Bücher versandkostenfrei*100 Tage RückgaberechtAbholung in der Wunschfiliale
Bis zu 80% und mehr sparen: Die besten Preishits für Sie ausgewählt
Jetzt sparen
mehr erfahren
product
product
cover

Videotime

Familienroman

(4 Bewertungen)15
260 Lesepunkte
Buch (gebunden)
Buch (gebunden)
26,00 €inkl. Mwst.
Zustellung: Sa, 31.05. - Di, 03.06.
Sofort lieferbar
Versandkostenfrei
Bestellen & in Filiale abholen:
Empfehlen

Väter, Mütter und Dämonen - Roman Ehrlich beschreibt eine Jugend in den Neunzigern

»Videotime«, so hieß die Videothek, in der Roman Ehrlichs Erzähler mit seinem Vater zahllose Filme auslieh, um sie zu Hause auf Leerkassetten zu überspielen. Es sind die neunziger Jahre in einer bayerischen Kleinstadt, deren scheinbar friedliche Ordnung vom Unheimlichen der Filme in ein anderes, fremdartiges Licht getaucht wird. Was zum Beispiel war damals mit den Vätern und Müttern los, die in Justizvollzugsanstalten oder Autohäusern arbeiteten und in ihrer Freizeit die eigenen Kinder auf dem Tennisplatz mit harten Drills trainierten oder hoffnungslos dem Zucker verfallen waren? Welche Rolle spielte man selbst dabei, wenn man jung war und die eigene Welt nur so zu wimmeln schien von Außerirdischen und Besessenen? »Videotime« ist eine Geschichte in auffallend schöner Sprache über die Gesichter und Leerstellen, die sich hinter unseren Masken und Selbstbildern verbergen. Ein beeindruckender, mit großer Souveränität erzählter Roman, der die Frage aufwirft, in welcher Zeit und Welt wir eigentlich leben - und in welcher Haut.

Produktdetails

Erscheinungsdatum
28. August 2024
Sprache
deutsch
Auflage
1. Auflage
Seitenanzahl
368
Altersempfehlung
Ab 16 Jahre
Autor/Autorin
Roman Ehrlich
Verlag/Hersteller
Produktart
gebunden
Abbildungen
33 s/w Abbildungen
Gewicht
504 g
Größe (L/B/H)
207/135/39 mm
ISBN
9783103971972

Portrait

Roman Ehrlich

Roman Ehrlich, geboren 1983 in Aichach, aufgewachsen in Neuburg an der Donau, studierte am Deutschen Literaturinstitut Leipzig und an der Freien Universität Berlin. Bislang sind von ihm die Bücher »Das kalte Jahr« (2013), »Urwaldgäste« (2014), »Das Theater des Krieges« (2017, mit Michael Disqué) und »Die fürchterlichen Tage des schrecklichen Grauens« (2017) erschienen. 2020 erschien sein Roman »Malé«, der auf der Longlist des Deutschen Buchpreises stand. Im August 2024 erschien sein Roman »Videotime«, der für den Wilhelm-Raabe-Literaturpreis 2024 nominiert war.


Literaturpreise:

Bremer Literaturpreis (Förderpreis) 2014

Robert Walser-Preis 2014

Ernst Toller-Preis 2016

Alfred Döblin-Medaille 2017


Pressestimmen

[. . .] ein brillanter, überraschender und [. .] höchst unheimlicher Roman. Christoph Schröder, Südwestrundfunk/Lesenswert

[. . .] ein faszinierendes Nachdenken über existenzerschütternde Fragen, über die Schnittstellen zwischen Ich und Welt. Paul Jandl, Neue Zürcher Zeitung

[. . .] gehört zum Klügsten, was die deutschsprachige Literatur in diesem Jahr hervorgebracht hat. Andreas Platthaus, Frankfurter Allgemeine Zeitung

Ein Buch wie ein guter VHS-Film aus der guten alten Zeit! Nostalgie pur. Alex Dengler, denglers-buchkritik. de

Es spricht da nämlich ein fast peinigend genauer Betrachter, der zunächst einmal den Dingen in einer tiefen Liebe zugewandt ist. Tobias Kniebe, sueddeutsche. de

Die knappen, präzisen und sinnlich-suggestiven Beschreibungen lassen alle Personen so wiederaufleben, dass man sie nicht nur quasi lebendig vor sich sieht. Abraham Katz, Literaturportal Bayern

Geheimtipp! [. . .] Sehr feinfühlig und auf mehreren Ebenen erzählt ist diese Familiengeschichte [. . .] Thomas Schindler, ZDF Morgenmagazin

[. . .] hoch unterhaltsam Michael Wolf, Tagesspiegel

[. . .] ein mit Leichtigkeit und doch großer Intensität erzählter Roman Jeanine Rudat, StadtRadio Göttingen

Normalität noir, kunstvoll erzählt. Dirk Knipphals, taz. de

Kunstvoll montiert [. . .]. Martina Sulner, RND

[. . .] ein dichtes, motivstarkes, auch unterhaltendes Kunstwerk [. . .], das glaubwürdig bleibt und eine Tiefendimension hat Augsburger Allgemeine

ein bemerkenswert tiefgründiges, weitläufiges Portrait eines Jungen und seiner Umwelt Samuel Hamen, Deutschlandfunk, Büchermarkt

Die geschickte Montage und die elegante Sprache geben dem Text einen ganzeigenen Charakter, der Inhalt und Form innovativ und überzeugend verbindet. Meike Stein, SR2

Großartig ist die genaue Sprache, die den Filmbildern ein literarisches Registrieren entgegenhält. Dirk Knipphals, SWR Kultur

Besprechung vom 30.11.2024

Schau hin, Großer!

Multimediales Erzählen: Roman Ehrlich verquickt im Roman "Videotime" subtil die Erzählmuster von Film und Literatur.

Romane, die einen einzigen Tag im Leben ihrer Protagonisten beschreiben, sind in der modernen Literatur reichlich zu finden. Der berühmteste unter ihnen ist "Ulysses", aber "Mrs. Dalloway" von Virginia Woolf steht dem Buch von James Joyce an Kunstfertigkeit nicht nach, und "Zettel's Traum" von Arno Schmidt hat das Verhältnis von Umfang zu Zeitablauf auf die Spitze getrieben. Mit dieser Trias kann sich Roman Ehrlichs neuer Roman nicht messen. Aber er gehört zum Klügsten, was die deutschsprachige Literatur in diesem Jahr hervorgebracht hat.

Auch "Videotime" erzählt von einem einzigen Tag, streng genommen gar nur einem Vormittag eines heißen Sommers unserer Gegenwart. Schauplatz ist eine nicht genannte Ortschaft in Bayern, doch einige Verweise auf deren Umgebung und Stadtbild lassen Neuburg an der Donau vermuten, die Heimatstadt des 1983 geborenen Autors. Ein ebenfalls namenloser Mann im ungefähren Alter Ehrlichs (zu erschließen über das zentrale Erzähl-Movens des Romans: die vom Protagonisten in dessen Jugend angeschauten Spielfilmvideos) ist zurückgekehrt, um seinen nach der Scheidung der Eltern mittlerweile allein lebenden Vater zu besuchen. Im Treppenhaus macht der Ich-Erzähler kehrt und begibt sich stattdessen auf eine voyage sentimentale durch seine Kindheitswelt - beginnend auf dem nahe gelegenen Parkplatz einer mittlerweile längst geschlossenen Videothek, in der in den Neunzigern die Filme entliehen wurden, die sich der Ich-Erzähler dann mit seinem älteren Bruder ansah. Außerdem zog der Vater Raubkopien von Leihkassetten aus der Erwachsenenabteilung, und dieser Bestand war dann ganz besonders der Gegenstand jugendlichen Begehrens. Dadurch kamen den Brüdern Filme vor Augen, die keinesfalls für sie bestimmt waren. Auch den Erinnerungen daran gilt diese sentimentalische Reise. Ausgelöst werden sie jeweils durch den Anblick eines ehedem vertrauten Kindheitsorts.

Durchsetzt ist Ehrlichs Buch jeweils zu Beginn seiner 32 Kapitel mit Standbildern im Kinoleinwand-Querformat all jener Filme, die dem Ich-Erzähler in den Sinn kommen. Die Fotos vertreten etwaige Kapitelüberschriften - ein interessantes Konzept, das dem Ineinanderfließen von äußeren und inneren Eindrücken entspricht, das den Kern des Erzählten in "Videotime" ausmacht.

Als Sohn eines Justizvollzugsbeamten und einer Teilzeit-Modeverkäuferin ist der Protagonist aufgewachsen. Kleine Verhältnisse also, im Kontrast zum besten Freund des Erzählers, dem Sohn eines Autohausbesitzers. Harmonischer ging es im teuren Eigenheim von dessen Familie aber auch nicht zu, und die Interessen der Jungen trafen sich vor den Fernsehbildschirmen in beiden Haushalten beim unbeobachteten Konsum ihnen eigentlich verbotener Videos. Ein gegenseitiges Überbietungsbemühen an Schockmomenten in den jeweils ausgesuchten Filmen trieb die beiden Halbwüchsigen an, und das galt dann auch für einen weiteren Kindheitsfreund, der mit seiner Familie aus Mazedonien zugereist war. In der engen und auf den ersten Blick viel repressiveren Atmosphäre von dessen Hochhausunterkunft fand der Protagonist jedoch eine Wärme, an der es ihm daheim mangelte.

So zumindest die Erinnerung des durch die Hitze streunenden Erwachsenen, der uneingestanden auf der Flucht ist vor der Begegnung mit seinem vereinsamten Vater. Von dessen Domizil in einem Mehrfamilienhaus geht es zu der früheren Videothek und dann nacheinander zum Bungalow der Autohausbesitzerfamilie, der Hochhaussiedlung des anderen Jugendfreundes, einer Tennishalle, in der der viel ehrgeizigere und anfangs auch erfolgreichere Bruder bis zu einer karrierebeendenden Verletzung vom Vater trainiert wurde, einer nahe gelegenen Gaststätte italienischer Gastronomen, mit deren Tochter der Erzähler als Junge erste erotische Erfahrungen sammelte, einem ehemaligen Elektroladen sowie einer mittlerweile abgerissenen Turnhalle, in der früher den Jugendlichen von einem traumatisierten DDR-Flüchtling Boxen beigebracht wurde, bis der Weg wieder vor der nunmehr sich öffnenden Tür des Vater endet. Die vom Erzähler zuletzt beschriebenen Lichtwahrnehmungen in dessen Wohnung evozieren das Betreten eines Kinosaals. Der Film des eigenen Lebens läuft in Endlosschleife.

Wie auch die sich miteinander verwebenden Filmsequenzen, die den Erzähler nie mehr verlassen haben: aus "Total Recall", "Videodrome", "Crash", "Universal Soldier", "Possession", "The Devil in Miss Jones", "Natural Born Killers", aber auch aus "Falsches Spiel mit Roger Rabbit". Alles Hollywood, doch von unterschiedlichstem Anspruch und Genre - Action, Horror, Erotik, Komödie, wobei sich deren jeweilige Elemente in diesen Filmen mischten, und so ist es dann auch in der erzählten Erinnerung. Und je länger Ehrlichs Roman währt, desto länger werden die nacherzählten Handlungsverläufe der Filme, und desto klarer treten deren Parallelen zum eigenen Leben des Protagonisten zutage.

Dabei wendet Ehrlich eine literarische Jump-cut-Technik an. Die Ausführungen zu den Filmen und zum "echten" Leben seines Erzählers trennen harte Schnitte, eine Überführung der jeweiligen Erzählebenen ineinander findet nicht statt. Es verwickelt sich, könnte man in Erinnerung an eine videokassettentypische Problematik sagen, der Ehrlich einen schönen Abschnitt seines Romans widmet. Zugleich aber führt "Videotime" auch ein genuin literarisches Ausdrucksmittel vor: den Endlossatz, also eine schnittlose Beschreibung. In deren Beispielen im Roman können dann doch bisweilen Filme und Leben in eins fallen.

So im Falle eines längeren Gedankenspiels beim Betrachten des Standorts der früheren Turnhalle, die von dem DDR-Flüchtling und dessen Frau betrieben wurde: "Nimmt nicht eigentlich Lori, denke ich, und habe ich das denn nicht damals schon auf Gerris Sofa gedacht, beim Schauen in dieser Wohnung, das nur jetzt, wo ich vor dem Loch in der Häuserzeile stehe, hochgradig unwahrscheinlich erscheint, wie die ganze kurzlebige Nachmittagsbetreuung, die diffuse, neblig verqualmte Luft, Der Sorbische Schmiedehammer, die Schläge von Benny Fleißer, die anderen jungen Jungs und die uralten, stinkenden Handschuhe, geleitet vom Glauben an die unverbrüchliche liebevolle Verbindung auf ihrem gefahrvollen Weg hinein in die wahnhaften, psychotischen Tiefen der Seele ihres Mannes, unendlich geduldig und ewig hoffend, ihn davon überzeugen zu können, dass sie seine Frau ist und er durch seine Liebe zu ihr herausfinden kann aus dem Albtraum, in den er sich aus freien Stücken begeben hat, dieselbe Rolle ein wie die Robin Williams-Figur in Hinter dem Horizont, als sie zu ihrer Frau in die Hölle der Selbstmörderinnen hinabsteigt?" In den Rahmengedanken schmiegt sich ein Gespinst weiterer Erinnerungen ein.

Roman Ehrlichs "Videotime" ist Zeitbild und Zeitmaschine zugleich, ein seltenes Beispiel von Prosa, die Anschaulichkeit mit Verrätselung zu kombinieren weiß, ohne dass es Zweifel an der Zugänglichkeit gäbe. Stimmungen einer Kleinstadt werden ebenso deutlich wie die der Neunzigerjahre. Und die Valeurs eines Kinos, das weitaus spielerischer mit einer Ästhetik des Schreckens und der Gewalt umging, als es das gegenwärtige Hollywood mit seinen ermüdenden Variationen immergleicher Erfolgsrezepte tut. Ehrlichs Roman betreibt aber zugleich auch ein multimediales Erzählen, das einiges von dem einlöst, was man sich von Netzliteratur ursprünglich erhofft hatte. Er tut es mit den simplen Mitteln des Mediums Buch, mit Bildern und Worten, die unsere Phantasie als Kollaborateurin brauchen. Wie gute Filme auch. ANDREAS PLATTHAUS

Roman Ehrlich: "Videotime". Roman.

Verlag S. Fischer,

Frankfurt am Main 2024.

368 S., 33 Abb.,

geb.

Alle Rechte vorbehalten. © Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt am Main.

Bewertungen

Durchschnitt
4 Bewertungen
15
2 Bewertungen von LovelyBooks
Übersicht
5 Sterne
2
4 Sterne
0
3 Sterne
0
2 Sterne
2
1 Stern
0

Zur Empfehlungsrangliste
Von Mirja103 am 12.10.2024

Hat mich gelangweilt

Mich hat dieses Buch gar nicht überzeugt. Die langen Schilderungen diverser Filme haben mich gelangweilt, obwohl sie einen Bezug zum Leben des Erzählers hatten. Auch die Erinnerungen des Erzählers fand ich nicht fesselnd. Ich habe mich zunehmend durch das Buch gequält. Die schnellen Wechsel zwischen Gegenwart, Vergangenheit und Filmbeschreibung habe ich als anstrengend empfunden.
Von Kat am 03.09.2024

Erinnerungen

Erinnerungen Sobald man sich erinnert, schafft man Fiktion (Roman Ehrlich in einem Interview, Literatur im Gespräch · 29.08.2024) Es sind die neunziger Jahre in einer bayerischen Kleinstadt, deren scheinbar friedliche Ordnung vom Unheimlichen der Filme in ein anderes, fremdartiges Licht getaucht wird. Was bleibt in Erinnerung? An eine Gegend, in der man seine Jugend verbracht hat? Auch wenn ich nach Hause fahre, sehe ich Orte, an denen ich meine Jugend verbracht habe. Meine Mutter wohnt noch immer im gleichen Ort, nur nicht mehr in der gleichen Wohnung - denn sie wurde vor ein paar Jahren abgerissen. Es leben einfach nicht mehr genug Menschen dort, um all die Wohnblöcke noch füllen zu können. Nun besuche ich sie oft mit meinem eigenen Sohn und finde es Wahnsinn, wie wenig sich verändern kann und doch völlig anders ist. Nun bin ich nicht mehr 14. Bin Mutter und doch zieht mich so manches in den Bann und ich denke über meine Jugend nach und wie es wohl meinem eigenen Kind mal damit ergehen wird. Und so ergeht es auch dem Protagonisten in dem Buch. Sein Vater ist an Demenz erkrankt und er besucht nicht nur ihn, sondern verschiedene Orte seiner damaligen Kindheit und Jugend. Doch es gibt nicht mehr viele davon. Eine tragende Rolle spielt die damalige Videothek. Ein Zugang zu so vielen unterschiedlichen Welten und der Vater raubkopiert sie zudem, um sie in einem Archiv aufzubewahren. Nicht für Kinderaugen gedacht, schaffen der Protagonist und sein Bruder es dennoch, den Code zu knacken. Neben der Geschichte wird das Buch - passend zum Titel - immer wieder mit Bildern und Beschreibungen verschiedener Filme bebildert. Ich hatte zu Beginn etwas Probleme in die Geschichte zu kommen. Es war verwirrend, was mich genau erwartet. Doch ich habe mich darauf eingelassen und habe ein Buch gelesen, das noch lange nachhallen wird. Es ist kein typischer Roman, der die Jugend widerspiegelt und Erinnerungen glorifiziert. Es lädt zum Nachdenken ein. Was prägt uns? Wie gehen wir mit Gewalt und Drill um? Kann so eine gute Kindheit aussehen? Was können wir besser machen? Ich muss zugeben, dass es mein erstes Buch von Roman Ehrlich war - aber sicher nicht mein letztes. ET: 28.08.2024 ISBN: 978-3-10-397197-2 Autorin: Roman Ehrlich Umfang: 368 Seiten 26 Euro
Roman Ehrlich: Videotime bei hugendubel.de. Online bestellen oder in der Filiale abholen.