Besprechung vom 29.12.2024
Besondere Vorkommnisse
Am Kap vorbei
Es gibt wenig Unterhaltung, die einen im deutschen Dezember so auffängt wie diese, die dieses Label, völlig zurecht, von sich weisen würde: die Vendée Globe, jenes Rennen der 40 Weltumsegelnden, das man seit dem 10. November in der gleichnamigen App am Handybildschirm verfolgen kann. Man fühlt sich abenteuerlich und geborgen zugleich, wenn man in der U-Bahn nach dem Schwarm kleiner bunter Segelboote schaut und den allerschönsten Spuren, die er hinterlässt. Denn auf der Route von Les Sables-D'Olonne an der französischen Atlantikküste, runter zum Kap der Guten Hoffnung, entlang der "Antartic Exclusion Zone", vorbei an Australien, Neuseeland, dem Niemandspunkt Point Nemo, ums Kap Hoorn und zurück durch den Atlantik hinterlassen die Segelnden Bilder, Videos und Sprachnachrichten, die man durchblättern kann wie Tagebücher. Da ist zum Beispiel ein Video der Schweizerin Justine Mettraux, das zeigt, wie sie am 14. November Kopf an Kopf mit dem deutschen Segler Boris Herrmann übers Wasser fliegt. Oder eine Sprachnachricht des Franzosen Yoann Richomme, den man kaum verstehen kann, wenn er "very intense sailing" ins Mikro pustet, während im Hintergrund der Wind laut heult und die Wellen zusammenkrachen. shok
Tausend Jahre Heinrich
Ziemlich untergegangen ist ja außerhalb Bambergs, dass 2024 auch der tausendste Jahrestag Heinrichs II. war: Am 13. Juli 1024 ist der später heilig gesprochene Kaiser gestorben. Aber glücklicherweise kann man das Jubiläum privat nachholen, weil die Staatsbibliothek Bamberg einen wunderbaren kommentierten Bildband mit fünfzig der 165 erhaltenen Codices herausgegeben hat, die Heinrich dem von ihm gegründeten Bistum geschenkt hatte ("Des Kaisers neue Bücher", Reichert Verlag, 196 Seiten, 29,95 Euro). Das Buch präsentiert einen Querschnitt dessen, woran sich die Studien in den Klöstern jener Zeit ausrichteten: von einer im Sinne des karolingischen Gelehrten Alkuin erstellten Gesamtausgabe der Bibel über eine lateinische Übersetzung der Logik des Aristoteles bis zu Schriften des mittelalterlichen Philosophen Johannes Scotus Eriugena. Die Reproduktionen der Handschriften und die sorgfältigen Kommentare bieten so eine verblüffend nahe Momentaufnahme der intellektuellen und ästhetischen Standards der vorletzten Jahrtausendwende. Si.
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