Cassi ist nicht der Mensch, der sie einmal war. Sie war zielstrebig, ambitioniert, selbstbewusst, hatte beruflich wie privat alles im Blick, war kommunikativ und top gestylt. Bis ihr ein Ereignis im Leben regelrecht den Boden unter den Füßen wegzieht. Sie schmeißt alles hin, zieht sich innerlich wie äußerlich in ihr Schneckenhaus zurück und beginnt zu trinken. Als sie dann auch noch aus ihrer aktuellen Wohnung ausziehen muss, kommt ihr der Zufall zu Hilfe. Cassi findet ein, zwar altes, Häuschen, idyllisch gelegen am Waldesrand eines kleinen Dorfes im Nirgendwo. Sie kauft es und muss sich zunächst sowohl mit der Stille als auch mit dem Rausch des Waldes auseinandersetzen. Die junge Frau muss sich zudem auch wieder unter Menschen wagen. Das Endergebnis davon ist, dass im Dorf schnell das Gerücht die Runde macht, Cassi sei ein Selbsthilfe-Guru, der sich nicht nur auf Yoga oder Coaching sondern auch auf das Kartenlegen sowie das Abhalten von Séancen versteht. Und was macht die junge Frau dagegen? - Nichts. Sie spielt einfach mit.Johanna Swanbergs Schreibstil hat mich gleich zu Beginn der Geschichte sehr gut erreicht. Gerne habe ich die Protagonistin Cassi, die sich in einer schwierigen Lebensphase befindet, durch den Alltag begleitet. Auch wenn die Leserschaft erst später erfährt, was der jungen Frau widerfahren ist, kann man sich gut in sie hineinversetzen. Gerne möchte man ihr zur Seite stehen, wenn die "doofe" Arbeitskollegin sie aus der Wohnung schmeißt. Doch Cassi schafft es auch diese Situation irgendwie zu meistern. So findet man sich kurz darauf mit der Protagonistin in einem kleinen Haus am Waldesrand zwischen wunderlichen DorfbewohnerInnen wieder. Die nun entstehenden Szenen schildert die Autorin sehr unterhaltsam, auch wenn man immer ein bisschen die eigentliche Not, die sich hinter Cassis Verhalten versteckt, durchblitzen sieht. Alle Charaktere werden so detailreich wie authentisch geschildert. Es dauert nicht sehr lange, bis sie einen ans Herz "gewachsen". Zum Ende hin beginnt die Geschichte ein bisschen und auch das was auf Cassi noch zukommen wird ist eigentlich vorhersehbar. Doch Johanna Swanberg gelingt es, das "Ruder" noch einmal herumzureißen. Das Ende wartet mit einem richtigen "Bäng" auf. An dieser Stelle gewinnt der Roman ungemein an Tiefe. Es hat mich so gerührt, dass ich nicht mehr mit dem Weinen aufhören konnte. Die Autorin hat mich damit von ihrem Debüt überzeugt. "Sommer ohne Plan" ist eine tolle Geschichte.Einziger Kritikpunkt, die Bearbeitung oder sollte ich besser schreiben die "Nichtbearbeitung" des das Themas Alkoholismus. Die Protagonistin leidet unter dieser Sucht, der sie sich letztendlich nicht stellt. Ich glaube nicht, dass Cassi von einem auf den anderen Tag einfach beschließen kann, ohne Therapie einfach damit aufzuhören. Fazit:Ein toller Roman mit überraschendem Ende, der das Thema Alkoholmissbrauch zwar einerseits zum Thema nicht, es dann aber unbearbeitet "stehen" lässt.