Der beste Teil der Reihe bisher
Ich habe alle Teile der Reihe mit zunehmender Begeisterung gelesen. Die Figuren sind stark, wahnsinnig plastisch, gut ausgearbeitet (auch die Nebenfiguren) und Robin als Strikes Partnerin auf Augenhöhe ist eine wirklich tolle Protagonistin. Rowling/Galbraith schafft es die Figuren sehr authentisch zu halten und obwohl man sie nun wirklich gut kennt, halten sie immer wieder Überraschungen für den Leser bereit. In diesem Band dürfen wir u.a. die Sekretärin Pat etwas besser, privat und mit großem Herz, kennenlernen. Ich fand auch die Sektenführer, "Papa J" und seine Frau "Mama Mazu", besonders gelungen, regelrecht gruselig, die nach außen hin wie eine Art John Lennon und Yoko Ono auftreten und den Mythos um ihre ertrunkene Tochter zur Religion erheben, deren Abgründigkeit Schicht für Schicht freigelegt keinen Tiefpunkt zu kennen scheint und die mehr als ebenbürtige Gegner für das Duo Strike/Elacott sind.Aber ich darf nicht zu viel verraten. Rowling/Galbraith gelingt ein sehr detailliertes Bild über das Innenleben einer Sekte. Das Buch ist mit seinen über 1200 Seiten wiedermal ein echtes Schwergewicht, aber durchgehend fesselnd, beklemmend und die Story wirkt irgendwie konsistenter und dichter als die bisherigen. Zum Inhalt: Der Auftraggeber möchte erreichen, dass sein hochintelligenter, aber autistischer und dank Treuhandfonds vermögender Sohn Will aus den Händen der vordergründig wohltätigen Universal Humanitarian Church befreit wird, nachdem jeder Versuch der Kontaktaufnahme zuvor gescheitert ist. Die taffe Robin schleust sich als Mitglied in die Sekte, die über die Grenzen Großbritanniens agiert, ein und zieht über Monate auf deren "Farm" im ländlichen Norfolk ein, anfangs noch optimistisch, dass das ein weiterer Undercover-Auftrag ist, den sie im Griff haben wird. In der Zwischenzeit ermittelt Strike parallel außerhalb der Farm und erkennt Verbindungen in die eigene Vergangenheit.Gezeigt wird auch, dass der Kampf mit der Sekte nicht endet, sobald die Anhänger sie verlassen haben und dass es im Kern um wirtschaftliche Interessen geht, dass die besondere Gefahr in der vordergründigen Harmlosigkeit steckt und wie mit popkulturellem Anstrich bzw. auch prominenten Gesichtern von den eigentlichen Motiven abgelenkt und geworben wird.Die einleitenden Zitate sind durchgehend aus dem "I.Ging". Sie unterstreichen die absurde Situation der Anhänger der UHC meiner Meinung nach sehr gut, da der Buddhismus in besonderem Maße mit Ausgeglichenheit und Frieden assoziiert wird. Im Kontext bzw. Kontrast wirken die Zitate oft sehr verwirrend. Die UHC bedient sich verschiedener Weltreligionen, wie es ihr passt, um ihre Ziele zu erreichen (z.B. die Taufe neuer Mitglieder) und ihr Weltbild zu kreieren, hat aber auch einen deutlichen asiatischen Akzent. Die Sektenführerin versteht sich als Chinesin. Durch die Beschreibung der Person, des Charakters und ihrer Handlungen wird aber schnell klar, dass sie sich die Kultur für ihre Zwecke aneignet. Das "I.Ging" nutzt sie beispielsweise auch, um Schuldige zu finden und Bestrafungen zu begründen.Wenn nicht digital, empfehle ich ein Lesekissen zum Abstellen des Buchs ;)