Inhaltsverzeichnis
Besprechung vom 07.05.2020
Betulich im Schlendergang
Mit fünfundzwanzig Jahren schrieb Erik Fosnes Hansen 1990 den Bestseller "Choral am Ende der Reise" über die Titanic-Bordkapelle. Nun hat er einen Reiseführer für Oslo geschrieben. Eine fremde Stadt, schreibt er, sei wie ein geschlossenes Buch, und so blättert er deren Seiten auf. Spaziergänge führen zu bekannten Orten wie zur Festung Akershus, aber auch nach Groruddalen, einer Trabantenstadt, von Feuilletons gerne als Tal der Dichter bezeichnet. Auch Fosnes Hansen wohnte dort, kann die Bezeichnung aber nicht verstehen. Im Stadtteil lebten 120000 Menschen, mehr als in manchem norwegischen Distrikt, da seien eben auch Schriftsteller darunter gewesen. In seiner Kindheit sei Oslo noch eine "recht abgehalfterte Stadt" gewesen, schreibt er, alles sei bescheiden und ein bisschen grau gewesen. Das änderte sich 1996, als Ölsegen in die Staatskasse pladderte. Seither wächst und glänzt Norwegens einzige Großstadt. Anhand konkreter Orte erzählt Fosnes Hansen jeweils viel zum Hintergrund. So führt die Tour zur Holmenkollen-Schanze zugleich in die Geschichte Norwegens als Skination und wird mit Fridtjof Nansens Lebensgeschichte verwoben. Im Reiseführerteil mit persönlichen Empfehlungen tauchen die Stadtheiligen wie Henrik Ibsen und Edvard Munch auf. Ein bisschen auf den Nerv fallen kann einem der pastoral betuliche Tonfall. Wenngleich er zum Schlendergang eines Flaneurs passt.
bär
"Oslo mit anderen Worten. Literarische Reise in eine magische Stadt" von Erik Fosnes Hansen. Corso Verlag, Wiesbaden 2019. 264 Seiten, zahlreiche Fotos. Gebunden
© Alle Rechte vorbehalten. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt.Es wurden noch keine Bewertungen abgegeben. Schreiben Sie die erste Bewertung zu "Oslo" und helfen Sie damit anderen bei der Kaufentscheidung.