Besprechung vom 10.01.2025
Das Mainzer Schloss im Wandel
MAINZ Wie aus der einstigen kurfürstlichen Residenz die "Gut Stubb" der Bürger wurde, steht im Mittelpunkt eines neu erschienenen Grundlagenwerks.
Von Markus Schug
Was macht man mit einem Schloss, wenn es keinen Kurfürsten mehr gibt? Der Frage, wie die "bürgerliche Geschichte" des seit Anfang des 19. Jahrhunderts eigentlich nicht mehr benötigten Mainzer Profanbaus weitergegangen ist, widmen sich der Historiker Michael Matheus, der Kunsthistoriker Georg Peter Karn und ihre Mitautoren auf punktgenau 400 Seiten. Was in der Neuerscheinung "Das Mainzer Bürgertum im Schloss" noch dazu durch insgesamt 271 Abbildungen anschaulich dargestellt wird.
Die Transformationsgeschichte des Schlosses reicht von der 1793 ausgerufenen Mainzer Republik und dem in der ehemaligen Residenz 1802 zu erlebenden Gerichtsprozess gegen den Räuberhauptmann Schinderhannes über die spätere Nutzung des Gebäudes als Ausstellungs- und Museumsraum. Ein vorläufiges Ende fand diese mit der fast vollständigen Zerstörung des Schlosses während Luftangriffen im Zweiten Weltkrieg.
Weil sich die Mainzer jedoch rasch an den Wiederaufbau ihrer dereinst aus der Martinsburg hervorgegangenen Stadtresidenz machten, konnte dort schon 1950 wieder Fastnacht gefeiert werden. Und bis heute halten die Narren dort Hof, wenn an den tollen Tagen die Fernsehsitzung "Mainz bleibt Mainz" live aus dem Kurfürstlichen Schloss in alle Welt gesendet wird.
Bei genauerem Hinschauen wird aber schnell deutlich, dass der noch immer gut gebuchte Tagungs- und Veranstaltungsort dringend modernisiert und umgestaltet werden müsste. So gesehen darf das vom Nünnerich-Asmus Verlag gedruckte und im Auftrag der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE) geschaffene Grundlagenwerk nicht nur als Dokumentation und Rückschau verstanden werden.
Mit Blick auf die notwendige Sanierung, über die schon lange gesprochen wird, sei es einerseits wichtig, das Kurfürstliche Schloss als herausragendes Kunstdenkmal der Renaissance und des Barocks zu würdigen, heißt es auf einer der ersten Buchseiten. Dabei sollte man aber nicht vergessen, welche Bedeutung der Ort in den vergangenen zwei Jahrhunderten für die Bürger der Stadt hatte.
Dazu passt, dass der wegen Bauarbeiten aktuell seines Rathauses beraubte Mainzer Stadtrat neuerdings regelmäßig im Schloss zusammenkommt, um Beschlüsse zu fassen. Irgendwann vielleicht auch wieder zur Zukunft des einstigen Herrschersitzes, der letztlich zum modernen Kultur- und Kongresszentrum werden soll.
Michael Matheus und Georg Peter Karn (Hrsg.): Das Mainzer Bürgertum im Schloss. Transformation einer kurfürstlichen Residenz. 400 Seiten mit 271 Abbildungen. Nünnerich-Asmus Verlag, 2024. 40 Euro. ISBN 978-3-96176-290-3.
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