Eine sehr berührende Geschichte um die Vergangenheit und die Gegenwart, das Vergessen und das Erinnern.
"Eine Wunde heilt nur, wenn man sie gut behandelt. Ignorieren hilft nicht."Dieser Satz von Berta prägt die betagten Rotkreuzschwestern im Seniorenheim Herbstlust. Dort verbringen sie ihre letzten Tage, schwanken zwischen Vergessen und Erinnern, könnten mit ihren Geschichten ganze Bücher füllen, doch vielen kommen die Wörter, die Sätze, die Erinnerungen nicht mehr über die Lippen und das Pflegepersonal steht oft vor immensen Problemen den alten Damen in rechter und guter Weise zu begegnen. Die Autorin Susanne Ospelkaus nimmt uns mit auf eine Reise in die Vergangenheit und wir erleben anhand der Geschichte der Rotkreuzschwester Josefine, von vielen liebevoll einfach "Fine" genannt, was es heißt im Dritten Reich aufgewachsen zu sein mit einer menschenzerstörenden Ideologie, als junge Frau den Krieg erleben zu müssen und die furchtbaren Schrecken und Bilder für immer in der Seele zu haben. Josefine meldet sich als Rotkreuzschwester und findet sich in der Wüste Nordafrikas wieder mit ihrer Freundin Berta, eine Nebenfigur, die mir ganz besonders ans Herz gewachsen ist. Sie macht Bekanntschaft mit Harun, einem Helfer der Armee, und es entwickelt sich eine zaghafte Freundschaft. Doch der Krieg schreitet unbarmherzig voran und und Fine und Harun werden von einem Wüstensturm davongetrieben....Nun verbringt Fine ihre letzten Tage im Seniorenheim Herbstlust und wird dort vom Pflegepersonal vermehrt als verwirrt und aggressiv wahrgenommen. Einzig allein der Pfleger Yakob schafft es einen Zugang zu der zerbrechlichen alten Dame zu finden, denn Yakob hat lybische Wurzeln und versteht den arabischen Dialekt, in dem Fine redet und der für das restliche Pflegepersonal nur verwirrtes Zeug bedeutet. Fine geht Yakob nicht mehr aus dem Kopf, was hat die wunderschön filigran gearbeitete Gewandnadel mit ihr zu tun und vor allem mit ihm? Denn Yakob kommt auch seiner Familiengeschichte mit viel Mühe auf die Spur, auch wenn seine Eltern, die in Deutschland leben, nicht sehr auskunftsfreudig sind. So fügt es sich Schritt für Schritt, die Traumata der Vergangenheit und der Generationen ans Licht der Wahrheit zu bringen, Versöhnung zu erfahren und neue Wege zu gehen.Eine berührende Geschichte, die mal wieder klar macht, was unsere Großmütter und Großväter an Traumata zu bewältigen hatten und falls sie noch leben, immer noch haben. Der christliche Glaube kam mir in dieser Geschichte doch leider etwas zu kurz, dennoch fand ich es schön zu lesen.