Das Buch aus dem Allitera Verlag verfolgt mit diesem großformatigen Band ein großes Ziel: die Darstellung der Wechselwirkung zwischen dem Haus Wittelsbach und der Fotografie des 19. Jahrhunderts.
Wir sehen durch den ganzen Band hinweg, wie wichtig ein Fürstenhaus war, wenn es darum ging, eine solche neue Technik bekannt zu machen und ihr Popularität zu verschaffen. Nur so konnte es gelingen, breite Massen für die Fotografie zu gewinnen. Dies zu einer Zeit, als der Siegeszug des Mediums keineswegs gesichert war.
Ebenso haben die Wittelsbacher früh das politische Potential der Fotografie erkannt. Zum ersten Mal konnten die Bilder von Fürsten und Fürstinnen für kleines Geld in Massen unters Volk gebracht werden.
Was für mich aber am schönsten bei diesem Buch ist: das Wiedersehen mit alten Bekannten. Begonnen mit Franz von Kobell, jenem Multitalent, der die erste so genannte Lichtzeichnung im deutschen Reich schoss und der auch hierzulande heute noch als der Dichter des Brandner Kasper bekannt ist.
Von Kobell hat aber auch eine Beziehung zu meiner Geburtsstadt Mannheim: sein Vater war ebenfalls dort zur Welt gekommen und so verfasste Kobell auch literarische Werke in der Mannheimer Mundart. (Pälzische Gschichte. In der Mundart erzählt. München 1863)
Wir finden aber auch ein wunderbares Porträtgemälde der Therese Königin von Bayern, gemalt von Julie Gräfin von Egloffstein in dem Buch.
Diese Julie von Egloffstein taucht als Julemuse in Thomas Manns Roman Lotte in Weimar wieder auf, den ich so sehr mag.
Übrigens war es Königin Therese, die sich von Professor von Kobell in einem Kurs in die Kunst des Fotografierens einführen ließ. Was sogar einen Zeitungsartikel wert war.
Wir treffen bei den Foto-begeisterten Wittelsbachern natürlich auch Sisi, die bereits 1854 abgelichtet wurde.
An einem Armreif mit eingelassenem Foto der Kaiserin aus dem Jahre 1864 sehen wir, dass Fotos sehr bald schon zu persönlichen Liebesgaben wurden. In diesem Fall stammte das Porträt der Kaiserin vom österreichischen Hoffotografen Ludwig Angerer.
Wir begleiten das Haus Wittelsbach nunmehr durch die Jahrzehnte bis hin zu Prinzregent Luitpold und seinem fotografisch festgehaltenem winterlichen Eisbad.
Seien es nun solche Aufnahmen der fürstlichen Freizeitbetätigung, oder auch Familienereignisse wie Hochzeiten und Todesfälle alles wurde fotografisch festgehalten. Selbst das Innere der Schlösser wurde geknipst und so erhielt man der Nachwelt viele Eindrücke der längst verlorenen Lebenswelt des Hochadels.
Wir bewegen uns mithin durch die bewegte Familiengeschichte der Wittelsbacher, die auch bayerische Geschichte und gleichzeitig Fotografie-Geschichte ist.
Dass der Band sehr gute Fotos anbietet, versteht sich beinahe von selbst. Aber auch der Textteil nimmt breiten Raum ein. Es ist von daher kein Buch, das man innerhalb weniger Stunden durchliest. Auch ist es kein langweiliges Buch über die reine Entwicklung der Technik, sondern vielmehr ein Buch über die Menschen, die dieser Technik zum Siegeszug verholfen haben.
Übrigens ist dem Buch eine herausnehmbare Stammtafel der Wittelsbacher beigelegt für alle, die sich mehr Klarheit über die familiären Bezüge verschaffen wollen