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Produktbild: 18 Kilometer bis Ljubljana | Goran Vojnovi
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18 Kilometer bis Ljubljana

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"Das Leben ist ein Sonntagnachmittag, wie Radovan sagen würde. Lang und langweilig, und nimmt ein schlimmes Ende."Widerwillig kehrt Marko in seine alte Heimat zurück. In Fuzine, dem Vorort von Ljubljana, ist nichts mehr so, wie es war. Die Leute hängen nicht mehr in Trainingsanzügen vor dem Block ab. Die Jugendlichen beschmieren keine Aufzüge mehr und sehen jetzt aus wie brave Geklonte. Er gehört nicht mehr hierher und fühlt sich wie ein Außerirdischer. Seine Freunde sind Junkies oder zum Islam konvertiert, sein Vater hat einen Tumor und tut so, als ginge ihm das am Arsch vorbei. Nach zehn Jahren in der bosnischen Provinz bei Oma und Opa und nach einer unglücklichen Liebe zu einer abgefahrenen Muslimin versucht er dort, wo er nie zu Hause war, seinen Platz zu finden.

Produktdetails

Erscheinungsdatum
15. August 2023
Sprache
deutsch
Auflage
3. Auflage
Seitenanzahl
316
Reihe
Transfer Bibliothek
Autor/Autorin
Goran Vojnovi
Übersetzung
Klaus Detlef Olof
Verlag/Hersteller
Originaltitel
Originalsprache
slowenisch
Produktart
gebunden
Gewicht
516 g
Größe (L/B/H)
215/146/45 mm
ISBN
9783852568843

Portrait

Goran Vojnovi

Goran Vojnovic, geboren 1980 in Ljubljana. Bereits mit seinem Debütroman "Tschefuren raus!" hat er mit der Darstellung von Polizeigewalt einen öffentlichen Skandal ausgelöst. Ihm geht es stets unsentimental und doch berührend um Identitätssuche und kulturelle Offenheit. Auch als Filmregisseur entwirft er in starken Bildern ein Sittenbild der postjugoslawischen Gesellschaften. Vojnovic ist einer der erfolgreichsten slowenischen Schriftsteller der Gegenwart, seine Bücher sind in viele Sprachen übersetzt.

Klaus Detlef Olof ist der Grandseigneur der Übersetzer südslawischer Literaturen. Früher Professor an den Unis Klagenfurt und Graz. Er übersetzte France Preseren, Miroslav Krleza, Drago Jancar, Ana Schnabl u. v. a. Österreichischer Staatspreis für Übersetzung.

Pressestimmen

Irre komisch, irre rasant, irre großartig! taz Die Tageszeitung, Doris Akrap

Ein wahrhaft großes Stück europäischer Literatur. Bayerischer Rundfunk, Mirko Schwanitz

Besprechung vom 26.10.2023

Unter der Motorhaube

Welche Wunden haben die Jugoslawienkriege den Kindern von einst zugefügt? Goran Vojnovic schickt einen jungen Bosnier durch Ljubljana.

Da ist er wieder: Marko Dordic, vor zehn Jahren vom eigenen Vater aus Sorge um seine Sicherheit zur Verwandtschaft nach Bosnien geschickt, inzwischen zurück im Migrantenvorort Fuzine in Ljubljana, dort, so sagt er selbst, inzwischen ein Außerirdischer. Ein Idiot. Ein Tschefur: So werden im Slowenischen verächtlich die Zugewanderten aus den südlichen Republiken des ehemaligen Jugoslawiens bezeichnet. Für Marko und seine Freunde ist es ein Ehrentitel. Inzwischen schreiben wir das Jahr 2017, die slowenische Basketball-Nationalmannschaft macht ihren Weg durch die Europameisterschaft in Istanbul, um schließlich auf die serbische zu treffen, und Marko weiß nicht, wie es weitergehen soll. Warum er mit seinen 28 Jahren überhaupt zurückgekehrt ist, darüber gibt es in "18 Kilometer bis Ljubljana", dem neuen Roman von Goran Vojnovic, mehrere Geschichten.

Die eine: Radovan, Markos Vater, ist krank. Nur darf das niemand sagen, das Wort Krebs darf man schon gar nicht in den Mund nehmen. Der Alte wird fast wahnsinnig vor Angst, im verzweifelten Bestreben, die Diagnose zu ignorieren, den anstehenden Krankenhausaufenthalt und den Umstand, dort nicht mit den üblichen Kontakten seine Sonderbehandlung zu bekommen. "Wenn ich zu der Operation gehe, sollte jemand hier sein, bei Mama": Es ist ein langer Weg, bis Radovan das über die Lippen geht. Der zweite Grund: Marko hat sich auf einer Hochzeitsfeier in Bijeljina unten in Bosnien mit der aufgetakelten Begleitung eines örtlichen Kriminellen vergnügt. Ein Cousin, der bei der Polizei ist, hat Marko kurz danach einen guten Rat gegeben: Es wäre wohl ganz gut, mal für eine Weile von der Bildfläche zu verschwinden.

Und was ist mit Alma? Alma mit den "mörderischen Augen", die ihn damals gleich beim Kennenlernen angegrinst hat "wie ein Knirps, der einem anderen Knirps die Hosen heruntergezogen hat". Die erste Frau, die ihm ins Gesicht sagte, er sei süß. Deren Vater, inzwischen tot, allerdings zu den drei muslimischen Männern gehörte, von denen einer damals die Kirche in Visoko angezündet hat. So wie die Serben das Dorf niedergebrannt haben, in dem Almas Mutter lebte. Alle, Almas Familie und Markos, waren gegen diese Verbindung. Er wollte weg, sie musste weg, sie ging nach Singapur, sie hätte ihn mitgenommen. Und er hat gekniffen. "Alma", behauptet Marko jetzt in der für ihn typischen Mischung aus gespielter Gleichgültigkeit und emotionaler Wachheit, "habe ich längst vergessen, ich träume nur noch von ihr."

Als Radovan Marko mit ans Grab des Großvaters nimmt, in einer Rückblende der an Rückblenden ebenso wie an Auslassungen reichen Erzählung, will er darüber sprechen und kann zugleich nicht darüber sprechen, warum der Sohn die Finger von Alma lassen soll. "Ihr Alten habt euch gegenseitig abgeschlachtet", ereifert sich Marko schließlich, "und ich soll jetzt eure Scheiße fressen, was? Was habe ich mit all dem zu tun?"

Was Marko mit alledem zu tun hat und all das mit ihm: Darum geht es in "18 Kilometer bis Ljubljana", darum ging es auch schon in "Tschefuren raus!" von Goran Vojnovic, dem Anfang der Geschichte, vor zwei Jahren in deutscher Übersetzung erschienen. Und um Adi und Dejan und Aco, die Freunde von einst. Auf der Handlungsebene ist auch der neue Roman eine turbulente, oft brüllend komische Geschichte mit großen Plänen und verpatzten Aktionen, mit Eskalationen und Entgleisungen, mit Schlägern, Großmäulern und Feiglingen. Wer sich von diesen Gestalten nicht kirre machen lässt, wer die - von Klaus Detlef Olof mitreißend übersetzten - Ausfälligkeiten, Zoten, Anstand und Ehrgefühl in vielfältiger Weise störenden Kraftausdrücke nicht scheut, entdeckt darunter Persönlichkeiten, die mit den gesellschaftlichen Zuschreibungen, die sie beschränken, wenigstens ihren Spaß haben wollen. Die füreinander einstehen, umeinander wissen und in ihrem Mitgefühl allein dadurch gestoppt werden, dass sie eine solche Emotionalität einander nie verzeihen würden.

Auf der Figurenebene arbeitet Goran Vojnovic heraus, welche Spuren der Krieg in Jugoslawien bei denen hinterlassen hat, die damals Kinder waren, wie Haltlosigkeit und Gewaltbereitschaft einander bedingen. Und auf der sprachlichen Ebene findet Vojnovic in der vulgären, immer wieder aber auch von unwillkürlich aufgebotenen Bildungsfetzen durchsetzten Sprache seines Erzählers Marko Bilder von einiger Kraft und Frische. "Das Festnetz", heißt es an einer Stelle, "ist bei den Tschefuren ein Familienmitglied, wie Hunde und Katzen bei den Slowenen": Hier mischen sich die Kriegserinnerungen - auch bei Stromausfall war auf das Telefon Verlass - der einen mit ihrem Spott über den Lebensstil der anderen. Vater Radovan ist für Marko wie ein Golf 2 im Krankenhaus: "Der Arzt weiß nichts, bevor er nicht die Haube öffnet." Und über Adi, inzwischen den Drogen so verfallen, dass sich sein neuerdings streng muslimisch auftretender Bruder Sanel, der seine Frau "wie ein Ninja" gekleidet durch Ljubljana schickt, eigens Aufträge für ihn ausdenkt, damit Adi wenigstens gelegentlich von seinen Trips runterkommt: Bei dem wusste man nie, "ob er der größte Zar ist oder ob du ihm in den Arsch treten sollst wie einem Köter".

In "18 Kilometer bis Ljubljana" treffen Verzweiflung und Perspektivlosigkeit auf Situationskomik und Posertum. Ehe er sich's versieht, ist dem Leser dieser Marko Dordic schon wieder etwas näher ans Herz gewachsen. Und mit ihm seinesgleichen. FRIDTJOF KÜCHEMANN

Goran Vojnovic: "18 Kilometer bis Ljubljana". Roman.

Aus dem Slowenischen von Klaus Detlef Olof. Folio Verlag, Wien/Bozen 2023. 319 S., geb.

© Alle Rechte vorbehalten. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt.

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LovelyBooks-BewertungVon Ein LovelyBooks-Nutzer am 10.11.2023
Wer diesen Roman in die Hand nimmt, wird schon auf den ersten Zeilen feststellen, dass ihn eine Art literarischer Kampfhund anfällt, sich wüst knurrend, sabbernd, geifernd und mit reichlich spitzen Zähnen im mächtigen Gebiss festbeißt und nicht wieder loslässt - es sei denn, man legt das Buch beiseite. Was man unbedingt vermeiden sollte, denn hinter einer Nebelwand wüsten Gepöbels schimmert ein kleiner Schatz.Es ist die Geschichte einer Rückkehr in die Heimat aus einer Art Exil. Da sich beides in jenem Landstrich befindet, der mit ziemlich zerbeulten und verrosteten Namen "Ex-Jugoslawien" bezeichnet wird, ist es selbstverständlich kompliziert; und hierzulande wahrscheinlich nicht gerade mit Sachwissen überfrachtet.Einige Kenntnisse über die Nachwehen des Bürgerkrieges, der sich dem Staatszerfall anschloss, und die aufgeheizte politische Situation der Gegenwart erhöhen den Lesegenuss, denn das alles hinterlässt Echos und macht viele Andeutungen verständlich. Notwendig ist das nicht, umgekehrt erhält der unbedarfte Leser eine Art Crash-Kurs über das, was das komplizierte Durcheinander im Alltag anrichtet.Autor Goran Vojnovi¿ hat in seinem Roman "18 Kilometer bis Ljubljana" die Rückkehr seines Helden auf komische, oft geradezu groteske Weise inszeniert. Eigentlich ist es nämlich eine Flucht, denn in #Bosnien hat sich Marko in die falsche Frau (Muslimin) verliebt und mit den falschen Leuten angelegt, die ihn zwar nicht umbringen, aber via Beziehungen von der Polizei verfolgen lassen.Zuhause wartet ein schwer erkrankter Vater mit seiner Frau, deren Ehe eine Art wechselseitiger Belagerungszustand ist; die ehemaligen Freunde von Marko sind ihm fremd geworden, was Vojnovi¿ mit Genuss vor dem Leser ausbreitet. Und in allem rumort die Historie, von der sich Marko eigentlich freimachen will, was ihm jedoch nicht recht gelingt. Der Roman aber, der ist rundum gelungen. 
Von MarcoL am 05.11.2023

Fremde, Heimat, Ankommen die Suche nach dem Platz in der Gesellschaft.

Der Ich-Erzähler Marko Dordic erzählt von seinem Versuch, in seiner alten Heimat Slowenien wieder Fuß zu fassen. Zurück aus Bosnien, wo er sonst eine Haftstrafe hätte antreten müssen, bei seinen Eltern in Fuzine, ist er sich der quälenden Perspektivlosigkeit junger Männer willkürlich ausgesetzt. Nebenbei ist sein Vater an einem Tumor erkrankt. Dieser weigert sich aber strikt, diese Diagnose anzunehmen. Marcos Eltern stammten aus Bosnien, sind somit eigentlich Ausländer in Slowenien, Tschefuren. An und für sich ein Schimpfwort und es kommt im Roman sehr oft oft. In den Jahren, und auch durch den Balkankrieg, hat sich vieles geändert. Auch in Fuzine steht vieles auf Veränderung nicht nur der Ort an sich, auch die Menschen haben sich verändert. Marko erzählt von seinem Aufenthalt in Bosnien bei seinen Großeltern. Und von seiner ersten großen Liebe Alma, eine Muslimin. Alles birgt im Hintergrund Konfliktmaterial strenger Katholizismus versus Islam die Wunden des Krieges schwären immer noch nach. Seine Protagonist:Innen wählte der Autor mit viel Bedacht. Sie klingen authentisch, die Dialoge sind so, wie sie sein sollten und triefen von purer Realität. Familienzusammenhalt und die Konflikte des Erwachsenwerdens sowie fehlende Zukunftsperspektiven, Gefängnisaufenthalte, Drogenkonsum, prägen die Schreibart. Für meinen Geschmack schießt der Autor dabei übers Ziel hinaus. Die Sprache ist oftmals äußerst derb, wohl so, wie sich Zwanzigjährige wohl unterhalten. Ein Umstand, mit dem ich eigentlich gar nicht umgehen kann. Mehr als einmal wollte ich deswegen das Buch schon abbrechen. Und dennoch will man mehr von der Geschichte wissen Vojnovic hat meines Erachtens hier einen sehr guten Gesellschaftsroman verfasst, der sich einer gewissen Tiefe nicht entziehen kann. Realistisch und authentisch bis in die verbalen Entgleisungen hinein. Aber damit muss man Leser:In erst mal klar kommen. Dennoch schafft er es, Wut, Trauer, Hass und Liebe, Fürsorge über die Zeilen zu vermitteln.