Cecelia Ahern kann schreiben, das steht außer Frage. Ihre Prosa fließt wie warmer Honig, jeder Satz sitzt handwerklich perfekt, und die Atmosphäre der verregneten irischen Landschaft wird so eindringlich eingefangen, dass man fast das Prasseln der Tropfen auf den Blättern hört. Doch manchmal reicht schöner Stil eben nicht aus und "Den Sturm zu überleben ist nur der Anfang" ist leider ein Paradebeispiel dafür.
Das Grundgerüst klingt vielversprechend: Ärztin Enya erlebt in einer stürmischen Nacht ein Trauma, das ihr bereits fragiles seelisches Gleichgewicht endgültig zum Kippen bringt. Sie flieht aufs Land, sucht Heilung unter einem uralten Baum. Die Metaphorik des Sturms als innerer Aufruhr, das könnte funktionieren. Tut es aber nicht.
Mein größtes Problem liegt in Enyas Charakterzeichnung. Ahern erzählt uns zwar von ihren inneren Dämonen, aber sie zeigt sie uns nicht wirklich. Enya bleibt seltsam blass, eine Projektionsfläche für die Autorin statt einer lebendigen Figur. Ihre Reaktionen wirken oft konstruiert, ihre Entscheidungen nicht nachvollziehbar. Warum gerade diese Nacht der Wendepunkt sein soll, erschließt sich mir nicht zumal die Vorgeschichte nur angedeutet bleibt.
Dazu kommt ein strukturelles Problem, das mich als Lektor besonders stört: Der Roman kämpft mit seinem eigenen Rhythmus. Nach dem dramatischen Auftakt passiert im Mittelteil erschreckend wenig. Enya wandelt zwischen Baum und Cottage hin und her, grübelt, erinnert sich, grübelt noch mehr. Das mag therapeutisch sinnvoll sein, ist aber erzählerisch zäh wie Kaugummi. Und dann, als hätte Ahern plötzlich gemerkt, dass sie noch ein Ende braucht, wird alles hastig zusammengerafft. Die Auflösung fühlt sich an wie ein aufgeklebtes Happy End, das den trägen Mittelteil überkompensieren soll.
Der größte Logikfehler liegt meiner Ansicht nach in der Grundprämisse: Eine Ärztin, die täglich mit Leben und Tod konfrontiert ist, bricht ausgerechnet bei diesem Fall zusammen? Die Begründung bleibt schwammig, die psychologische Glaubwürdigkeit leidet.
Schade eigentlich. Ahern beherrscht ihr Handwerk, sie kann Stimmungen schaffen und Bilder malen. Aber hier hat sie eine Geschichte erzählt, die nicht erzählt werden wollte, zumindest nicht so. Manchmal sind die schönsten Sätze eben doch nur Kosmetik für ein brüchiges Fundament.
Für Ahern Fans, die ihren Stil schätzen, trotzdem lesbar. Alle anderen greifen besser zu ihren stärkeren Werken.