Was für ein Buch. Mit diesem Ende habe ich echt nicht gerechnet...
Über das Buch:-Geliehen-Titel: "Mimik"Autor: Sebastian FitzekVerlag: KnaurGenre: PsychothrillerSeiten: 384Format: TaschenbuchSterne: ¿¿¿¿¿.Klappentext:"Fürchte dich nicht! Außer vor dir selbst....Ein winziges Zucken im Mundwinkel, die kleinste Veränderung in der Pupille reichen ihr, um das wahre Ich eines Menschen zu "lesen". Hannah Herbst ist Deutschlands erfahrenste Mimikresonanz-Expertin, spezialisiert auf die geheimen Signale des menschlichen Körpers. Als Beraterin der Polizei hat sie schon etliche Gewaltverbrecher überführt..Doch ausgerechnet als sie nach einer Operation mit den Folgen eines Gedächtnisverlustes zu kämpfen hat, wird sie mit dem schrecklichsten Fall ihrer Karriere konfrontiert: Eine bislang völlig unbescholtene Frau hat gestanden, ihre Familie bestialisch ermordet zu haben. Nur ihr kleiner Sohn Paul hat überlebt. Nach ihrem Geständnis gelingt der Mutter die Flucht aus dem Gefängnis. Ist sie auf der Suche nach ihrem Sohn, um ihre "Todesmission" zu vollenden? Hannah Herbst hat nur das kurze Geständnis-Video, um die Mutter zu überführen und Paul zu retten. Das Problem: Die Mörderin auf dem Video ist Hannah selbst!.Ihr einziger Ausweg führt tief in ihr Innerstes...".Meine Meinung:Der Autor gilt seit Jahren als einer der erfolgreichsten deutschsprachigen Thrillerautoren. Mit "Mimik" legt er erneut ein Werk vor, das tief in die psychologischen Abgründe seiner Figuren eintaucht und zugleich mich mit einem raffiniert konstruierten Rätsel fesselt. Im Mittelpunkt steht eine Expertin für Gesichtsausdrücke, deren Fähigkeit, Emotionen anhand kleinster Regungen zu erkennen, sie in einen Strudel aus Zweifel, Angst und Täuschung reißt. Der Autor verwebt dabei Spannung, psychologische Tiefe und überraschende Wendungen zu einem komplexen Spiel um Wahrheit und Wahrnehmung - typisch für seinen unverwechselbaren Stil..Handlung & Idee"Mimik" folgt der Protagonistin Hannah Herbst, einer international anerkannten Expertin für Mimikresonanz - also für das Lesen winziger, oft unbewusster Gesichtsausdrücke und Körpersignale. Nach einer Operation wacht sie mit Gedächtnisverlust auf und findet sich plötzlich in einem Alptraum wieder: Ein Video zeigt sie - laut Geständnis - als Mörderin ihrer eigenen Familie. Was anfangs wie ein klarer Fall scheint, entpuppt sich bald als ein dichtes Netz aus Täuschung, Suche nach der Wahrheit und der Frage, ob man sich selbst noch trauen kann, wenn sogar das eigene Gesicht eine Lüge zu erzählen scheint. Die Idee finde ich stark: das Thema Körpersprache/Mimik als kriminalanalytisches Werkzeug ist spannend und relativ selten in Thrillern so im Fokus. Der Autor lässt damit eine wissenschaftlich-populäre Komponente einfließen, die nicht nur zur Handlung beiträgt, sondern auch Wissen vermittelt. Der unzuverlässige Blick auf sich selbst - "habe ich das getan oder war ich Opfer?" - erzeugt eine gute psychologische Tiefe..Stil & ErzählweiseDer Autor schreibt gewohnt unterhaltsam, mit hohem Tempo und ständigen Wendungen. Der Einstieg ist direkt ins Geschehen, ohne lange Aufbauphase, was mir sehr gefallen hat: Man wird schnell in die Situation katapultiert und spürt von Anfang an die Beklemmung. Auch die Gestaltung des Buches - verschiedene Schriftarten, Split-Pages, wechselnde Perspektiven - greift die Spannung visuell auf. Diese Gestaltung trägt zur Atmosphäre bei, kann aber auch ablenken oder irritieren. Die Charaktere und ihre Entwicklung haben mir gemischte Eindrücke hinterlassen. Hannah als Figur hat ein starkes Konzept: Expertin, aber plötzlich machtlos und fragwürdig. Allerdings kommen manche Nebenfiguren meiner Ansicht nach etwas blass daher, und die Tiefe mancher Beziehungen bleibt begrenzt. Leider wurden Nebenstränge eingeführt, die absolut nichts zur Handlung beigetragen haben, während die Hauptthematik etwas auf der Strecke geblieben ist..Spannung, Wendung & AufbauSpannungstechnisch funktioniert "Mimik" hervorragend. Es gelingt dem Autor, mich in Unsicherheit zu versetzen, falsche Fährten aufzulegen und am Ende noch einmal umzudrehen. Es war ein echter Pageturner. Die Wendungen, bei der Hannah selbst zur Verdächtigen wird, ist clever und führt die Thematik der Wahrnehmung und Selbstwahrnehmung gut weiter. Allerdings zeigt sich genau hier auch eine kleine Schwäche. Ich spürte relativ früh, wo die Auflösung hingeht, und fand, der Plot hätte an Tiefe und Logik gewinnen können. Ein Kritikpunkt ist, dass das Ende es wirklich in sich hatte, aber mehr Tiefe hätte diese krasse Wendung noch schockierender gemacht..Themen & PsychologieDas Thema "Mimikresonanz" ist das Herzstück des Romans - gewissenmaßen die Metapher fürs Nicht-Vertrauen, fürs Verstellen, fürs Unbewusste. Der Autor nutzt es nicht nur als technischen Gimmick, sondern verknüpft es mit der Frage "Wer bin ich, wenn ich mich selbst nicht mehr lesen kann?". Das gibt dem Thriller eine interessante Dimension über das reine "wer war der Täter?" hinaus. Auch der Gedächtnisverlust, das Verlorensein in eigener Identität, das elementare Misstrauen gegenüber dem Körper- und Gesichtsausdruck - das funktioniert gut und erzeugt psychologisch greifbare Spannung..Fazit:"Mimik" ist für mich ein rundum gelungener Thriller innerhalb seines Formats: Unterhaltsam, spannend, mit einer Idee, die über das Gewöhnliche hinausweis und mit psychologischen Elementen arbeitet. Wer Lust auf ein temporeiches Buch hat, das einen nicht so schnell loslässt, wird hier durchaus fündig. Hiermit vergebe ich 5 von 5 Sternen. Es zieht einen mit, bietet Spannung und eine interessante Idee - und mit kleinen Schwächen bleibt es dennoch ein sehr gelungenes Genre-Erlebnis.