In Noch fünfzig Sommer mehr entfaltet Avril Maury eine stille, melancholische Geschichte über Verlust, Erinnerungen und die langsame Rückkehr ins Leben. Im Zentrum steht Eleni, eine einst lebensfrohe Frau, die nach einem schweren Schicksalsschlag in das Haus ihrer Kindheit an der bretonischen Küste zurückkehrt abgeschottet von der Welt, von Schmerz gezeichnet.
Die Begegnung mit Théo, dem charmanten und geduldigen Fremden, bringt zaghaft Bewegung in ihr starres Leben. Durch geheimnisvolle Nachrichten und Blumen vor ihrer Tür beginnt Eleni, sich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen und mit dem, was noch vor ihr liegen könnte. Das Rätsel um die anonymen Botschaften wird zum zarten roten Faden der Geschichte, wobei weniger die Auflösung, als vielmehr Elenis Entwicklung im Fokus steht.
Maurys Sprache ist ruhig und atmosphärisch. Die Natur das Meer, der Garten, der Wind ist nicht nur Kulisse, sondern Spiegel der Gefühlswelt der Protagonistin. Besonders gelungen ist die Darstellung der Erinnerungen: nostalgisch, lebendig und voll zarter Trauer. Auch das Motiv der Pflanzen zieht sich symbolträchtig durch den Roman.
Was dem Buch jedoch ein wenig fehlt, ist narrative Schärfe. An entscheidenden Wendepunkten bleibt die emotionale Wucht hinter den Möglichkeiten zurück, manche Entwicklungen wirken vorhersehbar und die Spannung verläuft sich oft im gemächlichen Erzähltempo. Das Buch will nicht mitreißen, sondern begleiten und das gelingt ihm mit einer sanften, melancholischen Eleganz.