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Besprechung vom 21.06.2019
Der Andere ist einzuverleiben
Weniges hat in Europa an den frühen, mit dem sechzehnten Jahrhundert einsetzenden Berichten aus Brasilien so fasziniert, wie die Nachrichten von kannibalistischen Praktiken. Ob es sie wirklich gegeben hat, daran sind Zweifel möglich. Aber für den brasilianischen Kulturanthropologen Eduardo Viveiros de Castro enthalten ihre Beschreibungen genügend Elemente, um aus ihnen eine Theorie davon zu entwickeln, wie kleine indigene Gesellschaften mit den nicht zur eigenen Gruppe Gehörenden umgehen: Kannibalismus als Modell der "Selbstbestimmung durch den Anderen". Eine kühne Theorie, meinte unser Rezensent, der sich an die englische Ausgabe der "Kannibalistischen Metaphysiken" halten musste (F.A.Z. vom 11. August 2017). Nun liegt endlich die schon lang angekündigte deutsche Übersetzung vor.
hmay.
Eduardo Viveiros de Castro: "Kannibalische Metaphysiken". Elemente einer poststrukturalen Anthropologie. Aus dem Portugiesischen von Theresa Mentrup. Merve Verlag, Berlin 2019. 304 S., br.
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