Bentley Little schießt mit seiner Triller-Groteske übers Ziel hinaus ...
"Die Gespräche verstummten und die versammelten Manager drehten die Köpfe nach vorne. Der Mann neben Matthews war groß und schlank. Er trug eine rote Fliege. Sein Haar war merkwürdig hellbraun, fast schon orange, und zu einem Bürstenschnitt frisiert, was seine ohnehin schon hohe Stirn noch riesiger erscheinen ließ. Seine Miene war ausdruckslos wie die eines Roboters, der darauf wartete, eingeschaltet zu werden. Bedächtig ließ er seine Augen über das sitzende Publikum schweifen, ohne an jemandem Bestimmtes hängen zu bleiben."STORYEine geplatzte Fusion und ein Softwarepaket, das weit hinter den Verkaufserwartungen zurückbleibt, veranlasst den CEO von CompWare, sich die Beratungsfirma BFG Associates zwecks Unternehmensoptimierung ins Haus zu holen. Zunächst sorgt der Berater Regus Pateff durch sein ungewöhnliches Auftreten für Kopfschütteln, doch bald bemerken die Mitarbeiter von CompWare, dass mit dem merkwürdigen Mann nicht zu spaßen ist. Einiges sind offensichtlich reine Schikanen, wie die Bombardierung mit E-Mails, extrem frühe oder späte Meetings und Termineinladungen, die unmöglich einzuhalten sind. Anderes gibt den Angestellten Rätsel auf, wie die skurrilen Einzelgespräche mit Pateff, die mit grotesken Gebeten eingeleitet werden und die in Räumen stattfinden, die nie jemand vorher in dem Gebäude bemerkt hat.Bald fallen bald die Schranken von Privatsphäre und der Selbstbestimmung. Der Berater scheint alles über die Angestellten von CompWare und deren Familien zu wissen, sein Vorgehen wird immer dreister und geschmackloser (bis hin zur sexuellen Belästigung); er schürt das Misstrauen innerhalb der Belegschaft, spielt Kollegen auf perfide Weise gegeneinander aus und plötzlich verschwinden und sterben sogar Mitarbeiter."Sie belassen es nicht dabei, zu beobachten und zu berichten. [...] Ich habe gehört, dass sie sich aktiv einbringen. Vielen Leuten gefällt das nicht. Ich meine, ihre Dienste sehen auf dem Papier gut aus, und sie haben einige Empfehlungen vorzuweisen, aber viele ihrer Klienten, nun, sie finden kein gutes Ende."MEINUNGMit "Der Berater" legt Bentley Little einen Thriller vor, der das Vorgehen moderner Unternehmensberatungen bis ins Groteske überspitzt. Alles fängt vergleichsweise harmlos an und selbst die ersten linken Manöver lässt man über sich ergehen. Schließlich will man nicht auf der Schwarzen Liste dieses merkwürdigen Mannes landen, und sich damit als Entlassungskandidat qualifizieren.Über eine weite Strecke macht das (für den Leser) Spaß. Eindringlich fesselt Little sein Publikum durch die schrittweise Verstärkung des Drucks und die unvorhersehbare Skurrilität des ganzen Geschehens. Als Identifikationsfigur gibt uns der Autor Craig Horne, Angestellter im mittleren Management, an die Hand, der für diesen Zweck wirklich exzellent gezeichnet ist. Integer, moralisch aufrecht und bereit, den Kampf aufzunehmen. Horne reagiert, wie auch der Leser reagieren würde, verfolgt dieselben Gedanken, stellt dieselben Fragen und teilt dieselben Ängste.Irgendwann verlässt Little allerdings den Bereich der Schwebe, in der alles noch irgendwie real, zufallsbestimmt und ein Produkt der überreizten Nerven der CompWare-Mitarbeiter sein könnte und übertritt die Grenze zum eindeutig Phantastischen. Ab da fällt die Spannung merklich in sich zusammen, der Roman ist plötzlich nur noch eine flache und zusammenhanglose Aneinanderreihung wahlloser Phantastik-Elemente. Auch die Enthüllung, was sich letztendlich hinter dem Berater verbirgt wirkt nur noch beliebig und hat keinerlei Effekt mehr.FAZITBentley Little schießt mit seiner Triller-Groteske übers Ziel hinaus und untergräbt damit die zuvor grandios aufgebaute Spannung.