Es soll Politiker geben, die als Wahlkampfclaim auf Aussagen wie Sie kennen mich oder Ähnliches setzen ähnlich könnte der Verlag es mit Lisa Federles und Boris Palmers Buch Wir machen das jetzt! machen: Man kennt sie, beide von gemeinsamen und eigenen Projekten, mit denen sie sich (wohltuend) von anderen Politikern unterscheiden, sie machen jetzt mal
Die Zahl der Probleme, vor denen unsere Gesellschaft steht, ist je nach Abstraktionsgrad längst nicht mehr an einer Hand abzuzählen: weltpolitische Lage, Wohnungsnot, kommunale Projekte, Klimawandel, Wirtschaftskrise, Bürokratieauswüchse, die Angst vor sozialem Abstieg. Viele Menschen sehen ihr Heil an den politischen Rändern (längst nicht nur der rechte) und dann weiß man eigentlich, dass etwas in einer Gesellschaft im Argen liegt. So auch Federle und Palmer, die jedoch zunächst in eine ernsthafte Analyse gehen. Hierzu knöpfen sie sich Bildungssystem, Zuwanderung, Digitalisierung, Infrastruktur und Wohnungsbau sowie ihre Strukturen und darin immanente Probleme vor und veranschaulichen diese anhand zahlreicher Fallgeschichten. Frei nach dem Motto Erst die Fakten, dann die Lösungen, zeigen sie auf, dass es Lösungsansätze gibt und wir (respektive die Politik) nur den Mut brauchen, diese umzusetzen oder wenigstens auszuprobieren.
Unabhängig davon, ob man Boris Palmer mag, scheint in seiner Stadt ja vieles gut zu funktionieren; zudem geht er auch mal andere Wege: Wo andere Kommunalpolitiker sich der Bequemlichkeit wegen hinter irgendwelchen Gesetzen verstecken (so bei uns erlebt), eruiert er Möglichkeiten und schöpft sie aus. Auch Lisa Federle scheint weniger auf parteipolitische Strömungen als auf sachlogische Lösungen zu dringen, so erklärt es sich wohl, warum dieses Gespann während Corona-Zeiten Dinge anders angegangen ist und damit vielbeachtete Erfolge erzielen konnte und das nicht nur auf Sachebene, sondern weil ihre Bevölkerung das Bemühen erkannte, sich hinter sie stellte und so den Erfolg mittrug. Genau das brauchen wir aber auch bei den oben angerissenen Problemen, vor deren Lösung man jetzt steht. Allen, die es vorher noch nicht ahnten, erklären die Autoren, dass von Populisten geforderte einfache Lösungen (wozu auch zählt, das Geld mit der Gießkanne auf wohlfeile Wählergruppen auszugießen) kein Ausweg sind, dass es aber Grund für Zuversicht gibt, die Krisen unserer Zeit gemeinsam zu bewältigen man braucht nur etwas gesunden Menschenverstand, Mut und ja, Eigenverantwortlichkeit: Dann führt man eben vor dem Mainstream eine Einwegverpackungssteuer ein und lässt für eine Stadt unsinnig große Autos hohe Parkgebühren zahlen. Das kann abschrecken, aber auch motivieren. Insofern ist das Buch eine Melange aus evtl. schon bekannten Praxisbeispielen, Erfahrungsberichten der beiden sowie ein Appell, zu handeln, der auch der Leserschaft den Spiegel vorhält (Stichwort Einzelfallgerechtigkeit). Man wünschte sich, dass dieses Buch mit seinem erfrischenden Ansatz zur Pflichtlektüre wird nicht nur, aber vor allem für Menschen, die mit Politik ihr Geld verdienen.