Patrick Rothfuss schafft es, aus einer an sich ereignisarmen Handlung einen spannenden Roman zu erschaffen und das ist eine Kunst! Ich liebe die Art, wie er Sätze formuliert -ZB wie er die Hauptfigur eine geliebte Person beschreiben lässt: Keine abgedroschenen Floskeln, sondern wundersame Umschreibungen - Es macht deutlich, wie die Person selbst mit den Worten ringt. Dieses Meisterwerk ist eine Sammlung an rhetorischen Schätzen!¿¿Eine Kostprobe der malerischen Sprache gibt es als Zitat im Anschluss dieser Rezension.Der Einstieg ist mir leichtgefallen und zeigt Einblicke in das Leben von Kvothe, der sich nun Kote nennt und als einfacher Gastwirt sässig geworden ist, aber insgeheim noch immer als Held agiert. Ein Chronist stößt zu ihm und schreibt seine ganze Lebensgeschichte auf, woraufhin die Erzählweise in die Ich-Perspektive wechselt - der Anfang hat mich mitgerissen, vor allem der poetischen Schreibweise geschuldet - dann, als Kvothe von seinem Vagabundenleben bei den fahrenden Zirkusleuten erzählt, kommt ein Durchhänger und ich muss gestehen, dass ich Absätze, teils Seiten übersprungen habe. Die ausführlichen Beschreibungen sollen einen Bezug zu den fahrenden Spielleuten schaffen, aber das Ganze zieht sich etwas, dann geschieht etwas Schreckliches, das schon im Klappentext erwähnt wird: Die Chandrian schlachten Kvothes Familie und seine gesamte Nachbarschaft ab, nur weil sein Vater ein Lied über diese geheimnisvollen, mystischen Gestalten geschrieben hat. Kvothe muss sich als Straßenjunge in der Hafenstadt Tarbean durchschlagen, bis er dank seines schauspielerischen Talents einen Weg raus aus dem Elend findet.Aprospros Talent: Kvothe ist ein Wunderknabe und Naturtalent in fast allem: Wenn er Musik macht oder singt, sind alle zu Tränen gerührt, er ist herausragend intelligent, lernt unfassbar schnell und übertrumpft sogar seine eigenen Lehrer, als er noch nicht einmal auf der Akademie aufgenommen ist. Er erfasst gefährliche Situationen im Bruchteil einer Sekunde, etabliert sich als sagenumwogener Held - Andererseits aber erkennt er nicht, dass ein durchtriebener Charakter ihn in eine Falle lockt - das wird zwar erklärt damit, dass er gerade unter Drogen steht, aber so ganz glaubwürdig ist es nicht.Nichtsdestotrotz zieht der Hauptprotagonist auch den Leser in den Bann, durch seine Worte, seine Taten und sogar durch seine Musik. Rothfuß hat eine Art Musik zu beschreiben, die einen nur beim bloßen Lesen die Magie darin spüren lässt. Man ist selbst gerührt, obwohl man die Töne nicht hört, aber so gut beschrieben bekommt, dass die Musik zwischen den Zeilen schwingt und nur beim bloßen Lesen ihre Mystik entfaltet.¿¿Darin liegt die größte Stärke dieses Romans: Die Art und Weise, wie sie erzählt wird. Ich weiß nicht wie, aber Rothfuß kann die Leser mit seinen Worten verzaubern. ¿Was mich wundert ist die Tatsache, dass Kvothe ein Wunderkind ist und alles kann, aber manchmal ziemlich unspektakulär scheitert. Er lernt Sprachen in wenigen Stunden, merkt sich alles, was er nur ein einziges Mal gehört hat und ist nicht nur kognitiv hochbegabt, sondern obendrein auch noch außerordentlich geschickt, ein Held und eine Kämpferfigur durch und durch. Aber unlogisch ist: warum hat er sich in den Straßen von Tarbean dann nicht mit Sympathiemagie verteidigt, wenn er bei der Bewerbung an der Universität dann plötzlich solche Wunder bewirkt!Warum sagen alle, Kvothe wäre ungeschickt im Umgang mit Frauen? Haben sie das alle voneinander abgeschrieben?¿¿¿¿ Für mich ist er ein vorsichtiger, anständiger und umsichtiger Bursche, der sich weit männlicher verhält als die Draufgänger seines Alters. Dass man im Umgang mit dem andren Geschlecht schüchtern und nervös ist, ist in so jungem Alter auch nichts Ungewöhnliches.Gegen Schluss schwächelt die Erzählweise einige Seiten lang - der Schmiedelehrling macht das, dann macht er das. Der Wirt macht das, dann macht der Wirt das. Diese Passagen fallen vollkommen aus dem sonst so malerischem Konzept und lesen sich, als hätte zwischendurch jemand anders weitergeschrieben, als wären diese Kapitel im Nachhinein eingefügt worden.Im Endeffekt passiert wirklich nicht viel, es gibt kein Highlight, kein Showdown und keine große Spannung und dennoch habe ich das fast 900 Seiten dicke Buch gerne gelesen und die poetische Sprache genossen. Wer "Der Name des Windes" lesen möchte, muss wissen, worauf er sich einlässt: Es handelt sich um eine fantastische Biografie von einem Mann, der einst als Held gefeiert wurde, doch nun sich allmählich selbst verliert. Die Sprache ist tiefsinnig und poetisch. Man darf keine actiongeladenen Szenen, zahlreichen Völker oder große Schlachten erwarten. Die Geschichte ist in sich ruhend und baut sich rund um den Protagonisten und seine Lebensgeschichte auf, wobei nur der Beginn seiner Reise erzählt wird, die Fortsetzung kommt im nächsten Band.Der Erfolg der Serie beruht auf dem herausragenden Talent des Autors mit Worten zu malen.Zitat/Auszug aus dem Prolog:"Das Wirtshaus zum WEGSTEIN lag in Stille, und es war eine dreifache Stille.Der vernehmlichste Teil dieser Stille war dumpf und lastend und verdankte sich dem, was fehlte. Hätte ein Wind geweht, so hätte er in den Bäumen geseufzt, [...]Die dritte Stille war weniger vernehmlich. [...] Sie lag in der steinernen Masse des schwarzen Kamins [...] Und sie lag in den Händen des Mannes, der dort stand und eine Mahagonifläche polierte, die bereits im Lampenschein glänzte. [...]Das Wirtshaus gehörte ihm, wie ihm auch die dritte Stille gehörte. [...] Sie war so tief und so weit wie der Spätherbst. Sie wog so schwer wie ein großer, vom Fluss glatt geschliffener Stein. Es war der geduldige, blumensichelnde Laut eines Mannes, der darauf wartet zu sterben."