Edmund Weitz ist vielen Mathematik-Interessierten durch seinen YouTube-Kanal bekannt, der mit über 60.000 Abonnenten und mehr als 2.200 Videos (Stand: Januar 2025) eine beeindruckende Reichweite hat. Als Professor für Mathematik und Informatik an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW) vermittelt er dort nicht nur mathematische Grundlagen, sondern macht auch Themen wie LaTeX und Python zugänglich.
Als Hobbymathematiker schätze ich besonders die Art, wie Prof. Weitz mathematische Konzepte vermittelt. Eine besondere Verbindung entstand, als er in seiner letzten Weihnachtsvorlesung von seinen ersten Programmierschritten auf einem HP41C erzählte bei mir waren es ähnliche Erfahrungen mit dem HP-67. Diese frühen Begegnungen mit programmierbaren Taschenrechnern haben bei vielen Mathematik-Enthusiasten unserer Generation die Faszination für die Verbindung von Mathematik und Informatik geweckt.
Diese Begeisterung für Mathematik und ihre Vermittlung zieht sich wie ein roter Faden durch Weitz' Arbeit und findet nun ihre Fortsetzung in seinem neuen Buch "Fünf unlösbare Rätsel der Mathematik". Er zeigt, dass die Erkenntnis der Unlösbarkeit bestimmter Probleme keineswegs ein Scheitern darstellt, sondern vielmehr einen wichtigen Meilenstein mathematischer Forschung markiert.
Weitz präsentiert fünf bemerkenswerte Probleme:
Das erste stammt aus der Antike und behandelt geometrische Konstruktionen wie z.B. Quadratur des Kreises, Dreiteilung eines Winkels mit Zirkel und unmarkiertem Lineal. 2500 Jahre lang versuchten sich Menschen an diesen Aufgaben, bis im 19. Jahrhundert ihre Unlösbarkeit bewiesen wurde.
Das zweite Problem beschäftigt sich mit Gleichungen fünften und höheren Grades, die nur unwesentlich komplizierter erscheinen als Schulaufgaben, aber prinzipiell nicht lösbar sind.
Das dritte Problem hinterfragt das Wesen der Geometrie selbst und erschütterte nicht nur mathematische, sondern auch philosophische Grundannahmen.
Das vierte Problem entstand aus dem ambitionierten Versuch, die uneingeschränkte Gültigkeit der Mathematik zu beweisen ein Unterfangen, das sich selbst als unmöglich herausstellte.
Das letzte Problem behandelt das Konzept des Unendlichen und zeigt, dass wesentliche Aspekte der mathematischen Objekte prinzipiell unergründlich bleiben werden.
Von Euklid bis Gödel, von Pythagoras bis Cantor begegnen wir den großen Denkern, die sich an diesen Rätseln versuchten. Kurt Gödel (Herr "Warum"), dessen bahnbrechende Unvollständigkeitssätze das vierte der unlösbaren Probleme betreffen, bewies, dass es in jedem ausreichend mächtigen mathematischen System Aussagen gibt, die weder beweisbar noch widerlegbar sind - eine Erkenntnis, die unser Verständnis von Mathematik grundlegend veränderte. Wie Georg Cantor, ein weiterer Protagonist des Buches, einmal sagte: "Das Wesen der Mathematik liegt in ihrer Freiheit" - eine Freiheit, die paradoxerweise gerade durch die Erkenntnis ihrer Grenzen noch deutlicher hervortritt.
Wie schon in seinen YouTube-Vorlesungen gelingt es Weitz auch hier, die Balance zwischen Zugänglichkeit und mathematischer Präzision zu halten. Er verspricht seinen Lesern, die Konzepte ohne spezielle Vorkenntnisse nachvollziehbar zu machen, weist aber auch darauf hin, dass die "Kunst des Lernens" - wie er die Mathematik in Anlehnung an die griechische Wortherkunft nennt - durchaus Geduld und intellektuelle Neugier erfordert.
Besonders spannend ist Weitz' Ansatz, diese scheinbar verschiedenen Probleme miteinander zu verbinden und zu zeigen, wie ihre Unlösbarkeitsbeweise nicht etwa Sackgassen darstellen, sondern zu neuen mathematischen Perspektiven und Erkenntnissen führten. Wie er treffend im Vorwort bemerkt: "Durch die Entdeckung des Unmöglichen ist die Mathematik nicht ärmer, sondern reicher geworden."
Die Lektüre dieses Buches hat mir als Mathematik-Enthusiast wieder einmal große Freude bereitet. Für alle, die sich für Mathematik interessieren und bereit sind, sich auf neue Perspektiven einzulassen, ist dieses Buch eine absolute Empfehlung.