1998. In ihrem letzten Collegejahr gerät Isabel Rosen in den Strudel des Erwachsenwerdens. Sie stammt aus ärmlichen Verhältnissen, ist abhängig von ihrem Vater und träumt davon Schriftstellerin zu werden. Gesehen zu werden. Als Professor Connelly für eine Kollegin einspringt, fühlt sie sich zu dem deutlich älteren Mann unwiderruflich hingezogen. Isabel liebt das Geheime, das Verbotene. Doch schicksalhafte Ereignisse um sie herum zeigen, dass auch sie lernen muss, Verantwortung zu übernehmen und sich aus Abhängigkeiten zu lösen. Isabels Geschichte ist eine Reise in die Vergangenheit und eine Geschichte des Patriarchats. Die junge Frau ist umgeben von männlichen Figuren und teilweise toxischen Beziehungen. Aber auch die weiblichen Charaktere haben ihre Tücken. Immer wieder trotzt Isabel der Abhängigkeit und sehnt sich doch nach Vertrauen, Liebe und Zugehörigkeit. Die Vorstellung von erwachsener Klarheit, ja Weisheit, gerät ins Wanken, denn sie erkennt, dass diese Fähigkeiten nicht zwangsläufig mit dem Alter zusammenhängen.Was ich an "Mein letztes Jahr der Unschuld" wirklich mochte, ist Daisy Alpert Florins Schreibstil. Sie hat das Talent, eindringlich, flüssig und stimmungsvoll zu schreiben und doch blieb mir Isabel trotz Ich-Perspektive stets fremd. Sie ist für mich keine Sympathieträgerin, obwohl ich mich durchaus mit einigen ihrer Wesenszüge identifizieren konnte. Die Atmosphäre des Romans würde ich als größtenteils bedrückend beschreiben, als melancholisch und ohne Perspektive auf wahres Glück. Das liegt aber vor allem an Isabel selbst, ihrer durch Schicksalsschläge getrübten Sicht und dem haltlosen Strudeln. Sich nicht entscheiden, nicht selbst fühlen können. Was will sie wirklich? Bis zuletzt blieb mir die Message des Buches verborgen, sein Sinn unerschlossen. Vielleicht, weil jeder auf seine Weise erwachsen wird und nie wirklich durch die Augen eines anderen schauen kann.