Adelaide Faith versucht Zerbrechlichkeit einzufangen, aber der Funke springt nicht ganz über.
Ein melancholischer Roman über eine Frau, die in ihrer Therapie das einzige Stück Halt findet und sich dabei selbst zu verlieren droht. Adelaide Faith, ehemalige Channel-4-Redakteurin, lebt heute mit ihrer Tochter und ihrem Hund in Hastings. "Happiness Forever" ist ihr Debütroman.Worum geht's genau?Sylvie lebt ein kleines, geordnetes Leben: Sie arbeitet als Tierarzthelferin, kümmert sich um ihr verletztes Hündchen Curtains und telefoniert regelmäßig mit ihrem Freund Conrad. Doch wirklich lebendig fühlt sie sich nur während ihrer Therapiesitzungen: "Vielleicht mag ich die Therapie deshalb so gern. Weil es Ihr Job ist, mich in ein gutes Licht zu rücken." (S. 23), so Sylvie über die Therapeutin. Als diese ihr eine unerwartete Nachricht überbringt, muss Sylvie lernen, ohne diesen Fixpunkt zu existieren. Zwischen Selbstverlust und Selbstfindung sucht sie nach einem neuen Gleichgewicht, irgendwo zwischen Abhängigkeit, Liebe und dem Wunsch, endlich wirklich zu leben.Meine Meinung"Happiness Forever" ist ein stiller, introspektiver Roman über Einsamkeit, Sehnsucht und die fragile Grenze zwischen Heilung und Hingabe. Adelaide Faith erzählt in einer leichten, klaren Sprache, die sehr viel Raum für Interpretation lässt. In Sylvies inneren Monologen liegt teilweise eine poetische Kraft: "Ich habe das Gefühl, nur eine Ansammlung von Kontrollfunktionen zu sein, die darauf wartet, dass eine Person mit Gewissheit kommt und sie bedient." (S. 57)Trotzdem konnte mich das Buch nicht ganz überzeugen. Sylvies Besessenheit von ihrer Therapeutin empfand ich zunehmend als anstrengend und schwer nachvollziehbar. Viele Dialoge blieben an der Oberfläche, Themen wie Identität oder emotionale Abhängigkeit werden zwar angedeutet, aber nicht wirklich vertieft. Man muss sich vieles selbst zusammenreimen, was zwar literarisch reizvoll sein kann, hier aber oft distanziert wirkt.Auch der im Klappentext angekündigte Humor kam für mich kaum durch. Statt Leichtigkeit dominieren Nachdenklichkeit und Schwere. Die Gespräche zwischen Sylvie und der namenlosen Therapeutin wirken oft zäh; der Roman "plätschert" vor sich hin, ohne dass sich die Handlung spürbar entwickelt. Auch Sylvies Beziehung zu Chloe (meiner Lieblingsfigur) hätte viel Potenzial gehabt, bleibt aber zu sprunghaft erzählt, um mich emotional zu erreichen.Einige Passagen stechen dennoch hervor und wirken nach: "Ich denke, dass Leute in Büchern eher so sind, wie ich es von Leuten erwarte, eher als die Leute, denen ich im richtigen Leben begegne." (S. 96) oder "Ich find's beruhigend, zu glauben, dass es irgendwas Größeres ist. Denn dann bleibt das, was wir sind, vielleicht länger." (S. 180), das sind Zeilen, die man sich markieren möchte.FazitInsgesamt bleibt "Happiness Forever" für mich ein Roman mit großem Anspruch, aber begrenzter Wirkung. Ein Buch, das interessante Gedanken anstößt, aber in der Umsetzung zu wenig Dynamik entfaltet. Empfehlenswert für Leser:innen, die psychologische Romane und komplexe Innenwelten mögen, weniger für alle, die eine mitreißende Handlung oder emotionalen Sog erwarten. Danke an Netgalley Deutschland und Blumenbar für das Rezensionsexemplar ¿