Wie die Saat, so die Ernte

Eine Bemerkung zuvor:         Der Roman hat mir sehr gut gefallen! Hatte ich doch schon die Befürchtung, dass der Serie langsam die Luft ausgeht. Das ist hier nicht der Fall. Donna Leons 32. Brunetti-Roman "Wie die Saat, so die Ernte" verwebt einen aktuellen Mordfall mit den Schatten der italienischen Vergangenheit. Der Krimi beginnt klassisch: In einem venezianischen Kanal wird eine Leiche gefunden, die Ermittlungen führen Commissario Brunetti jedoch bald weit zurück in die Zeit seiner eigenen Jugend - in die Ära des linken Terrors der 1970er und frühen 1980er Jahre.Leon greift das Thema des linksextremistischen Terrorismus auf, der Italien in den sogenannten "bleiernen Jahren" erschütterte. Damals verübten Gruppen wie die Brigate Rosse Entführungen und Attentate, die das politische Klima im Land stark veränderten. Brunetti wird bei seinen Nachforschungen mit seiner eigenen Studentenzeit konfrontiert, als politischer Idealismus und jugendliche Revolte oft in Heuchelei und Selbstgerechtigkeit umschlugen. Besonders eindrücklich ist, wie Leon die Scham Brunettis über die damalige Behandlung seiner Mutter schildert - ein Spiegelbild der moralischen Ambivalenz jener Zeit.Der Roman ist und bleibt ein typischer Venedig-Krimi, überzeugt darüber hinaus durch atmosphärische Dichte und die Einbindung gesellschaftlicher Themen. Die Auseinandersetzung mit dem Terror der Siebziger Jahre verleiht dem Buch eine ungewöhnliche Tiefe und macht deutlich, wie sehr die Vergangenheit bis heute nachwirkt. Leons Blick auf die politische Gewalt jener Zeit bleibt dabei kritisch, aber nie reißerisch - sie zeigt, wie persönliche und gesellschaftliche Traumata weiterleben und verarbeitet werden müssen. Besonders gut gefällt mir, dass die Helden der Brunetti-Romane spürbar und in Würde gealtert sind. Die Kinder sind erwachsen und spiegeln den Zeitgeist wider - und sie wohnen noch zuhause ¿ Ebenso wie ihre Leser, die sich auf weitere Kriminalfälle mit venezianischem Touch freuen dürfen. Die zuletzt erschienene "Feuerprobe" habe ich noch nicht gelesen - ich wünsche gute Unterhaltung! 

Halt wie immer in letzter Zeit bei der Autorin kein wirklicher Krimi