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Produktbild: Mädchen, Frau etc. - Booker Prize 2019 | Bernardine Evaristo
Produktbild: Mädchen, Frau etc. - Booker Prize 2019 | Bernardine Evaristo

Mädchen, Frau etc. - Booker Prize 2019

Roman

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»Ein beeindruckender, leidenschaftlicher Roman über das Leben schwarzer britischer Familien, ihre Kämpfe, Schmerzen, ihr Lachen, ihre Sehnsüchte und Lieben. «
Jury des Booker-Preises

In »Mädchen, Frau etc. « verwebt Bernardine Evaristo die Geschichten schwarzer Frauen über ein Jahrhundert zu einem einzigartigen und vielstimmigen Panorama unserer Zeit. Ein beeindruckender Roman über Herkunft und Identität, der daran erinnert, was uns zusammenhält.

Die Dramatikerin Amma steht kurz vor dem Durchbruch. In ihrer ersten Inszenierung am Londoner National Theatre setzt sie sich mit ihrer Identität als schwarze, lesbische Frau auseinander. Ihre gute Freundin Shirley hingegen ist nach jahrzehntelanger Arbeit an unterfinanzierten Londoner Schulen ausgebrannt. Carole hat Shirley, ihrer ehemaligen Lehrerin, viel zu verdanken, sie arbeitet inzwischen als erfolgreiche Investmentbankerin. Caroles Mutter Bummi will ebenfalls auf eigenen Füßen stehen und gründet eine Reinigungsfirma. Sie ist in Nigeria in armen Verhältnissen aufgewachsen und hat ihrer Tochter Carole aus guten Gründen einen englischen Vornamen gegeben.

Auch wenn die Frauen, ihre Rollen und Lebensgeschichten in Bernardine Evaristos Mädchen, Frau etc. sehr unterschiedlich sind, ihre Entscheidungen, ihre Kämpfe, ihre Fragen stehen niemals nur für sich, sie alle erzählen von dem Wunsch, einen Platz in dieser Welt zu finden.

Stimmen zum Buch:

»Komplex, scharfsinnig, schmerzhaft, witzig, aufschlussreich und vor allem unterhaltsam. «
The Boston Globe

»Evaristos Fähigkeit, zwischen den Stimmen, Orten und Stimmungen zu wechseln, erinnert an eine außergewöhnliche Dirigentin und ihr Orchester. «
The Paris Review

»Sprüht vor Vitalität«
Financial Times

»Der Roman des Jahres. «
Washington Review of Books

Produktdetails

Erscheinungsdatum
18. Januar 2021
Sprache
deutsch
Untertitel
Roman. Originaltitel: Girl, Woman, Other. 13. Druckaufl. , 2022. gebunden mit Schutzumschlag.
Auflage
13. Druckaufl., 2022
Seitenanzahl
512
Autor/Autorin
Bernardine Evaristo
Übersetzung
Tanja Handels
Verlag/Hersteller
Originaltitel
Originalsprache
englisch
Produktart
gebunden
Gewicht
708 g
Größe (L/B/H)
216/146/42 mm
Sonstiges
gebunden mit Schutzumschlag
ISBN
9783608504842

Portrait

Bernardine Evaristo

Bernardine Evaristo, geboren 1959, wuchs als viertes von acht Kindern in London auf. Sie ist Professorin für Kreatives Schreiben an der Brunel University London und Präsidentin der Royal Society of Literature. Sie gewann als erste Schwarze Autorin den Booker-Preis für ihren Bestsellerroman Mädchen, Frau etc. (2021). Außerdem bei Tropen erschienen: Manifesto. Warum ich niemals aufgebe (2022), Mr. Loverman (2023) und Zuleika (2024).

Tanja Handels, geboren 1971, lebt und arbeitet in München, wo sie englischsprachige Literatur von Zadie Smith, Toni Morrison, Nicole Flattery und vielen anderen übersetzt. Für ihre Arbeit wurde sie u. a. mit dem Heinrich Maria Ledig-Rowohlt-Preis ausgezeichnet.


Pressestimmen

»Evaristos Heldinnen sind fehlbar, verletzlich, voller Leben. «Sonja Zekri, SZ, 17. /18. Juli 2021 Sonja Zerki, Süddeutsche Zeitung

»Evaristos Roman durchmisst die Geschichte Englands als sukzessive postkoloniale Befreiungsbewegung, die Fragen von Gender und Race, und sogar den Brexit thematisiert. [ ] Mädchen, Frau etc. ist ein feministischer Roman, ein Roman über das multikulturelle London, aber auch ein Roman, der noch vieles mehr kann. «Anna Auguscik, Deutschlandfunk, 11. Februar 2021 Anna Auguscik, Deutschlandfunk

»Hat viel Witz und eine mitreißende Sprache. «Martina Sulner, Sonntag, 08. Februar 2021 Martina Sulner, Der Sonntag

»Tatsächlich ist jedes Leben so präzise und individuell geschildert, in einer rhythmischen Sprache, die die Grammatik ins Schwingen bringt, dass man den Roman, einmal begonnen, nicht mehr aus der Hand legen möchte. «Xaver von Cranach, Spiegel Kultur, 26. November 2021 Xaver von Cranach, SPIEGEL Online

»Provokation mit einem gehörigen Schuss Humor. Ein exzellentes Buch. «Uwe Grosser, Heilbronner Stimme, 05. Juni 2021 Uwe Grosser, Heilbronner Stimme

»Ganz großes Kino, wie die Autorin ihre Familiennetze knüpft und dabei bis in das 19. Jahrhundert zurückgeht. [ ] Selten habe ich ein Buch derart ungern aus der Hand gelegt. «Angelika Herzog, Recklinghäuser Zeitung, 15. April 2021 Angelika Herzog, Recklinghäuser Zeitung

»[ ] Voller Witz und Einfühlungsvermögen. «Renate Kraft, L. MAG, April 2021 Renate Kraft, L-Mag

»Mädchen, Frau etc. ist in vielerlei Hinsicht ein Buch, wie man es so noch nicht gelesen hat. [. . .] Zwölf Lebensgeschichten werden erzählt [. . .]. Jedes Leben, jeder Satz, jedes Wort hat seine Berechtigung. Zwölfmal Leben, Liebe, Leiden, zwölfmal Aufstieg und Abstieg, zwölfmal Hoffnungen, die enttäuscht werden, und Ängste, denen sich gestellt werden muss. «Xaver von Cranach, Zeit Bestsellerheft, April 2021 Xaver von Cranach, Zeit Bestellerheft

»ein packender Roman, rappelvoll mit Geschichten über unvergessliche Frauen, die so manche zurzeit hitzig geführte politsche Debatte lässig entkräften. «Renzo Wellinger, Kulturtipp, 30. März 2021 Renzo Wellinger, Kulturtipp

»Evaristos literarische Wunderwaffe ist Empathie«Profil, 28. März 2021 Profil

»Mädchen, Frau etc. ist für mich ein Instant Classic und wird somit Teil meines selbstaffirmativen Mosaiks. «Joy Denalane, Die Zeit, 25. März 2021 Joy Denalane, Die Zeit

»Das Erfrischende an Evaristos Roman: er glaubt an die Möglichkeit von Veränderung, sogar in Brexit-Großbritannien. «Sigrid Löffler, FALTER, 23. März 2021 Sigrid Löfffler, FALTER

»Bernadine Evaristo erlaubt tiefe Einblicke, moralisiert und wertet nicht, sondern fabuliert differenziert und divers, lustvoll und literarisch jenseits von Hautfarbe, Geschlecht und sexueller Orientierung. Und fügt mit Mädchen, Frau etc. der mythischen Zahl 12 eine ganz neue Dimension hinzu. Mehr Menschsein geht nicht. «Barbara Renno, SR 2, 08. März 2021 Barbara Renno, SR 2 KulturRadio

»Dieser Ausnahmeroman ist eine Schule gegen Schwarz-Weiß-Denken. [ ] Evaristo erzählt [ ] mitreißend, lebendig und amüsant. «Denis Scheck, Lesenswert Quartett Denis Scheck, lesenswert Quartett

»Ein großer Roman wie für unsere Gegenwart geschrieben und doch keiner, der dem Zeitgeist hinterherläuft. «Rainer Moritz, Chrismon, März 2021 Rainer Moritz, Chrismon

»Bernardine Evaristo stemmt sich mit ihrem preisgekrönten Roman Mädchen, Frauen etc. gegen falsche Erwartungen und verzerrende Sichtweisen in Fragen von Gender, Rassismus und Diversität. [ ] Ein im wahrsten Sinne grenzüberschreitendes, fluides und hochintelligentes Diversitätsereignis«Ingo Petz, Neues Deutschland, 21. Februar 2021 Ingo Petz, nd

»Es ist die Spezialität dieser Autorin, jedes dieser Leben sehr genau und detailreich zu beschreiben, ohne auch nur mit einem einzigen Satz zu langweilen. Man folgt ihr gebannt in die unterschiedlichen Lebensentwürfe, die am Ende so genial alle miteinander verwoben sind. «Manuela Haselberger, Freie Presse, 20. Februar 2021 Manuela Haselberger, Freie Presse

»Ihr Buch ist ein wichtiges, kämpferisches Stück Literatur, das ausgesprochen lesbar ist. «Nicole Tauer, Die Rheinpfalz, 20. Februar 2021 Nicole Tauer, Die Rheinpfalz

»Selten werden die Themen der Stunde so unterhaltsam verhandelt wie von Bernadine Evaristo. [ ] Das Faszinierende an diesem jüngsten ihrer neun Romane ist nicht allein die Vielfalt der zwölf Lebensgeschichten, die sie zum Porträt der Gesellschaft fügt. Es ist auch die Leichtigkeit, mit der sie deutlich macht, dass und wie alles zusammenhängt: miteinander und mit der Geschichte des Rassismus in Großbritannien. «Janina Fleischer, Hannoversche Allgemeine Zeitung, 16. Februar 2021 Janina Fleischer, Hannoversche Allgemeine Zeitung

»Hautfarbe, so die Erkenntnis am Ende der gut fünfhundert Seiten, sagt erst einmal noch nicht besonders viel über einen Menschen. Das klingt redundant, ist aber angesichts der kaum auszurottenden stereotypen Darstellungen sogenannter Quotenminderheiten leider immer noch nötig. Wenn diese Einsicht allerdings am Ende eines Buches steht, das weitgehend auf erhobene Zeigefinger verzichtet und stattdessen auf Formwillen, Leichtigkeit, Wärme und Humor setzt, ist das keine ganz schlechte Bilanz. « Andrea Diener, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13. Februar 2021 Andrea Diener, FAZ

»Ein großer Wurf. [ ] Bernadine Evaristo ist eine intelligente Erzählerin mit Talent zur Selbstironie. [ ] Die Schriftstellerin kennt keine Berührungsängste, taucht ein ins pralle Leben ihrer zwölf Heldinnen. «Bettina Ruczinsky, Sächsische Zeitung, 10. Februar 2021 Bettina Ruczinsky, Sächsische Zeitung

»Der Roman ist ein breites Kaleidoskop der britischen Gesellschaft. «Anna Vollmer, FAS, 31. Januar 2021 Anna Vollmer, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung

»Eine ungeheure Vielfalt an Lebenswirklichkeiten und -problemen. «Michael Wurmitzer, Der Standard, 29. Januar 2021 Michael Wurmitzer, Der Standard

»Ein überfälliges Buch, das Lese-Horizonte erweitert. «Theresa Hübner, WDR, 21. Januar 2021 Theresa Hübner, WDR 5

»Wenn der Zeitgeist je einen Roman hervorgebracht hat, der zu 100 Prozent identisch mit diesem ist, so ist es dieser. Diversity als Erzählprogramm, Intersektionalität als Poetologie, wokeness als Ästhetik: der erste Roman unserer Gegenwart, der einer streng identitätspolitischen Familienaufstellung folgt. [. . .] Dank der süffigen, temporeichen und witzigen Erzählweise (in so einem freejazzhaft swingenden Stil, dessen Sätze wie in einem einzigen Flow punktlos ineinander übergehen) ist Mädchen, Frau etc. weder Agitprop noch saurer Kitsch [. . .]. Sagen wir so: Es ist ein vergnüglicher Roman, der es wert ist, darüber herzlich zu streiten. « Ijoma Mangold, Zeit, 20. Januar 2021 Ijoma Mangold, Die Zeit

»Wer sind überhaupt Wir? In Evaristos Buch Frau, Mädchen, etc. ist das Wir ein Dutzend schwarzer Frauen, deren Geschichten über je rund 30 Seiten erzählt werden und die die 62-jährige Professorin für Kreatives Schreiben darüber hinaus kunstvoll miteinander vernetzt. «Aspekte, 15. Januar 2021 Aspekte

»Ein Buch, in das ich immer noch verliebt bin. [ ] Ich habe mich unfassbar gern in diesem schillernden Menschenkaleidoskop aufgehalten und freue mich darauf, das Buch ein zweites Mal zu lesen. «Olivia Wenzel, Süddeutsche Zeitung, 29. Dezember 2020 Olivia Wenzel, Süddeutsche Zeitung

»Im 21. Jahrhundert ist es mehr denn je eine der größten Herausforderungen, das Zusammenleben zu lernen, uns gegenseitig anzuerkennen und wahrzunehmen. Trotz der oberflächlichen Unterschiede. Die Geschichten der Frauen in diesem Buch zeigen uns auf eindrückliche Weise, wie das erreicht werden kann. «Barack Obama»Ein wundervolles Buch, das es schwer macht, danach etwas zu lesen, das nicht ebenso herzergreifend, clever gestrickt und humorvoll ist. «Mein/4, Juni 2021 »Ein großartiges Gesellschats-Kaleidoskop. [. . .] Evaristo erzählt mit genauem, auch gnadenlosen Blick, pointiert und ironisch von den Dingen, die zu lange im Schatten standen und bis heute stehen. «ttt, 14. Februar 2021

Frankfurter Allgemeine Zeitung - RezensionBesprechung vom 31.01.2021

Willkommen in der Realität

Bernardine Evaristos Roman "Mädchen, Frau etc." erzählt Geschichten, die der Literatur noch fehlen.

Um zu wissen, wie die Realität aussieht, braucht es zuweilen Zahlen und Statistiken. Zum Beispiel diese: Der Nobelpreis für Literatur wird seit über hundert Jahren vergeben, gewonnen hat ihn eine einzige schwarze Frau, Toni Morrison. Vor fast dreißig Jahren. Tja, wenn es eben keine andere gab?, ist dann gern zu hören, meist von denen, die es aufgrund von Hautfarbe und Geschlecht deutlich leichter haben im Literaturbetrieb. Der britischen Schriftstellerin Bernardine Evaristo ist viel daran gelegen, diesen Zustand zu ändern. Als eine der wenigen schwarzen Professorinnen in Großbritannien und, ganz besonders, mit ihren Büchern. In ihren neuesten Roman "Mädchen, Frau etc.", der jetzt in deutscher Übersetzung erschienen ist, habe sie deshalb "so viele schwarze Frauen wie möglich" hineinschreiben wollen, sagte Evaristo in einem Interview. Zwölf sind es geworden, viele davon lesbisch, eine wird sich im Verlauf der Geschichte nicht mehr als Frau identifizieren.

Bernardine Evaristo wurde 1959 in London als Tochter einer englischen Mutter und eines nigerianischen Vaters geboren. Schon in den achtziger Jahren begann sie zu schreiben, zunächst Theaterstücke, später Romane und Lyrik. Seit Jahren unterrichtet sie kreatives Schreiben an der Brunel University London. Doch obwohl "Mädchen, Frau etc." ihr achtes Buch ist, war sie auch in Großbritannien nicht sonderlich bekannt, bis sie 2019 den renommierten Booker Prize gewann. Nicht allein, sondern gemeinsam mit Margaret Atwood, die den Preis für "Die Zeuginnen" bekam, was viele zu der Frage veranlasste, warum die erste schwarze Frau in der fünfzigjährigen Geschichte des Preises sich diesen nun auch noch teilen müsse. Evaristo war das egal, sagte sie in der BBC-Sendung "Desert Island Discs": "Ich wollte diesen Preis unbedingt, und ich wäre kein bisschen glücklicher, wenn ich ihn allein bekommen hätte."

Zu erzählen, worum es in "Mädchen, Frau etc." geht, ist nicht ganz einfach, denn es geht um ziemlich viel. Der Roman ist ein breites Kaleidoskop der britischen Gesellschaft, in dem neben den zwölf Hauptfiguren auch noch eine ganze Reihe anderer Charaktere vorkommt. Jeder der zwölf Figuren ist ein eigener Abschnitt des Romans gewidmet, wobei sie in den jeweils anderen Abschnitten auch immer wieder als Nebenfiguren auftauchen. So lernt man beim Lesen nicht nur die Innensicht der Protagonistinnen kennen, sondern erfährt auch, was andere über sie denken. Was bedeutet, viele der Schlüsse, die man aus der bisherigen Erzählung gezogen hat, noch einmal geraderücken zu müssen.

Evaristo hat ihren Stil selbst "fusion fiction" getauft. Nur am Ende jedes Kapitels macht sie einen Punkt, die Sätze dazwischen sind durch Absätze und Kommata getrennt, manchmal auch wortweise, was an Lyrik erinnert, die es aber nicht ist. So heißt es über Dominique, eine zu diesem Zeitpunkt junge, lesbische Theatermacherin:

"ein, zwei Mal versuchte sie es mit Jungs

ihnen gefiel es

sie ertrug es"

Evaristos ungewöhnliche Art zu schreiben geht nicht auf Kosten der Lesbarkeit, im Gegenteil. Man liest eher zu schnell als zu langsam und muss aufpassen, keine der vielen Anspielungen und Ebenen zu verpassen, die der Roman zweifellos hat. Denn die zwölf individuellen Geschichten, die hier erzählt werden, funktionieren vor allem auch wegen ihres gesellschaftspolitischen Hintergrunds. In etlichen Dialogen werden die unterschiedlichen Positionen zu so ziemlich allen aktuellen Debatten verhandelt, die wir gerade so führen: Bekämpft man Rassismus, indem man auf Hautfarben achtet oder sie ignoriert? Wen schließt der Feminismus ein und wen nicht? Dürfen wir Opfer-Hierarchien aufstellen? Ist Twitter ein Mittel, um Ungehörten eine Stimme zu geben, oder führt es zu einer Banalisierung der Debatte? Angesichts der Fülle an Informationen und Denkanstößen stellt sich zugegebenermaßen an manchen Stellen ein kurzes Ermüdungsgefühl ein. Andererseits ist die Realität nun einmal komplex und anstrengend, warum also sollte ein Roman, der sie abbilden will, es nicht auch sein?

Abgesehen davon sorgt die Entscheidung, den Figuren jeweils einen eigenen Abschnitt zu widmen, auch dafür, dass der Roman keinesfalls so krawallig ist, wie Diskussionen zu bestimmten Themen zuweilen geführt werden. Denn durch den Einblick in die verschiedenen Figuren wird deutlich, dass deren gegenseitige Einschätzung oft auf Unkenntnis, Missverständnissen oder voreiligen Schlüssen beruht. Und dass es für viele Standpunkte eben durchaus zwei legitime Sichtweisen gibt, obwohl man vermuten kann, welche davon Evaristo selbst teilt. Trotzdem schildert sie alle Figuren mit großer Empathie und vor allem sehr viel Humor. Sogar Penelope, einer rassistischen Lehrerin, wird bis zu einem gewissen Grad Verständnis entgegengebracht, und ihre Geschichte nimmt ein versöhnliches, ja kitschiges Ende.

Dass "Mädchen, Frau etc." trotz der Schwere mancher Themen kein bisschen düster, sondern wahnsinnig unterhaltsam und sehr hoffnungsfroh ist, liegt auch daran, wie scheinbar mühelos Evaristo von Komik zu Ernst wechseln kann. Einige Figuren sind maßlos überzeichnet: Nzinga, die "abstinente, vegane, nichtrauchende, radikalfeministische, separatistische Lesbe", der ihr eigentlicher Name Cindy zu schnöde war, entpuppt sich recht schnell als so dogmatisch, wie sie klingt. Dieser Dogmatismus, mit dem sie auch denjenigen zu Leibe rückt, die schwarze Unterwäsche tragen (rassistisch), verwandelt sich bald in waschechte Unterdrückung.

Anstrengend wird "Mädchen, Frau etc.", wenn sein Ton weniger nach Roman als nach progressivem Uniseminar klingt und die Handlung dann doch etwas überlastet wirkt. In einer Geschichte geht es um Megan, die später zu Morgan werden wird. Obwohl sie in den neunziger Jahren geboren wurde, hat sie erstaunlicherweise bisher verpasst, "dass Feminismus gerade ein Riesending war". Trotzdem schafft sie es, nach erfolgreicher Google-Suche im richtigen Chatroom für trans Personen zu landen, wo die hyperaufgeklärte trans Frau Bibi ihr erst mal erklärt, wie es läuft: "du siehst also, Megan, ich habe am eigenen Leib erfahren, wie Frauen benachteiligt werden, und deswegen bin ich nach meiner Transition auch Feministin geworden, intersektionale Feministin, denn es geht ja nicht nur um Gender, sondern auch um Rassifizierung, Sexualität, Klasse und andere Kategorien, mit denen wir trotzdem ganz unreflektiert leben".

Wenn einige dieser Passagen auch sehr lustig persifliert werden ("es verstörte Megan, dass Bibi sich als Mansplainerin entpuppte") und sicher nicht immer ganz ernst gemeint sind, merkt man ihnen doch an: Hier soll gezeigt werden, dass das Buch auf der Höhe seiner Zeit ist und gleichzeitig all diejenigen abholen und aufklären will, die von diesen Debatten bisher noch nichts gehört haben.

Der Glaubwürdigkeit der Szenen ist das nur bedingt zuträglich, besonders weil sich diese Passagen vom Rest der Geschichte abheben. Denn zu großen Teilen ist "Mädchen, Frau etc." eben kein Thesenroman, der allen die Welt erklären, sondern Empathie schaffen möchte. Was man auch daran sieht, dass Megans anfängliche Unwissenheit Bibi zwar vor den Kopf stößt, aber nicht unverzeihlich ist. Gerade weil der Roman an vielen Stellen so nuanciert erzählt, wie schwierig es zuweilen sein kann mit der Kommunikation und der gegenseitigen Akzeptanz, wünschte man sich an anderer Stelle mehr Subtilität. Müssen Rollenklischees, die es ja wahrlich noch gibt, ausgerechnet dadurch illustriert werden, dass 13-jährige Mädchen gezwungen werden, Biskuittorte zu backen?

Die Geschichte von Megan, die zu Morgan wird, ist dann berührend, wenn sie schildert, wie Megan zunehmend klarwird, dass sie sich als Frau nicht wohl fühlt, und wie kompliziert und schmerzhaft der Prozess ist, dies anerkennen und benennen zu können. Um das zu verstehen, muss man nicht auf dem neuesten Stand der Genderforschung sein, sondern einfach nur ein bisschen Empathie und Verstand mitbringen.

Die Überzeugungskraft der einzelnen Figuren hat oft weniger mit deren Geschichte als mit ihrer Sprache zu tun. Tanja Handels Übersetzung ist fast immer sehr gelungen, aber Jugendsprache ist eine heikle Sache: Würde eine Gruppe junger Frauen von sich selbst tatsächlich als von den "Unverarschbaren" sprechen? Doch so unlocker manche Formulierungen auch sind, so genial sind andere. In den besten Szenen gelingt es Evaristo, die Entwicklung ihrer Figuren in wenigen Sätzen wiederzugeben. Da ist zum Beispiel Carole, Tochter einer alleinerziehenden nigerianischen Mutter namens Bummi. Durch harte Arbeit hat sie den sozialen Aufstieg geschafft, in Oxford studiert und arbeitet nun in der Londoner Bankenwelt. Dort hat sie sich vollends assimiliert und sitzt nun Bummi in deren kleiner Küche gegenüber, um ihr, wie sie sagt, etwas mitzuteilen: "Ich habe mich verlobt, Mutter." Wahrscheinlich gibt es kaum bessere Sätze, um die Verstocktheit der britischen Oberschicht in wenige Worte zu packen. Dass Bummi sich darüber ärgert, "Mutter" genannt zu werden, versteht sich deshalb von selbst.

Nicht nur die Geschichte von Carole und Bummi ist so komplex, dass sich damit problemlos ein eigener Roman füllen ließe. Auch viele andere Figuren würde man gerne länger begleiten, als es in einem Buch, dem es um die Darstellung von Vielfalt geht, nun einmal möglich ist. Das ist nicht unbedingt ein Nachteil. Vielmehr kann man "Mädchen, Frau etc." auch als Einladung verstehen, mehr Geschichten zu lesen, die man so eben noch nicht gehört hat.

ANNA VOLLMER

Bernardine Evaristo: "Mädchen, Frau etc.". Roman. Aus dem Englischen von Tanja Handels. Tropen Verlag, 512 Seiten

© Alle Rechte vorbehalten. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt.

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Großartig. Durchgesuchtet. Ich liebte den Stil, die Thematiken, die Perspektiven. Die Fähigkeit, eine Geschichte aus mehreren Perspektiven darzustellen, ist grandios. "Frau Girl etc."  ist ein brillanter, einfühlsamer Roman, der das facettenreiche Leben von Frauen of Color, in Großbritannien erforscht. Die Autorin erzählt die Geschichten von zwölf unterschiedlichen Charakteren in einer kunstvollen, vielschichtigen Weise, die die Themen Identität, Geschlecht, Sexualität und soziale Klasse geschickt verwebt. Der Roman beeindruckte mich durch seinen einzigartigen Schreibstil, der Poesie und Prosa kombiniert. Ohne auf Satzzeichen und klassische Erzählstrukturen angewiesen zu sein, schafft Evaristo eine Dynamik, die dem Werk eine hohe Lebendigkeit verleiht. Die Figuren wirken authentisch und lebendig - jede von ihnen ist komplex, hat eine eigene Stimme und eine persönliche Geschichte, die sich oft in unerwarteten, berührenden Momenten entfaltet. Zudem toll ist Evaristos Fähigkeit, tiefgreifende gesellschaftliche Fragen in die Geschichten der Charaktere einzuflechten, ohne belehrend zu wirken. "Frau Girl etc." fordert die Leserinnen und Leser auf, sich mit Fragen von Rassismus, Sexismus und Identität auseinanderzusetzen, und vermittelt gleichzeitig eine inspirierende Botschaft von Selbstfindung und Ermächtigung.
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