"Literaturwerkstatt- kreativ / Blog"stellt vor:"Der letzte Sessellift"von John IrvingDie 18-jährige Rachel Brewster tritt 1941 bei den Skimeisterschaften in Aspen Colorado an. Für sie gibt es zwar keine Medaille, dafür kommt sie schwanger in ihre Heimat New Hampshire zurück. Ihr Sohn Adam, den sie immer mein "Ein und Alles" nennt, wächst fortan in einer sehr unkonventionellen Familie auf. Rachel arbeitet als Skilehrerin und verbringt das halbe Jahr in Vermont, weshalb Adam bei seiner Großmutter Nana aufwächst. Adams Großvater hat aufgehört zu sprechen, als er die Nachricht von der unehelichen Schwangerschaft seiner jüngsten Tochter Rachel erhält, und rutscht unaufhaltsam in eine Demenz. Rachels Schwestern Abigail und Martha bevölkern ebenfalls Adams Welt und kommentieren wie ein griechischer Chor voller Missbilligung alles, was Rachel und Adam tun. Als Adam 14 ist, verkuppelt er die 1,57 m kleine Rachel mit dem noch kleineren Englischlehrer Mr. Barlow, einem Schneeschuhläufer. Und obwohl Großvater Lew während der Hochzeit eine Beißattacke auf die Knöchel der Gäste unternimmt, obwohl er wenig später nur in Windeln vom Blitz erschlagen wird, obwohl Rachel Mr. Barlow in derselben Nacht mit ihrer Lebensgefährtin Molly betrügt, wird aus Rachel, Adam und Elliot Barlow eine Familie, in deren Schutz jedes Mitglied seinen Neigungen nachgehen kann: Adam wird Drehbuchautor, Rachel frönt dem Skifahren und Molly, Mr. Barlow trägt Frauenkleider."Fazit:John Irving (02.03.1942) gehört wohl mit zu den beliebtesten und erfolgreichsten Schiffstellern unserer Zeit. 15 Romane hat er geschrieben, die weltweit übersetzt und fünf davon sogar verfilmt wurden. Für "Gottes Werk und Teufels Beitrag" bekam der Autor verdientermaßen einen Drehbuch-Oscar. Mittlerweile ist Irving über 80 Jahre alt und hat mit "Der letzte Sessellift", sein längstes Buch - über 1000 Seiten lang - und möglicherweise auch letztes Buch vorgelegt. Der Roman erschien bereits im April 2023 und liegt daher bereits als Taschenbuch vor. Auch ich bin ausgemachte Irving Liebhaberin, auch wenn ich die letzten Bücher von ihm (noch) nicht gelesen habe. So gehören "Garp", "Gottes Werk und Teufels Beitrag" und auch "Zirkuskind" bis heute zu meinen absoluten Lieblingsbüchern. Aber auch "Witwe für ein Jahr" und "Die vierte Hand" hatten ihren Charme. Und so erging es mir auch mit "Der letzte Sessellift". Absolut lesenswert, auch wenn es nicht zu seinen stärksten Büchern gehört.All das, was Fans von John Irving erwarten und glücklich macht, findet man auch in diesem Roman wieder. Angefangen von einer skurrilen Geschichte mit absurden Begebenheiten bis hin zu liebevollen, schrägen Figuren. Er erzählt seine Geschichte in dichten Erzählsträngen, über fünf Jahrzehnte und wir begeben uns mit seinen `Geschöpfen` auf eine spannende und interessante Reise, auf der auch eine Vermischung von autobiografischem und Fiktion stattfindet. Schwergetan habe ich mich allerdings mit den zwei eingebauten Drehbüchern, die sich über mehrere Seiten zogen und durch die ich mich wirklich durchquälen musste. Jedoch lese ich Drehbücher grundsätzlich nicht gerne und bin somit wohl auch nicht der Maßstab in dieser meiner Beurteilung. Hier werde ich aber auch nicht mehr dazu schreiben, weil ich sonst einfach zu viel vorweg nehmen würde.Politisch wird es natürlich auch, wie in allen Irving Werken. Diesmal spielt der Vietnamkrieg, die "Aids-Krise" und Intoleranz gegenüber queren Menschen unter Präsident Reagan eine wichtige Rolle. Aber auch wiederkehrende Themen und Motive, die auch schon aus vorherigen Büchern bekannt sind, finden hier ihnen Platz, wie bspw. der abwesende Vater, sexuelle Emanzipation, der Ringersport, Familiengeschichten, Homosexualität. Wie immer setzt Irving mit seinem Werk ein Plädoyer für Toleranz und Akzeptanz gegenüber Minderheiten, sowie Menschlichkeit im Allgemeinen.Ich hoffe sehr, das "Der letzte Sessellift" nicht Irvings letztes Buch sein wird, denn er wird mit seiner pointierten, skurrilen, aber auch politischen Erzählweise auf jeden Fall eine große Lücke hinterlassen. Zum Glück habe ich aber noch nicht alle seine bereits veröffentlichten Bücher gelesen und kann das - mit großer Vorfreude - peu à peu noch nachholen.John Irving - wie immer ein absolut brillanter und grandioser Geschichtenerzähler!Besten Dank an den "Diogenes Verlag" für das Rezensionsexemplar.