Ungebetene Gäste ist ein Roman über Schuld, Verantwortung und gesellschaftliche Konflikte in Israel, der sich fast wie ein Psychothriller liest. Ayelet Gundar-Goshen, geboren 1982, ist Psychologin und Drehbuchautorin aus Israel und zählt mit mehreren Auszeichnungen zu den bedeutendsten Stimmen der israelischen Gegenwartsliteratur.
Worum gehts genau?
Naomi, eine junge Mutter in Tel Aviv, gerät in eine Krise, als ihr einjähriger Sohn versehentlich einen Hammer vom Balkon stößt, der einen Teenager tödlich trifft. Anstatt die Wahrheit zu sagen, schweigt Naomi, und der arabische Handwerker wird verdächtigt. Das löst eine Reihe von Ereignissen aus, die das Leben aller Beteiligten verändern. Der Roman behandelt Schuld, Angst, Rassismus und innere Konflikte.
Meine Meinung
Als Erstleserin von Gundar-Goshen hat mich der Roman sofort gefesselt. Besonders beeindruckend ist die realistische Darstellung von Mutterschaft: Naomi fühlt sich durch die Anhänglichkeit ihres Sohnes zugleich ausgezehrt und leer (S. 57). Diese ehrliche Sicht schafft emotionale Nähe.
Ein zentrales Thema ist die Diskrepanz zwischen dem Wunsch nach Verständnis und der Unwissenheit über andere: Du möchtest hoffen, dass du etwas weißt... aber an sich weißt du nichts über diese Leute (S. 62). Damit zeigt Gundar-Goshen die tiefen gesellschaftlichen Gräben und den Einfluss kolonialer Machtstrukturen, die sich auch in der Distanz äußern, die Naomi wahrt.
Das Thema Schuld zieht sich durch den Roman. Naomi ist hin- und hergerissen zwischen dem, was richtig ist, und ihrer Angst, die Wahrheit zu sagen. Trotz ihres Geständnisses wird der arabische Arbeiter von der Staatsanwaltschaft verantwortlich gemacht eine spannende Studie über Vorurteile und systematische Ungerechtigkeit.
Gundar-Goshen erweitert den Blick auf globale politische Verstrickungen, etwa die israelisch-nigerianische Beziehung und den Bürgerkrieg in Biafra. Das zeigt, wie persönliche Schicksale mit politischen Machtspielen verbunden sind.
Auch das Thema Trauma und Kindheitserfahrungen wird eingeflochten. Die Psychologin Noga erinnert sich an ihre eigene Kindheit, was die emotionale Tiefe des Romans erhöht (S. 147).
Der Schreibstil ist klar und präzise, ohne an Gefühl zu verlieren. Die Perspektivwechsel geben vielschichtige Einblicke in Gedanken und Gefühle. Die politischen und historischen Details forderten mich, machten die Handlung aber authentisch.
Fazit
Ungebetene Gäste überzeugt mit psychologischer Tiefe und gesellschaftlichem Bewusstsein. Die Verbindung von persönlichem Drama und politischen Themen macht das Buch zu einem wichtigen Beitrag über Schuld, Verantwortung und gesellschaftliche Spaltung. Für mich ein starkes Werk, das ich mit 4,5 von 5 Sternen empfehle.