaftszweig. Was das für Familien auf dem Land bedeutete und wie harte Arbeit, die Gemeinschaft und der Glaube ihr Leben prägten, vermittelt der Autor eindrucksvoll, ohne Sentimentalitäten. Für sein Buch ist der Historiker mit dem Deutschen Sachbuchpreis ausgezeichnet worden. ak.

Ewald Frie: Ein Hof und elf Geschwister.

Der stille Abschied vom bäuerlichen Leben in Deutschland. C.H. Beck, München 2023, 191 Seiten, 23 Euro.

Der erste China-Lobbyist

Mit seiner akribischen Recherche über den Geschäftsmann Gerhard Flatow hat der ehemalige "Handelsblatt"-Chefredakteur Bernd Ziesemer den wohl ersten Lobbyisten der Volksrepublik China in Deutschland enttarnt. Der 1980 verstorbene Flatow wirkte in den frühen Jahren der Bundesrepublik, indem er China-Deals einfädelte und die kommunistische Partei in Deutschland mitgründete. Als junger Mann musste Flatow vor den Nationalsozialisten fliehen und machte im brodelnden Schanghai das schnelle Geld. Anders als viele Kolonialismusgewinnler aus dem Westen lernte er fließendes Chinesisch, knüpfte Kontakte zu Einheimischen und heiratete eine Chinesin. Als Maos Kommunisten nach ihrem Sieg im chinesischen Bürgerkrieg mit dem Imperialismus abrechnen, landet Flatow erst im Gefängnis, wird dann aber mit dem Auftrag entlassen, nach Deutschland zurückzukehren und dort Wirtschaftskontakte zu knüpfen. Die Geschichte zeigt, mit welchem Ehrgeiz sich manche Westler für die Volksrepublik einspannen lassen. mfe.

Bernd Ziesemer: Maos deutscher

Top-Agent. Wie China die Bundesrepublik

eroberte. Campus-Verlag, Frankfurt,

New York 2023, 256 Seiten, 28 Euro.

Eloquentes Bitcoin-Pamphlet

Nach Jahren ist das Thema Krypto immer noch ideologisch aufgeladen. Auch der frühere Literaturchef der "Zeit" hat sich entschieden: Er ist ein Fan von Bitcoin und rührt in einem eloquenten Pamphlet mächtig die Werbetrommel dafür. Dabei hält er sich nicht mit Details auf, vielmehr scheint er den Leser schnell überzeugen zu wollen - davon, dass das Krypto-Konstrukt das bessere Geld ist und die Welt vom Fluch eines vom "staatlich-monetären Komplex" manipulierten, konventionellen Geldes erlösen kann. Und wundert sich dabei bisweilen über seine eigene Begeisterung.

Ein Buch, von dem jeder etwas hat. Wer Bitcoin hasst, wird entsetzt sein, wer Bitcoin liebt, sich bestätigt finden. Und alle dazwischen können sich herrlich an den Thesen reiben, die Mangold präsentiert, bieten diese doch jede Menge Ansatzpunkte für kritische Gegenargumente. mho.

Ijoma Mangold: Die orange Pille.

Warum Bitcoin weit mehr als nur ein neues Geld ist. dtv, München 2023, 240 Seiten,

24 Euro.

Der Ausnahme-Unternehmer

Bewundert, beneidet, gehasst - Elon Musk ist der Ausnahme-Unternehmer der Gegenwart. Er führt den Elektroautohersteller Tesla, das Weltraumunternehmen SpaceX, die Kurznachrichtenplattform X (vormals Twitter) und viele andere Projekte. Wer ist dieser Mann? Was treibt ihn an? Wie entscheidet er? Was hat ihn zum reichsten Menschen des Planeten gemacht? Der renommierte Biograph Walter Isaacson durfte Musk über eine lange Zeit begleiten, hat Einblicke in das berufliche und private Leben des in Südafrika geborenen und aufgewachsenen und dann nach Nordamerika ausgewanderten Unternehmers gewonnen. Er zeichnet das Bild eines Menschen, der eine teilweise furchtbare Kindheit erlitt, seine Liebe zur Technik entdeckt, sprunghaft wirkt, Schwierigkeiten hat, sein Sozialleben zu ordnen und sich in andere hineinzuversetzen. Vor allem aber stellt er Elon Musk als einen unermüdlichen Macher vor, der wohl vor allem eine Situation fürchtet: wenn einfach nichts passiert. ala.

Walter Isaacson: Elon Musk. Die Biografie. C. Bertelsmann Verlag, München 2023,

832 Seiten, 38 Euro.

Duell um die Mikrochips

Der amerikanische Wirtschaftshistoriker Chris Miller hat ein spannendes Buch über den Kampf um die Technologieführerschaft vorgelegt. Moderne Mikrochips stecken in Smartphones, Autos und in Präzisionswaffen. Die Geschichte beginnt damit, wie Forscher Ende der 1950er Jahre die ersten Mikrochips im Silicon Valley entwickelten und damit Industriegeschichte schrieben. Die Chips waren schon im Kalten Krieg Thema, mittlerweile sind sie zum Kristallisationspunkt des Konflikts zwischen Amerika und China geworden. Nur wenige Firmen - wie Intel in Amerika, Samsung in Südkorea und TSMC in Taiwan - können sie bauen, es braucht dafür komplexe und feingliederige Lieferketten. China wird vom Zugriff auf Chips der neuesten Generation ferngehalten, versucht umso ambitionierter aufzuholen und macht Druck auf Taiwan; Miller analysiert anschaulich die Hintergründe. Jetzt ist sein preisgekröntes Buch auf Deutsch erschienen. F.A.Z.

Chris Miller: Der Chip-Krieg. Wie die USA und China um die technologische Vorherrschaft auf der Welt kämpfen. Rowohlt, Hamburg 2023, 500 Seiten

© Alle Rechte vorbehalten. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt.

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Es ist ein Sachbuch. Emotionale Bindung zur Familie darf man nicht erwarten.
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Aufbruch, Durchhalten, Umbruch

Ewald Frie, seines Zeichens Geschichtsprofessor, wuchs in den 1960er Jahren als neuntes von insgesamt elf Geschwistern auf einem Hof im Münsterland auf. Grundlage für dieses Sachbuch sind standardisierte Befragungen Fries seiner Brüder und Schwestern sowie zeitgenössische Dokumente aus Privatbesitz und Archiven. Es mag sein, dass meine Schwierigkeiten mit der Methodik - als studierte Naturwissenschaftlerin - persönlicher Natur sind, aber für einen wissenschaftlichen Ansatz finden sich im vorliegenden Text meiner Meinung nach zu viele Vermutungen und Interpretationen, die nicht faktenbasiert sind. Außerdem fand ich es schade, dass es zwar ein umfangreiches Quellenverzeichnis gibt, über Art und Umfang des Fragenkatalogs an die Geschwister aber kein Wort verloren wird. Auch die Art der Darstellung lässt an vielen Stellen zu wünschen übrig. Statt hilfreicher Bildunterschriften erläutert Frie auf umständliche Art, wer auf den Familienfotos zu sehen ist - ich habe oft hin- und hergeblättert und war mir doch nicht sicher, welche Geschwister wo zu sehen sind. Der Autor ergeht sich in detaillierten Aufzählungen über die einzelnen Bauerschaften samt deren Entfernung untereinander; eine geografische Übersichtskarte mit den erwähnten Höfen und Dörfern wäre deutlich hilfreicher gewesen. Seltsam mutet für mich die lakonische Behandlung der NS-Diktatur an: Über die politische Einstellung der Eltern erfährt man wenig, an einer Stelle heißt es "Von Mutters Erinnerung an den Krieg redet niemand. Ich habe meine Geschwister auch nicht danach gefragt." Wieso lässt ein Historiker diese so prägenden Erlebnisse links liegen statt hier nachzuforschen? Über weite Teile ist der Stil sehr trocken, erst im letzten Drittel wird die - an sich sehr spannende - Familiengeschichte etwas lebhafter dargestellt. Fries analysiert den gesellschaftlichen Wandel der Nachkriegszeit und dessen Auswirkungen speziell auf den landwirtschaftlich geprägten Landstrich seiner Heimatregion anhand der Lebensläufe seiner Eltern und Geschwister. Diese soziologische Analyse ist interessant, jedoch hat mich das Buch an sich nicht überzeugt. Es ist ein unausgegorener Genremix, für ein Memoir zu nüchtern, als Sachbuch zu spekulativ. Dennoch (bedingt) empfehlenswert für alle, die sich für die Entwicklung der deutschen Landwirtschaft, speziell die Rinderzucht in Ostwestfalen, interessieren.