An Geburtstagen gab es ein Ei zum Frühstück und zur Feier des Tages durfte man sich das Mittagsgericht für alle wünschen. Das hieß dann Geburtstagsessen. Meine Tante wünschte sich immer Matjes und als Nachtisch Eis.
Ansonsten war es in der Seniorenresidenz meiner Tante ähnlich wie in Hill Topp. Geburtstage wurden oft gefeiert, ohne dass die Jubilare wussten oder verrieten, wie alt sie waren.
In Hill Topp schrumpft das Leben auf kleine Dinge auf kleinem Raum. Vermeintlich gestohlene Perücken, der Besuch des Fußpflegers, ständige Wiederholungen, Puzzle und Erinnerungen, die wahr oder nicht sind, was für einen Unterschied macht das schon!?
Das Regiment in Hill Topp führt Mrs. McBryde mit eigennütziger und bewahrender Hand.
Die Bewohner-innen indes sind liebenswert schrullig, staubtrocken und sentimental und verfolgen mit akribische Leidenschaft ihren Spleen. Puzzeln, stricken, sammeln, musizieren, das letzte aus dem Leben herausquetschen, was es zu bieten hat. Wer sich daneben benimmt, wird degradiert und in Low Moor einquartiert.
Doch wer wäre nicht gerne in einer Seniorenresidenz, in der es einmal die Woche trockenen Sherry gibt und ein Hausmeister sexuelle Dienste anbietet?
Als COVID beginnt, muss die Belegschaft krankheitsbedingt das Feld räumen. Ohne die Begrenzungen des Alltags halten Albernheit und ein neuer Sinn von Freiheit Einzug in die geriatrischen Kreise.
Dem eigentlichen Roman folgt ein Pandemie-Tagebuch des über 80-jährigen Ich -Erzählers, dessen heitere Betrachtung zu den eigenen Gebrechen und Marotten See you later in einen herrlich selbst-ironischen Kontext betten.
Sei es die Erkenntnis, dass die eigene Routine, bestehend aus Isolation und dem Aufhalten in Innenräumen, nun von der Regierung gebilligt wird oder die fröhlichen Irrwege der Staatsmacht zwischen Inkompetenz und einem Leben in der Vergangenheit.
Alan Bennett beschreibt Hill Top mit viel englischem Humor einer gehörigen Portion Empathie und, natürlich, als einen Ort für die Exzentrischen und Einsamen. Das Gesamtpaket beider Erzählungen
ist eine Ode an das Individuum und an die Essenz des Lebens, das aus 1000 Anekdoten gestrickt ist. See you later gehört auf eine Bühne!
Alan Bennett ist so ein begnadeter Erzähler.