Zusammenfassung:
Kennst du das Gefühl der Überforderung? Wie du von einem Gedanken zum Nächsten springst? Von einer Aufgabe in die Nächste rutscht ohne die Vorherige beendet zu haben? Das du am Ende des Tages völlig ausgelaugt bist und doch gefühlt nichts geschafft hast?
All das und noch Vieles mehr, findet sich in diesem Buch von Laura Vogel über ADHS, Betroffene und die Alltagsherausforderungen, mit denen sich diese jeden Tag konfrontiert fühlen wieder. Sie schafft eine Orientierungshilfe für ADHS-ler*innen, um die Hürden des Gedankenchaos besser bewältigen zu können und mit den Anforderungen des Alltags souveräner umgehen zu können.
Zusätzlich gibt die Autorin weitreichende Informationen, wie sich ADHS im Erwachsenenalter äußern kann. Hierbei finden unter anderem People Pleasing, soziale Ängste und Depressionen sowie Stimming, Masking und Hyperfokus ihre Bühne. Doch damit nicht genug. Auch Selbstfürsorgemaßnahmen für verschiedene Situationen und ADHS-Typen werden als Alltagsstütze an die Hand gegeben. So kann die Theorie vermeintlich einfach in die Praxis übersetzt werden und das eigene Wohlbefinden im Blick behalten werden.
Meine Meinung:
Selten habe ich ein so gutes Sachbuch gefunden, dass eine Thematik nicht nur inhaltlich in der optimalen Tiefe behandelt, sondern auch grafisch die vermeintliche Zielgruppe unterstützt und ihnen das Lesen und Verstehen erleichtert.
Ich selbst bin niemand mit einer ADHS Diagnose, habe aber schon öfter mal das Gefühl gehabt, dass ich doch Tendenzen oder Anzeichen zeige, die dem zugeschrieben werden können. Also war ich neugierig. Wird mir dieses Buch offenbaren, dass ich eigentlich seit langem (nicht diagnostiziert) ADHS habe? Und ja, dieses Buch hat mir so einiges offenbart.
Nicht zuletzt, dass jedes Gehirn anders ist. Das heißt für jeden von uns kann sich ADHS anders äußern. Einige beruhigen sich unbewusst mit Stimming, andere verlieren sich seit Jahren im Masking um normal zu wirken und verlieren sich dadurch selbst. Zusätzlich kommen dazu noch weitere Neurodivergenzen, die sich mit einschleichen oder ergänzen können. All dass, war mir bisher vielleicht in 20% seines Umfangs bewusst.
Doch so vielfältig ADHS ist, so vielfältig bietet das Buch auch Selfcare-Methoden an. Was genau brauche ich gerade? Welche Auswirkungen hat ADHS bei mir, die ich gerne lösen möchte? So bekam ich tolle Kapitel für verschiedene Bedürfnisse mit Sofortmaßnahmen und kleinen Alltagshilfen. Diese waren unterteilt in die Bereiche (Ich brauche): Ruhe & Entspannung, Sicherheit & Geborgenheit, Fokus & Klarheit, Inspiration & Lebensfreude, Energie & Motivation.
Was mir daran besonders gut gefallen hat war, dass ich mir aus jedem Kapitel genau das rausnehmen konnte, was ich wollte und brauchte. Dabei habe ich auch gemerkt, nicht jeder Tag bei mir ist gleich. Einige Tage laugen mich mehr aus. Dann konnte ich mir Ideen aus dem Kapitel Ich brauche Ruhe & Entspannung holen. Andere Tage langweilen mich und treiben mich in Richtung Doomscrolling um mich zu beschäftigen und einen schnellen Kick zu holen. Dann war ich im Kapitel Ich brauche Inspiration & Lebensfreude genau richtig.
Am Ende habe ich jedoch für jede Situation die passenden Tipps an die Hand bekommen und konnte individuell reagieren und nachschlagen. Und genau das werde ich in Zukunft auch weiterhin gerne tun. Doch ich denke, nicht nur ADHS-ler*innen können in diesem Buch einen tolle Wegbegleiter finden. Denn kennen wir es nicht alle, egal ob normal oder nicht? Gedankenchaos. Situationen die uns auf die ein oder andere Weise herausfordern. Fehlende Motivation und Stress?
Das Highlight war für mich jedoch das Ende vom Buch. An dieser Stelle möchte ich mich auch einmal ganz herzlich bei der Autorin bedanken:
Liebe Laura, vielen lieben Dank, dass du nach all den Dingen die so anders sind an ADHS-ler*innen und für sie Hürden im Alltag darstellen, genau diese in Stärken gewandelt hast! Es war Balsam für die Seele zu lesen, warum dieses Chaos im Kopf so toll ist und was für großartige Stärken damit einhergehen. Ich habe es mir direkt aufgeschrieben um es jederzeit sichtbar an der Wand hängen zu haben. Danke, danke, danke!
Fazit:
Würde ich nun, nach dem Lesen dieses Buchs sagen, dass ich ADHS habe? Ich weiß es nicht. Ich denke, Neurodivergenzen sind noch deutlich vielschichtiger, als dass man es mit einem einfachen Ja oder Nein beantworten kann. Zumal ich jetzt weiß, dass sich diese zusätzlich auch gegenseitig ergänzen können. Am Ende ist es mir persönlich allerdings auch nicht so wichtig, dem Ganzen einen Namen geben zu können. Viel wichtiger ist es, dass ich jetzt einen Blick dafür bekommen habe, was alles hinter meinen Verhaltensweisen steckt, welche Bedürfnisse ich habe und dass ich mein Wohlbefinden nicht aus den Augen verliere. Mit diesem Buch habe ich einen Wegbegleiter bekommen, bei dem ich mir genau die Hilfestellungen, Inspirationen und Sofortmaßnahmen holen kann, die ich in dem Moment brauche.
Ob zum Verständnis oder um sich selbst für den normalen stressigen Alltag Selfcare-Tools abzuholen, definitiv eine große Empfehlung für jeden!