Herbert Dutzler, selbst Jahrgang 1958, entführt seine Leser abermals in die späten 1960er und frühen 1970er-Jahre seiner Kindheit, die auch meine (Jahrgang 1960) sind, mit. Sigis Geschichte wird vom erwachsenen Siegfried, der nach dem Tod seiner Mutter das Elternhaus ausräumt, erzählt. Während der Betrachtung der alten Fotos kommen die Erinnerungen an seine Kindheit, die nicht immer nur eitel Wonne war, wieder hoch. Doch nicht nur Sigi erinnert sich. Auch ich habe ähnliche Erfahrungen. Ich bin mit meiner Mutter im Sommer 1966 mit eben so einem Bus von Wien in die Nähe von Rimini gefahren. Mein Vater ist nicht mitgefahren, denn als Kärntner hatte er für die "Katzelmacher" nur Verachtung übrig. Im Unterschied zu Sigis Familie hatten wir ein Zimmer mit Dusche und WC. Sogar ein Bidet hat es gegeben, in dem ich immer meine sandigen Füße gewaschen habe. Da ich - wie Sigi - mit Brille und pummelig war, habe ich ähnlich Erfahrungen im Turnen. Völkerball - ja, das ging gerade noch, aber Geräteturnen? Der Horror schlecht hin. Die aufmunternden Worte der Turnlehrerin (Fettsack, beweg dich) habe ich noch immer im Ohr. Schmunzeln muss ich, als Sigi über die Versandhauskataloge berichtet. Ich glaube, die Abbildungen mit dem Massagestab, den sich eine Frau an die Wange gehalten hat, haben mehrere Generationen von Kindern verwundert. Dass in Sigis Familie das Geld knapp war, war bei uns auch so. Wenn ich mir wieder einmal die (kratzige) Strumpfhose zerrissen habe, war das ein großes Drama, über das lange lamentiert wurde. Das oder die zerschunden Knie wurden mit der Bemerkung "Die Haut wachst wieder z'amm." und "bist heiratest ist alles wieder gut" quittiert. Herbert Dutzler, den ich ja vorrangig als Krimi-Autor kenne und schätze, lässt mit diesem Buch die Vergangenheit einer ganzen Generation auferstehen. Fazit:Ein wehmütiger (?) Rückblick zu Kindheit und Jugend in den 1960er- und 1970er-Jahren. Viele von uns haben ähnliche Erfahrungen gemacht. Gerne gebe ich diesem Buch 5 Sterne.