Inhalt: An Cans Grab treffen drei Männer und eine Frau aufeinander. Sie alle kamen Can in dem Moment zur Hilfe, als er sein Leben beenden wollte. Durch ihren Zuspruch ermöglichten sie Can jeweils einen weiteren Lebensabschnitt, bis es schließlich dennoch zum Suizid kam. Handelten die vier wirklich in Cans Interesse? Und wer trägt letztendlich die Schuld an seinem Selbstmord?
Schreibstil: auktorialer Erzähler (schwerpunktmäßig) und Ich-Erzähler, Präsens für aktuelle Handlung, Präteritum für Rückblenden - gradlinig, verziert mit poetischen Bildern.
Meine Meinung: Die Frau und die drei Männer, die sich an Cans Grab treffen, werden der Reihe nach in einzelnen Kapiteln vorgestellt. Durch die gewählte Erzählperspektive ist es mir nicht möglich, tief in ihre Gedanken- und Gefühlswelten einzutauchen. Der Erzähler schafft es aber, mein voyeuristisches Interesse zu wecken, und so kann ich die Augen nicht mehr von den Figuren abwenden. Jeder Charakter ist eckig und eigenwillig, so dass ich auf seine Geschichte und seine Begegnung mit dem verstorbenen Can gespannt bin: Da sind der sexy, selbstbewusste und dominante Vamp, der strenggläubige Gebetskappe tragende Mann, der angstfreie Schläger und der Suchende ohne Namen, aber mit der ungestillten Sehnsucht nach Liebe. Jedes Kapitel endet mit einem Cliffhanger, der die Spannung erhöht. Diese Cliffhanger werden vom Autor nicht aufgelöst. Nach der Beendigung des Buches ist der LeserIn aber weitgehend in der Lage, sich selbst Antworten zu geben.
Ab ca. 60% der Lesereise erfolgt ein Wechsel zur Ich-Perspektive. Nun taucht der LeserIn in Cans Gefühls- und Gedankenwelt ein und erlebt die Begegnungen mit den o. g. Figuren aus dessen Sicht. Dabei trumpft der Autor mit vielen Überraschungen auf. Besonders den Twist am Ende habe ich nicht kommen sehen.
Besonders gut gefallen haben mir die poetischen Beschreibungen, z. B. Wie kalter Nebel schmiegte sich der Schmerz an den wundesten Punkt seiner Seele, vernarbte sein Herz mit einem Schleier aus Gram und errichtete eine Burg aus Kummer. Auch die gewählte Symbolik der Brücke und der metaphorische Einsatz des Kaleidoskops konnten mich begeistern.
Fazit: Ein ungewöhnlicher und überraschender Roman in poetischem Gewand
Genre: psychologischer Roman, Entwicklungsroman