»Ich bin 163 Jahre alt. Zumindest ist das die Anzahl der Morde, an die ich mich erinnere. Für jedes Jahr ein Menschenleben.«
So beginnt der Prolog des geheimnisvollen Romans "Spreeblut" von Karsten Krepinsky. Der Autor führt den Leser in eine mystische Welt, in der nichts so ist, wie es scheinen mag.
Seit Jahren verschwinden stets im Frühling in Berlin Frauen. Ein Serienmörder, der keine Spuren hinterlässt. Als Ana auf eine Vermisstenanzeige stößt und von einem geheimnisvollen jungen Mann angesprochen wird, ahnen beide noch nicht, dass sich ihre Wege auf dramatische Weise noch öfters kreuzen werden. Jan bringt Ana immer mehr dazu, dass auch sie sich für die verschwundenen Frauen interessiert. Sein Fanatismus verwirrt sie auch und als sie den Grund dafür erfährt, wird ihr einiges klar. Dass beide dem Wesen immer näher kommen und es letztendlich um Leben und Tod geht, muss vor allem Ana schmerzhaft erfahren.
Dem Autor ist mit seinem Roman etwas gelungen, was nicht sehr oft vor kommt. Spannung zu halten vom Anfang bis zum Ende. Seine Leser in der Geschichte gefangen zu nehmen und sie nicht mehr los lassen. Dank der kurzen Kapitel springt man förmlich von einer Spannung in die nächste. Wenn man denkt, man hat ein Schockerlebnis verdaut, kommt schon wieder das nächste. Geheimnisvolle und gruselige Szenen erinnern mich an Geschichten von Roald Dahl, dem es ebenfalls gelungen ist mit der Fantasie seiner Leser zu spielen. Einfach etwas beschreiben und andeuten und man stellt sich grauenhafte Szenen vor die sich vor dem inneren Auge abspielen.
Auch wenn das Wesen eine mordende Kreatur war, habe ich trotzdem immer wieder Mitleid empfunden, weil der Autor es so dargestellt hat, dass es ein Suchender ist, dem stets etwas verwehrt geblieben ist, nämlich zu spüren was Gefühle und besonders Liebe bedeutet.
Der Schreibstil ist flüssig und ermöglicht ein zügiges lesen. Seine Protagonisten decken eine große Bandbreite von Gefühlen, Eigenschaften und Emotionen ab. Ana, die zu Beginn noch desillusioniert, oberflächlich und einsam war, entwickelt sich im Laufe der Zeit zu einer Kämpferin. Jan, der anfangs noch ein falsches Spiel mit Ana spielt, wird immer mehr zu einem Beschützer.
"Spreeblut", ein Roman, der nichts für schwache Nerven ist.