"Der Moment, in dem die letzte Frau den Raum verließ und die schicke Glastür zuzog, hat sich tief in unsere beiden Gedächtnisse eingebrannt (und inspirierte einige Jahre später den Titel dieses Buches). Die Atmosphäre änderte sich schlagartig. Einige Männer atmeten auf, andere sanken tiefer in ihren Stuhl, wieder andere warfen sich verschmitzte Blicke zu. Doch interessant wurde es, sobald die Gespräche begannen - allein unter Männer. Sprechfilter und aufgesetzte Masken fielen weg, der eben noch optimistische und kooperative Ton wandelte es sich im Handumdrehen."
Ich habe das Buch Wenn die letzte Frau den Raum verlässt: Was Männer wirklich über Frauen denken als Frau gelesen und fürchte, nach wie vor fühlen sich hauptsächlich Frauen von den Themen Gleichstellung/Gleichberechtigung angesprochen.
Doch dieses Buch wurde von zwei Männern geschrieben, Vincent-Immanuel Herr und Martin Speer, und ich finde, das sollten unbedingt auch alle Männer lesen!
Die beiden äußerst sympathischen und aufgeschlossenen Herren sind oft in reinen Männerrunden in Firmen unterwegs und haben dort, aber auch privat schon oft bemerkt, wie andere Männer gegen Gleichstellung argumentieren bzw. welche allgemeinen patriarchalen Denk- und Argumentationsmuster nach wie vor bestehen (manche dieser Aussagen sind echt heftig).
Insgesamt deckt das Buch viele Bereiche ab, die Arbeitswelt, aber auch das Privatleben und die leider sehr ungerechte Care Arbeit und den Mental Load.
"Eine unangenehme Wahrheit darf dabei nicht unter den Tisch fallen: Was Männer bis vor kurzem im Beruf erlebt haben (und vielerorts immer noch erleben), war de facto eine Männerquote. Männer wurden nicht nur aufgrund von Leistung oder Talent eingestellt und befördert, sondern teilweise oder manchmal ausschließlich aufgrund ihres Geschlechts. Anders ausgedrückt: in Wirtschaft und Politik haben es erstaunlich viele mittelmäßige oder sogar unqualifizierte Männer bis nach ganz oben geschafft. Von wie vielen Frauen kann man dasselbe sagen?"
"Die Autorin und Journalistin Alexandra Zykunov bringt dies berechtigterweise auf die Palme. Sie schreibt: 'Wenn wir von Männern sprechen, die helfen, statt von Männern, die einfach ihren Aufgabenbereich für ihre Familie, ihr Heim und den Haushalt darin übernehmen, sprechen wir Ihnen jegliches Recht ab, sich dafür auch aktiv verantwortlich zu fühlen. Begriffe wie "helfen", oder - noch schlimmer - "entlasten" - (....) meinen, dass er für diese Last per se nicht zuständig ist und dass es da eine andere Person gibt, die diese Last normalerweise trägt - nämlich die Frau."
In ihrem gut lesbaren und leicht verständlichen Buch zählen sie verschiedene Männertypen auf, analysieren auf sehr ehrliche und auch selbstkritische Weise die männliche Gedanken- und Sorgenwelt. Dabei kommen auch Forschungsergebnisse nich zu kurz. Nicht so geläufige Begriffe werden stets erklärt, so dass auch Neulinge bei diesem Thema alles gut verstehen können.
Ziel des Buches ist, auch Männer zu Verbündeten im Kampf für mehr Geschlechtergerechtigkeit zu machen.
Mein Mann sagte spontan, wenn Männer was zu dem Thema schreiben, liest er das jetzt auch gleich. Also: Empfehlt es vielen Männer weiter, die es dann hoffentlich auch anderen Männer weiterempfehlen (und Männer hören ja bekanntlich oft eher auf andere Männer). In der Hoffnung, dass es mehr Gleichberechtigung für ALLE gibt.
"Fix the system, not the women."