Ungebunden hat mich erst mit seinem wunderschönen Cover angezogen und mich anschließend mit dem Klappentext neugierig gemacht. Vor allem, weil ich vor nicht allzu langer Zeit YOU ME HER (eine Serie, die das Thema Polygamie behandelt) auf Netflix geschaut habe und es so sehr mochte.
Es gibt zwei Erzählperspektiven. Zum einen werden Leilas Erfahrungen und Erlebnisse aus der Sicht eines auktorialen (allwissenden) Erzählers dargestellt. Zum anderen meldet sich Leilas Seele als Ich-Erzähler zu Wort. Diese Kapitel mochte ich von Anbeginn sehr, da sie sehr poetisch waren.
Obwohl zahlreiche Begegnungen das Buch prägen, kann nur Leila als Protagonistin genannt werden. Sie ist ein absoluter Freigeist mit viel Mut. Während sie nach und nach die Mauern ihres Herzens zu durchbrechen versucht, steht sie immer für sich selbst und ihr Verhalten ein.
Sie wirkt zwar sehr sympathisch, allerdings gab es auch Passagen, in denen ich sie und ihre Selbstliebe nicht besonders mochte. Denn dann kam ihr sonst so gesunder Egoismus in einer Ausprägung zum Vorschein, die nicht mehr charmant war.
Trotzdem kämpft sie für ihren Traum der freien Liebe und folgt ihrem Herzen. Da könnten sich die meisten von uns sicherlich eine Scheibe abschneiden.
Fazit:
Wie bereits erwähnt, sind Teile des Buches sehr poetisch. Besonders diese haben mich unglaublich berührt. Daher gibt es diesmal auch so viele Zitate (und selbst das ist nicht alles, was ich markiert habe). Zudem merkt man als Leser einfach, wie liebevoll jeder einzelne Satz gestaltet ist.
Des Weiteren ist die Gesamtmessage des Buches wirklich wertvoll. Es geht nicht nur um freie Liebe, sondern ebenfalls darum seinem Herzen zu folgen und zu tun, wonach man sich sehrt und dabei alle Mauern und Masken fallen zu lassen, vor allem vor sich selbst. Zudem lehrt es den Leser, von welch großer Bedeutung ein ehrlicher Umgang mit unseren Mitmenschen ist. Egal, welchen Weg Leila ging oder welche Begegnungen sie hatte, sie spielte stets mit offenen Karten und hat mich damit tief beeindruckt.
Leider, wirklich leider muss ich aber auch sagen, dass es ein paar Dinge gab, die mich gestört haben. Zum einen fehlt mir irgendwie der Dialog. Es gab zwar kurze Einblicke in die Gedankenwelt ihres Mannes, doch ich hätte mir so viel mehr davon gewünscht, einfach um beide Blickwinkel zu haben. Dadurch, dass man nur sein Leiden mitbekam, Ihre Herzlichkeit und die Fähigkeit selbstlos zu geben, ging dadurch nahezu unter. Mit mehr Dialogen hätte man meiner Meinung nach die Chance gehabt, das große Ganze, nach dem die Protagonistin die ganze Zeit sucht, besser wahrzunehmen.
Durch den fehlenden Einblick in ihr Sicherheitsleben, kam es mir manchmal so vor, als wären die Männergeschichten aneinandergereiht, anstatt in längerem Abstand zueinander (was sie jedoch waren, glaube ich). Das hat dann ebenfalls dazu geführt, dass ich am Ende des Buches das Gefühl hatte, dass die Protagonistin noch immer zarte Anfang zwanzig ist. Was jedoch nicht möglich ist, da zwischendurch erwähnt wird, dass ihr erster Sohn bereits ein Teenager ist bzw. irgendwann auf einmal zwanzig Jahre vergangen waren. Auch, wenn sich Leilas innere Haltung verändert hat, so war es mir einfach nicht möglich eine äußere Entwicklung im Gesamten zu betrachten.
Das Ende macht mich irgendwie echt fertig, weil es mich mit Fragen hinterlässt. Daher muss ich sagen, dass mich das Buch trotz der Defizite (in meinen Augen) berühren und zum Nachdenken animieren konnte, auch wenn ich wohl weiterhin eine Anhängerin der Monogamie bleibe.