Studienarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Germanistik - Komparatistik, Vergleichende Literaturwissenschaft, Note: 1, 3, Freie Universitä t Berlin (Peter Szondi-Institut fü r Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft), Veranstaltung: PS Sintflutgeschichten, Sprache: Deutsch, Abstract: Sowohl Gilgamesch-Epos als auch Bibel sind in der Beschreibung von Sintflut ü berwiegend ä hnlich. Die Struktur beider Sintflutgeschichten lä sst sich in drei Teile zerlegen: Zeit vor der Sintflut, allgemeine Katastrophe und das - mehr oder weniger glü ckliche - Ende. Die Erzä hlpositionen und der moralische Ton beider Berichte sind bedeutend entgegengesetzt, sie stellen zwei Antipoden menschlichen Verstä ndnisses eines tö dlichen Naturereignisses dar.
Im Gilgamesch-Epos gibt es keinen Grund fü r die Katastrophe, keine Berechtigung. Die Rolle der Gö tter beschrä nkt sich auf die bloß e Entscheidung fü r die Vernichtung, wä hrend das Motiv offen bleibt - es kö nnte sogar eine gelangweilte Willkü r gewesen sein. Summerische Gö tter sind keine Axiome, sie verkö rpern keine hohen, grundsä tzlichen Sachverhalte, aus derer Zusammenstoß en mit degeneriertem Menschenverhalten das Ergebnis einer Apokalypse regelhaft entsteht; diese Gö tter entscheiden nach dem Prinzip der Natur, ohne Ü berlegung und unvorhersagbar. Die polytheistische Grundlage des Epos zwingt sie sogar als personifizierte Natur zu fungieren, was durch die Rollenverteilung deutlich wird: Anu ist der Himmelsgott, Enlil ist Lä nderherr, Adad Wettergott, Ea Gott des Sü ß wassers.
Die Moral der Bibel ist andererseits einfach, geradlinig und streng. Sintflut ist die Strafe Gottes fü r die Bosheit der Menschen. Diese Bosheit wird durch mehrere Verhaltensmerkmale verdeutlicht, welche alle als Unterarten menschlicher Eitelkeit gelten kö nnen (Machtgier, Streben nach Unabhä ngigkeit, Gewalt). Wä hrend summerische Gö tter einer Gruppe von Aristokraten ä hneln, deren Verhalten dem menschlichen gleich ist, herrscht der christliche Gott nach einem Prinzip, das dem Machiavellismus ä hnelt die Aufrechterhaltung seiner Allmä chtigkeit erlaubt ihm alle Mittel der Selbstbehauptung.