Zürich. Die neun Monate alte Jacqueline Schöllhorn wurde entführt, doch der Entführer meldet sich nicht, eine Lösegeldforderung bleibt aus. Wenige Tage später findet ein Obdachloser das kleine Mädchen tot auf einer Baustelle. Sie ist verdurstet. Kurz darauf wird im Hinterhof eines Restaurants zwischen Müllsäcken die Leiche eines zweiten Kleinkindes gefunden " Identität unbekannt. Hat derselbe Täter ein zweites Mal zugeschlagen? Eine fieberhafte Spurensuche beginnt - der Druck auf die Ermittler wächst, als ein weiteres Kind entführt wird" "Januskinder" ist bereits der 3. Fall für Maxim Charkow - für mich war dieser Einsatz in Zürich der erste, den ich mit dem russischstämmigen Chefermittler erleben durfte. Auch ohne Kenntnis der ersten beiden Bände war ich schnell mit den Akteuren und ihren Eigenarten vertraut und hatte zu keiner Zeit das Gefühl, dass mir wichtige Informationen fehlen würden. Maxim Charkow ist ein emotionaler Ermittler. Sehr aufbrausend, wenn es um die grausamen Taten geht, hat er auch eine melancholische Seite. Bei seinen Ermittlungen geht er äußerst sorgfältig und objektiv vor. Besonders beeindruckt hat mich der Mittvierziger mit seinem guten Gespür für seine Mitmenschen und seiner Fähigkeit, sich schnell auf eine gegebene Situation einzustellen. Zunächst scheinbar gänzlich voneinander unabhängige Handlungsstränge wachsen nach und nach zusammen. Während Charkow und sein Team versuchen, den Tätern auf die Spur zu kommen und in verschiedenen Richtungen ermitteln, stellt Psychologin Gabriela Goldsachs - neben ihrer Arbeit für die Polizei - Nachforschungen zu einer Patientin an, zu der sie einfach keinen Zugang findet. Man spürt beim Lesen, dass sowohl die polizeilichen Ermittlungen wie auch Gabrielas Recherchen zusammenhängen müssen, aber man bekommt den verknüpfenden Faden einfach nicht zu packen " ein sehr verzwickter, äußerst spannender Fall!! Man kann durchweg sehr gut Miträtseln und Mitgrübeln und wird dann am Ende von den grausamen Hintergründen fast erschlagen. Neben Prostitution, Menschenhandel und Kindesmissbrauch greift Marcus Richmann ein düsteres Kapitel der schweizerischen Sozialgeschichte auf " fürsorgerische Zwangsmaßnahmen. Ein Thema, das mir bisher nicht bekannt war und mich einfach sprachlos macht. Menschenrechtsverletzungen auf Behördenentscheid - und das bis in die späten Jahre des 20. Jahrhundert. Personen, deren Lebensweise nicht den gängigen Vorstellungen von Moral und Ordnung entsprach, wurden zu unfassbaren Maßnahmen verurteilt, von Zwangsabtreibungen über Fremdunterbringungen bis hin zur Einweisung in Heime, Heil- oder Strafanstalten und das für die Betroffenen ohne ein gerechtes Verfahren oder die Möglichkeit, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Die möglichen dramatischen Auswirkungen und Folgen solcher Maßnahmen hat Marcus Richmann mit einer fesselnden Krimihandlung verwoben. "Januskinder" ist ein mitreißend erzählter Krimi, der mir ein paar sehr spannende Lesestunden beschert hat.