Manche Bücher liest man, klappt sie zu - und geht weiter. Das Lied des Schmetterlings gehört definitiv nicht zu dieser Kategorie. Nachdem ich die letzte Seite gelesen hatte, musste ich erst einmal tief durchatmen. Dieses Buch hallt nach. Es bleibt. Es trifft mitten ins Herz, erschüttert, bewegt - und lässt einen nicht mehr los.Kristy Cambron erzählt in ihrem Roman die Geschichte von Adele von Bron - eine junge Frau aus einer wohlhabenden, einflussreichen Familie, deren Eltern fest hinter der Ideologie des Nazi-Regimes stehen. Doch Adele sieht die Welt mit anderen Augen. Ihr innerer Kompass ist geprägt von Mitgefühl, Mut und einem tiefen Glauben an die Menschlichkeit. Ihre Gabe - die Musik - macht sie zu einer gefeierten Solistin. Doch das Blatt wendet sich. Adele landet im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau, wo sie Teil des Mädchenorchesters wird - einer grausamen Realität, in der Kunst und Horror auf unbegreifliche Weise koexistieren.Was mich besonders bewegt hat, ist die Tatsache, dass Cambron sich von wahren Begebenheiten hat inspirieren lassen. Es ist kein einfacher Roman, aber ein immens wichtiger. Die Autorin schafft es, die Geschichte zweier Zeitebenen miteinander zu verweben: Während wir Adele in der Zeit des Zweiten Weltkriegs begleiten, erleben wir parallel eine Gegenwartshandlung, die langsam die verborgenen Fäden der Vergangenheit offenlegt. Dieser Wechsel ist so geschickt und atmosphärisch umgesetzt, dass man als Leser*in regelrecht in die Geschichte hineingezogen wird.Cambrons Schreibstil ist bewegend, mitreißend, fesselnd - und vor allem tief berührend. Sie schreibt mit einer solchen Sensibilität und Klarheit, dass man beim Lesen immer wieder innehalten muss, um die Worte auf sich wirken zu lassen. Ihre Sprache ist poetisch, ohne kitschig zu sein, stark, ohne je platt zu wirken. Besonders beeindruckt hat mich die Art, wie sie die "Koexistenz des Bösen und der Schönheit" beschreibt - dieser Kontrast zwischen der grausamen Realität des Lagers und der zerbrechlichen Hoffnung, die in der Musik überlebt.Das Lied des Schmetterlings ist nicht nur ein Roman. Es ist ein Mahnmal. Ein Erinnern. Ein stiller Schrei gegen das Vergessen. Für mich ist es ohne Zweifel mein Lesehighlight des Jahres - ein Buch, das ich jedem nur ans Herz legen kann. Denn es zeigt auf so eindringliche Weise, dass selbst im dunkelsten Moment der Geschichte der Klang von Hoffnung nicht ganz verstummen kann.