Kurzweilige Krimilektüre, die sich aber noch mehr auf die besondere Hauptfigur konzentriert mit leichten Schwächen im Krimiplot.
Der zweite Band der historischen Krimi-Reihe um Leo Stanhope führt wieder ins viktorianische London und spielt vor dem Hintergrund der Industrialisierung Englands. Im Hinterhof eines Anarchistenclubs, in dem sich Sozialisten und Revolutionäre treffen, wird die Leiche einer ermordeten Frau gefunden. Unser Protagonist rückt mal wieder ins Visier der Mordermittlung, da die nur notdürftig verscharrte Dora Hannigan einen Zettel mit seinem Namen und Adresse bei sich trägt. Am Tatort trifft Leo auf einen ehemaligen Bekannten, den jungen Adeligen John Thackery. Dieser lebt wie Stanhope unter falschem Namen und spielt eine führende Rolle in der sich grade formierenden Arbeiterbewegung, auch um gegen seinen tyrannischen Vater, einen reichen Fabrikanten zu rebellieren. Da er Leos Geheimnis kennt, erpresst er ihn, um ein Alibi für die Tatzeit zu bekommen. Widerwillig spielt dieser mit, eine Entlarvung seiner Transidentität hätte lebensbedrohliche Konsequenzen für ihn. Leo beschließt sein unauffälliges Leben aufzugeben und Detektiv zu spielen, zumal die beiden kleinen Kinder des Opfers seinen Beschützerinstinkt wecken. Bei der Mördersuche steht ihm wieder die zupackende Pastetenbäckerin Rosie Flowers zur Seite.Erneut wird aus der Ich-Perspektive von Stanhope erzählt und wir sind seiner Gefühlswelt sehr nah. Die Schilderungen über das Alltagsleben im 19. Jahrhundert und die Schwierigkeiten, die sich für ihn ergeben, falls sein biologisches Geschlecht entdeckt würde, werden nachvollziehbar beschrieben. Das geht leider zu Ungunsten des Kriminalfalles. Dieser ist abermals schön verworren und weiß mit falschen Fährten und Twists zu unterhalten, hatte in der Mitte schon mit einigen Längen zu kämpfen. Die Einblicke in die viktorianische Zeit hätten noch ausführlicher ausfallen können. Eine angenehme Krimilektüre, kurzweilig und gern gehört, kann jedoch für mich nicht ganz mit dem ersten Teil mithalten.Die Sprecherin und Schauspielerin Viola Müller ist eine gute Wahl, wenn es darum geht, die inneren Dialoge unseres Protagonisten Leos darzustellen. Mit angenehmer Stimme nimmt sie die Hörer*innen mit auf diese Zeitreise nach London und versteht es die unterschiedlichen Charaktere mit Lebendigkeit auszufüllen.