GELESEN: Axel S. Meyer "Das Handelshaus" - Ein Roman aus der Hanse-Zeit -
Erschienen bei Rowohlt Taschenbuch Verlag, November 2019
612 Seiten
Hans Loytz, Chef vom Stettiner Handelshaus, erzieht seine drei Söhne Michael, Stephan und Simon mit eisernen Händen. Als Simon der Haushälterin einen toten Hering ins Bett legt, fällt seine Strafe mehr als hart aus. Mit ihm und Stephan rudert der Vater trotz Unwetter und hohem Wellengang hinaus auf die Oder, um gerade Simon zu stählen. Hans Loytz kommt bei diesem Manöver ums Leben.
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Nach einem großen Zeitsprung kehrt Stephan nach seinem langen Studium in Italien zurück nach Hause. Seine einst gestrenge Großmutter Anna Glienecke empfängt ihn voller Freude, obwohl sein letztes Lebenszeichen vier Jahre zurückliegt. Sein älterer Bruder Michael ist nun der "Regierer" und führt zusammen mit dem recht seltsamen und treu ergebenen Hauptbuchhalter Octavian Winkelmeier die Geschäfte. Beide sind nicht begeistert, dass Stephan nach all den Jahren wieder im Hause ist. Überheblich und mürrisch reißt Michael die Geschäfte ab und gibt Stephan somit einen kurzen Überblick. Gleich sagt er ihm auch, wo sein Platz ist und dass er sich mit vollem Einsatz einzubringen hat. Als Stephan nach dem jüngeren Bruder Simon fragt, erhält er von Michael nur eine kurze, unbefriedigende Antwort.
Bianca, das Dienstmädchen der Loytz, berichtet Stephan flüsternd hinter geschlossener Türe, wo er Simon finden kann. Stephan kann es kaum glauben, was aus seinem kleinen Bruder geworden ist. Er findet einen schweren Alkoholiker, Schläger und heruntergekommenen jungen Mann vor, der sich in den letzten Spelunken herumtreibt, Berge von Schulden hat und kaum in der Lage ist, noch Gefühle und Gespräche zu zeigen. Sein einziges Interesse gilt dem Branntwein und dem Bier. Immer wieder wird er in ein Krankenhaus am Rande der Stadt eingeliefert, welches von der Nonne Sybilla geführt wird. Ihr zur Hand geht die forsche Leni Weyer, die Michael zur Frau nehmen will, in die sich Stephan verliebt hat, und die ein sehr freundschaftliches Verhältnis zu Simon in dessen wenigen lichten Momenten pflegt.
Der Grund und Boden des von Sybilla betriebenen Krankenhauses gehört der Familie Loytz, gerät aber in die Pläne des verschlagenen Barnim, des Herzogs von Pommern-Stettin, der dieses für seine Zwecke nutzen möchte. Pastor Raymund Litscher, ein gemeiner Intrigant, unterstützt ihn nicht uneigennützig bei seinen Plänen. Auch Michael benutzt das Krankenhaus als Druckmittel. So will er Leni zur Ehe zwingen. Wenn sie ihn nicht heiratet, verliert sie ihre Arbeit, die sie über alles liebt. Auch Sybilla und natürlich alle Kranken, die sich nur dort die Pflege leisten können, säßen auf der Straße.
Die Geschichte endet, so viel kann man schon noch verraten, 1572 mit einem Epilog.
Die Protagonisten, oder die ich dazu erkoren habe, kommen "durch". Sie finden ihr Glück. Viele Nebenhandlungen machen die Geschichte rund und geben einen Einblick in diese dunkle Zeit. Gebäude, Kleidung, Handel, Reisen, Speisen, Strafen und nicht zuletzt die Liebe werden anschaulich geschildert. Der eigentliche Handel, Thema dieses Romans, kommt dabei etwas zu kurz. In jedem Fall aber ist "Das Handelshaus" eine recht gelungene und teilweise sehr spannende Unterhaltung, die im letzten Teil noch mal ganz stark anzieht.
Wer zwischendurch gerne historische Romane liest, wird Gefallen an diesem Buch finden.