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Ein Sommer in Baden-Baden

Roman

(6 Bewertungen)15
240 Lesepunkte
Buch (gebunden)
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»Eines der schönsten, anregendsten und originellsten literarischen Werke des vergangenen Jahrhunderts.« Susan Sontag. Leonid Zypkin setzt mit diesem virtuosen Roman seinem literarischen Idol Dostojewski ein Denkmal. Susan Sontag stieß zufällig in einer Bücherkiste auf eine alte Ausgabe und rettete das Meisterwerk vor dem Vergessen. Virtuos verschränkt der Erzähler seine eigene Gegenwart, die bedrohliche Sowjetrealität, in der es Bücher wie seines nicht geben darf, mit der fiebrig pulsierenden Vergangenheit, in der der Held mit seiner jungen Frau Anna Grigorjewna nach Baden-Baden reist, ins Eldorado aller Spieler ... Zypkin verwebt Faktisches mit Fiktionalem zu einem eindringlichen, leidenschaftlichen Rausch. Erstmals mit den Originalfotos des Autors »Der Triumph eines Mannes aus dem Untergrund.« New York Review of Books »Ein einzigartiger Klassiker, der gerade noch rechtzeitig aus dem Kerker der Zensur befreit wurde.« James Wood, The Guardian »Eine der schönsten Entdeckungen der jüngeren Literatur.« Christoph Keller, Die Zeit

Produktdetails

Erscheinungsdatum
10. März 2020
Sprache
deutsch
Auflage
1. Auflage
Seitenanzahl
312
Autor/Autorin
Leonid Zypkin
Übersetzung
Alfred Frank
Vorwort
Susan Sontag
Weitere Beteiligte
Susan Sontag
Verlag/Hersteller
Originalsprache
russisch
Produktart
gebunden
Abbildungen
Mit 58 Abbildungen
Gewicht
458 g
Größe (L/B/H)
219/134/32 mm
ISBN
9783351034610

Portrait

Leonid Zypkin

Leonid Zypkin wurde 1926 als Sohn russisch-jüdischer Eltern in Minsk geboren. Nur knapp überlebte er den stalinistischen Terror der dreißiger Jahre und die deutschen Angriffe auf die Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg. Er studierte Medizin und arbeitete als Pathologe in Moskau. Zuletzt war er starken Repressalien ausgesetzt, weil sein einziger Sohn die SU in Richtung Amerika verlassen hatte; seinem eigenen Ausreiseantrag wurde nie stattgegeben. Sein literarisches Werk, das durch die Zensur und die von ihr ausgehende Einschüchterung, bis zu seinem Tod unveröffentlicht blieb, umfasst neben seinem einzigen Roman Ein Sommer in Baden-Baden Erzählungen, Novellen und Lyrik. Er starb 1982, als sein Roman, zwei Jahre nach Fertigstellung und außer Landes geschmuggelt, gerade in Fortsetzungen in einer russischsprachigen Exilzeitung in New York zu erscheinen begann.

Pressestimmen

»Erzählen wie nach einer Nahtoderfahrung: Der Pathologe Leonid Zypkin seziert sein eigenes jüdisch-sowjetisches Familienschicksal.« Kerstin Holm, Frankfurter Allgemeine Zeitung

»Eine große Wiederentdeckung.« Süddeutsche Zeitung

»Es gibt sie also doch, die Schubladen der Literatur, in denen noch unbekannteMeisterwerke vergilben. Beweis dafür ist der Roman Ein Sommer in Baden-Baden von Leonid Zypkin. (...) Es ist ein Familienroman, der körperliche Gebrechen, menschliche Schwächen und vertrackten Zank schonungslos ausleuchtet.« Sabina Meier Zur, Neue Zürcher Zeitung

»Die Lektüre (...) ist ein bewusstseinserweiterndes Abenteuer.« Mathias Schnitzler, Berliner Zeitung

»Leonid Zypkin ergründet die Persönlichkeit des Spielers Dostojewski und daseigene Leben.« Irmtraud Gutschke, Der Freitag

Frankfurter Allgemeine Zeitung - RezensionBesprechung vom 26.05.2020

Erniedrigung schafft Größenwahn
Erzählen wie nach einer Nahtoderfahrung: Der Pathologe Leonid Zypkin seziert sein eigenes jüdisch-sowjetisches Familienschicksal

Dass Leonid Zypkin (1926 bis 1982), ein sowjetischer Mediziner und Pathologe, der nach Feierabend Gedichte und Prosa schrieb, postum als einer der großen Autoren des zwanzigsten Jahrhunderts gewürdigt wurde, grenzt an ein Wunder. Es verdankt sich nicht zuletzt der Schriftstellerin Susan Sontag, die Zypkins Dostojewski-Roman "Ein Sommer in Baden-Baden" Anfang der Neunziger als ausgemustertes Taschenbuch in einer Londoner Bücherwühlkiste entdeckte und seinen literarischen Rang erkannte. Mit Sontags luzidem Einführungsessay, der auch für die Übersetzungen ins Englische, Französische, Italienische zur obligatorischen Beigabe wurde, hat nun der Aufbau Verlag die schon länger vergriffene kongeniale Übertragung von Alfred Frank in einer schönen Neuedition herausgebracht.

Erstmals sind darin auch Zypkins Fotos von Dostojewski-Schauplätzen im Leningrad der siebziger Jahre enthalten, die seine Milieustudien beim Schreibprozess dokumentieren. Und flankierend bringt der Verlag auch noch Zypkins früheren Roman heraus: "Die Brücke über den Fluss", eine Familien- und Kriegsgeschichte, an der der Autor seine einzigartige, Entferntes und Gegensätzliches zu einem Gesamtklang verklammernde Poetik entwickelte.

Zypkin wuchs im weißrussischen Minsk in einer jüdischen Ärztefamilie auf und wurde in seinen literarischen Interessen von einer gebildeten Moskauer Tante gefördert. Nach dem deutschen Überfall 1941 gelang der Kernfamilie gerade noch die Flucht aus Minsk, wo die Besatzer dann Verwandte und Kollegen ermordeten. Die aus der Evakuierung Heimkehrenden fanden die Stadt völlig zerstört vor. Zypkin zog später nach Moskau und machte eine wissenschaftliche Karriere. Doch die antisemitische Aggression, der erst sein Vater, dann er selbst und schließlich auch sein Sohn ausgesetzt waren, hat ihn dauerhaft gezeichnet bis zum frühen Herztod an seinem sechsundfünfzigsten Geburtstag.

Zypkins Erzählkunst erinnert an das Halluzinieren infolge einer Nahtoderfahrung, wobei weitgespannte Zusammenhänge nachgezeichnet und Zeiträume durchflogen werden, dies aber in fotografisch präzisen Bildern. Der Autor, der in "Die Brücke über den Fluss" sein früheres Selbst in der dritten Person schildert, sieht, wie dieser dickliche Junge auf das pompöse Opernhaus zuradelt, wo schon bald der Stab der deutschen Besatzer untergebracht sein wird; das Radfahren hatte ihm kurz zuvor der bewunderte große Cousin beigebracht, der nach Kriegsbeginn zum Flugzeugwartungsdienst gegangen war, bald aber von einem deutschen Panzerkommando getötet wurde, weshalb Briefe der Familie an ihn zurückkamen, woraufhin die Großmutter, die besonders an dem jungen Mann hing, ihr Gedächtnis verlor.

Ein verstörender Reiz des Buches liegt in seiner Engführung von Eros und Thanatos. So absorbieren den halbwüchsigen Helden des ersten Teils verwirrende Gefühle für die Tochter eines Kollegen seines Vaters, die von Ehrfurcht über Mitleid bis zur süßen Versuchung, fremde Schwäche auszunutzen, changieren, während deutsche Flieger über der Stadt kreisen, die durch Brände auch nachts taghell erleuchtet ist. Der zweite Teil beschreibt die tödliche Lungenerkrankung des Vaters und die Therapiebemühungen seiner Ärztekollegen in peinvoll professionellen Einzelheiten. Dabei entbrennt Zypkins dieses Sterben begleitendes Alter Ego, nun als verheirateter Mann, für eine Krankenschwester und nötigt ihr, während sie Uringefäße reinigt, einen Kuss ab.

Als Pathologe hat der Autor stets das Ende seiner Figuren vor Augen. Mit dem Bild des einst begehrten Mädchens zieht auch die Gestalt der ältlichen Museumsführerin herauf, die sie später sein wird. Passanten in der Metro stellt der Erzähler sich sogleich in späteren Lebensphasen und auf dem Totenbett vor. Mit untrüglichem Blick des Seelenarchäologen führt er zudem die Langzeitwirkung von Traumata vor. Die Ohrfeige, die er als Heranwachsender von einem viel kleineren Jungen bekam, weil er Jude war, erzeugt in ihm noch lange sowohl Schuldgefühle als auch Rachephantasien. Ein Echo davon findet sich in seinen sadistischen Anwandlungen gegenüber dem großen, aber feigen Familienhund und den grotesken Vorwürfen an seine Frau, für sie sei er nur "Scheiße".

Hier liegt ein Schlüssel zu Zypkins Hauptwerk, dem Roman über den von Nichtigkeitsgefühlen und Ressentiments, auch gegen Juden, besessenen Dostojewski, dessen literarische Größe aus seinen menschlichen Niederlagen hervorwächst. "Ein Sommer in Baden-Baden" entstand in den Jahren 1977 bis 1980, als Zypkins Sohn in die Vereinigten Staaten ausgereist und er selbst deswegen an seinem Institut degradiert worden war. Es ist eine Annäherung an den von Geldnot, Spielsucht, epileptischen Anfällen und der Erinnerung an seine Sträflingszeit geplagten Romancier, die sich von den Aufzeichnungen von dessen zweiter Frau, der jungen Stenotypistin Anna Snitkina, leiten lässt. Der exzeptionell einfühlsame Text vergegenwärtigt die komplexgeladene Verachtung, die das vor Gläubigern geflohene Paar für Juden, Deutsche, Polen, aber auch weltläufige Russen empfindet, wie der Schriftsteller Schmuck und Kleidung seiner Frau verpfändet und sie wegen Nichtigkeiten anfährt. Und wie ihr die Liebe Kraft gibt, zu ihm zu halten und zu verzeihen. Fast wie ein liebender Partner vergibt auch Zypkin Dostojewski dessen Antisemitismus.

Der Erzählstrom verflicht zwei Reisen: die der Dostojewskis während der Sommermonate 1867 und Zypkins eigene Erkundungstour mehr als hundert Jahre später ins sowjetisch graue Leningrad, wie Sankt Petersburg damals hieß, wo er bei einer mütterlichen Freundin unterkommt, in deren Schicksal - ihr Mann kam ins Lager, wurde untreu, sie verzieh ihm - Dostojewskis Drama widerhallt. Ihr ist das Buch gewidmet. Zypkin, der profunde Kenner von Dostojewskis Werk und Wirkung, vergegenwärtigt dessen Obsessionen, als wären es seine eigenen. Der lange Atem der über Seiten mäandernden, durch Gedankenstriche lose vernähten "Zypkin-Sätze" trägt durch Epochen und Seelenlandschaften. Szenen aus Dostojewskis Katorga scheinen auf, Figuren seiner Romane, erniedrigende Begegnungen mit Iwan Turgenjew und Iwan Gontscharow, die er anpumpt, dann megalomane Phantasien, aber auch die namenlosen Schatten von Dissidenten des zwanzigsten Jahrhunderts, etwa von Alexander Solschenizyn, der Dostojewskis slawophile Mission fortsetzte, oder von dessen westlich orientiertem Gegenpart, dem Menschenrechtler Andrej Sacharow. Dazwischen aber finden sich immer wieder beglückende Inseln gemeinsamen "Schwimmens", wie Zypkin die ungeschützte Bodenlosigkeit der Liebe umschreibt, mittels deren die jungvermählten Eheleute Dostojewski ihre Wunden heilen.

KERSTIN HOLM

Leonid Zypkin: "Die Brücke über den Fluss". Roman.

Aus dem Russischen von Ganna-Maria Braungardt. Aufbau Verlag Berlin, 2020. 208 S., geb., 22,- [Euro].

Leonid Zypkin: "Ein Sommer in Baden-Baden". Roman.

Aus dem Russischen von Alfred Frank. Aufbau Verlag, Berlin 2020. 312 S., geb.

© Alle Rechte vorbehalten. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt.

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LovelyBooks-BewertungVon Pongokater am 28.07.2020
Anders als der Titel sagt, handelt der Roman nicht nur von Dostojewskis Zeit in Baden-Baden. Er handelt überhaupt nicht nur von Dostojewski, sondern auch vom Erzähler/Autor und seinem Leben im Repressionssystem der Sowjetunion sowie seinen Forschungen zu Dostojewski. Über Dostojewski erfährt man vor allem seine wahnhaften Züge, nicht nur beim Glücksspiel, sondern auch in der Beziehung zu seiner Frau und generell zu den Menschen. Überhaupt wird im Laufe des Romans immer deutlicher, dass der Autor sich selber über seine eigene Dostojewski-Faszination wundert, zumal er Jude  und Dostojewskis nachgewiesener Antisemit ist. Geschildet wird all das in endlos langen Sätzen, die oft bruchlos von Dostojewskis Baden-Badener Zeit zu anderen Lebensphasen und schließlich zum Leben des Erzählers wechseln. Keine leichte, aber eine lohnende Lektüre.
LovelyBooks-BewertungVon Buecherwurm1973 am 17.07.2020
Der ICH-Erzähler, ich nehme es ist der der Autor, wandelt auf den Spuren von Dostojewski und fährt mit dem Zug nach Leningrad. Seine Lektüre ist das Tagebuch von Anna Grigorjewna, die zweite Ehefrau von Fjodor Dostojewski. Er fantasiert, wie wohl die Reise vom Ehepaar Dostojewski nach Baden-Baden abgelaufen sein könnte. Der verschuldete Schriftsteller erhofft sich, in Baden-Baden das Geld für die Begleichung seiner Rückstände im Kasino erspielen zu können. Dabei skizziert er eine Ehe zwischen Hingabe (wunderschöne Umschreibung vom Sex), dem Leidensdruck wegen Geldnöten und der Spielsucht von Dostojewski. Allerdings ist das Buch nicht einfach zu lesen.  Leonid Zypkin schreibt in ellenlangen, verschachtelten Sätzen. Absätze schien er nicht zu kennen. Das ermüdete mich relativ schnell. Das heisst, ich habe niemals so lange gelesen wie üblich. Nahtlos wechselt er zwischen seinen Träumen und der Reisebeschreibung. Das erfordert insofern Geduld, in dem man eventuell einige Sätze vorher nochmals lesen muss, um den Übergang zu erwischen. Leonid Zypkin arbeitete als Pathologe. Seinen Doktortitel verlor er allerdings, nach dem sein Sohn in die USA ausgewandert ist. Ihm selber wurde nie ein Ausreisevisum genehmigt. Dieser Roman entstand Ende der 70er Jahre. Für diesen Roman hat intensive Recherche betrieben. Susan Sontag findet den Roman Anfang der Neunziger in einer Ramschkiste eines Londoner Buchladens und das sie den Roman "zu den schönsten, anregendsten und originellsten literarischen Werken des vergangenen Jahrhunderts zählen würde."