Eine Frau lässt sich nicht auf ihre vermeintliche Schwäche reduzieren. Wissenschaftlerin, Köchin und Mutter - ein Freigeist ist lebendig
"Chemie ist untrennbar mit dem Leben verbunden - Chemie ist per definitionem Leben. Aber genau wie Ihre Pastete braucht das Leben ein starkes Fundament. Das ist eine enorme Verantwortung, der am meisten unterschätzte Job der Welt, der jedoch alles zusammenhält."InhaltElizabeth Zott nimmt den Job in der neuen Fernsehshow von Walter Pine an, nachdem dieser von ihrer Resolutheit begeistert ist und sich erhofft mit dem Format einer Kochshow am Nachmittag die miesen Fernsehquoten auszubügeln, die seine eigene Daseinsberechtigung gefährden könnten. Elizabeth ist eigentlich Chemikerin, doch ihren Posten am Forschungsinstitut hat sie verloren, weil sie nicht macht, was die Männer von ihr erwarten und jede Situation nutzt, um ihre wahren Überzeugungen kundzutun. Nachdem ihr Lebensgefährte und Protegé Calvin Evans durch einen tragischen Umfall mit nur 35 Jahren ums Leben kam, muss die junge Frau sehen, wie sie als alleinerziehende Mutter in einer von Männern dominierten Welt bestehen kann. Doch sie lässt sich nicht unterkriegen und bekämpft die Ignoranz anderer mit fast nerviger Präsenz und glasklaren Statements. Sie eckt immer und überall an, bei Frauen und Männern gleichermaßen und scheint einen sicheren Griff für unbequeme Lösungen zu haben. Doch die neue Show gibt ihr auch die Möglichkeit, mehr Frauen hinter den Kochtöpfen hervorzulocken und sie darin zu bestärken, für ihre wahre Passion zu kämpfen ...MeinungEher zufällig bin ich auf diesen Roman der amerikanischen Autorin Bonnie Garmus gestoßen, die sich mit ihrem Debüt an ein feministisches Thema heranwagt und sehr geschickt zeigt, mit welchen Vorurteilen Frauen zu kämpfen haben. Im Amerika Mitte der 50-iger Jahre des vergangenen Jahrhunderts, bleiben Frauen zu Hause, kümmern sich um das Wohlbefinden ihres Mannes und sorgen für die Erziehung der Kinder. Eigene Meinungen und eine alternative Lebensgestaltung ist nicht vorgesehen. Nur wer heiratet bekommt Kinder und wer arbeiten gehen muss, um das Kind zu ernähren, ist nur zu bemitleiden. Das Selbstverständnis der Hauptprotagonistin passt so gar nicht in ihre Zeit, sie widersetzt sich allen Dogmen und findet immer wieder die Lücke im System, um nicht von ihren tiefen Überzeugungen abweichen zu müssen. Sie packt ihr Leben einfach an und bemüht sich mit Erfindungsreichtum auch ihrer Tochter gerecht zu werden, die wie ihre Mutter schon bald zu den Ausnahmeschülern zählt und ähnlich viel Freiraum beansprucht. Dieser Aspekt war sehr unterhaltsam und abwechslungsreich, auch wenn die Story in ihrer Gesamthandlung etwas blass bleibt. FazitIch vergebe 3,5 Lesesterne (aufgerundet 4) für diesen feministischen Unterhaltungsroman, der mit kleinen Eindrücken und szenenhaften Beschreibungen zeigt, wie es sich anfühlt, als Frau weder wahrgenommen, noch respektiert zu werden, sobald man sich nicht dem klassischen Bild anpasst. Die Dialoge sind erfrischend, die Entwicklungen nehmen eine klare Richtung an, aber bleiben etwas unbestimmt. Es ist von kleinen Veränderungen auszugehen, die dennoch in ihren Ursachen harte Arbeit waren. Für alle, die starke Frauenfiguren mögen, ist dieses Buch empfehlenswert, leider konnte ich zur Protagonistin keine engere Bindung aufbauen - die Emotionalität bleibt hier auf der aktiven Ebene verankert, wirklich hineinversetzen konnten ich mich in Elizabeth nicht. Dennoch ein kurzweiliges, erfrischendes Leseerlebnis!