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Produktbild: Dunkelzeit | Erin Flanagan
Produktbild: Dunkelzeit | Erin Flanagan

Dunkelzeit

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Das Porträt einer Kleinstadt, in der Andersartigkeit per se verdächtig ist

Gunthrum, Nebraska, 1985. Es ist das erste Wochenende der Jagdsaison, und der geistig beeinträchtigte Hal, Landarbeiter auf der Farm von Alma und Clyle und gewissermaßen ihr Adoptivsohn, geht mit Freunden jagen. Am selben Wochenende verschwindet ein junges Mädchen aus dem Ort spurlos. Als Hal von seinem Ausflug zurückkehrt, sind Blut im Truck und eine Delle am Kühlergrill, und Hals Erklärungen lassen zu wünschen übrig. Schon bald beginnt man in Gunthrum zu spekulieren. Und nach und nach wird für Alma und Clyle die Frage, wozu Hal fähig sein könnte, immer dringlicher - denn wer sonst sollte an diesem Verbrechen schuld sein?

Produktdetails

Erscheinungsdatum
18. Mai 2023
Sprache
deutsch
Auflage
1. Auflage
Seitenanzahl
400
Autor/Autorin
Erin Flanagan
Übersetzung
Cornelius Hartz, Stefanie Kremer
Verlag/Hersteller
Originaltitel
Originalsprache
englisch
Produktart
gebunden
Gewicht
552 g
Größe (L/B/H)
36/140/214 mm
ISBN
9783855351459

Portrait

Erin Flanagan

Erin Flanagan ist Autorin und Professorin für Englische Sprache und Literatur an der Wright State University in Dayton, Ohio. Ihr Debütroman Dunkelzeit wurde 2022 mit dem Edgar Award für das beste Debüt einer US-amerikanischen Autorin ausgezeichnet und steht auf der Shortlist der Midwest Book Awards im Bereich Fiction. Sie ist außerdem Autorin von zwei Kurzgeschichtensammlungen.

Pressestimmen

»Eine glänzend geschriebene Sozialstudie. «Thomas Wörtche, Deutschlandfunk Kultur Deutschlandfunk Kultur

»Großartig lebensnah. «Sylvia Staude, Frankfurter Rundschau Frankfurter Rundschau - FR

»Flanagan schneidet so ruchlos durch die Kleinstadt-Fassade wie Stephen King. «Christian Endres, Doppelpunkt Doppelpunkt

»Flanagan gelingt mit ihrer düsteren Kleinstadtstudie ein exzellentes Debüt. « Stern Crime Stern

»Ein herausragender Roman über das Leben in einer Kleinstadt, angetrieben von der beharrlichen Entschlossenheit der Figuren, ihre Lieben zu schützen um jeden Preis. « Publishers Weekly, Starred Review Publishers Weekly

Besprechung vom 05.06.2023

Polizeiarbeit geht nicht ohne Gefühle
Falsche Fährten in Nebraska: Erin Flanagans beeindruckendes Debüt "Dunkelzeit"

Stellen Sie sich einen Pferch voller Ferkel vor. Sehen Sie rosa Niedlichkeit auf vier Beinen oder sehen Sie Antibiotikaspritzen, kupierte Ringelschwänze und Schlachtungen? Salami? Es ist alles eine Frage der Sichtweise. So verhält es sich mit Ferkeln, so verhält es sich mit der Landwirtschaft - im vorliegenden Buch sagt jemand über sie: "Du wirst nie fertig. Alles hängt davon ab, wie du das findest." Und so verhält es sich überhaupt mit dem Leben im Örtchen Gunthrum, Nebraska, wo Mitte der Achtzigerjahre die sechzehnjährige Peggy verschwindet.

Der besondere Dreh von Erin Flanagans mit einem Edgar-Award ausgezeichneten Debütkrimi "Dunkelzeit" sind die drei konträren Sichtweisen auf den Fall und den Ort seines Geschehens. Milo ist Peggys jüngerer Bruder, der sich nach nichts mehr sehnt als endlich aus diesem Kaff zu verschwinden. Der Farmer Clyle hat sich nach seinen Studienjahren in Chicago bewusst entschieden, in die Heimat zurückzukehren. Zuletzt seine Frau Alma; ihrer Stimme kommt die größte Aufmerksamkeit zu, der gebürtigen Großstadtpflanze, die nicht nur wegen ihrer Herkunft in Gunthrum eine Außenseiterin bleibt, sondern auch, weil sie keine Kinder geboren hat, stets ihr Herz auf der Zunge trägt und selbst im Partykeller meist die Finger vom Alkohol lässt.

Flanagan jongliert die drei Perspektiven mühelos, elegant ineinander übergehend, und findet dabei auch Verbindendes zwischen den Erzählern: Sie sind intelligente Beobachter, Analytiker und halten sich mit ihren Urteilen nicht zurück, was sie nicht immer zu Sympathieträgern macht. Und - auch das hebt sie von der Dorfgemeinschaft ab - sie zweifeln als einzige daran, dass Hal an Peggys Verschwinden die Schuld tragen soll. Hal, der Farmhelfer, der nach einem Schwimmunfall in seiner Kindheit geistig beeinträchtigt ist und ausgerechnet am entscheidenden Wochenende nach seinem Jagdausflug einen blutverschmierten Truck in die Garage fuhr.

Der Titel "Dunkelzeit" ist zwar nicht unzutreffend, aber das englischsprachige Original ist präzisier: "Deer Season". Hirschsaison, eine Zeit der Jagd auf und des Sterbens von etwas Reinem, Unschuldigem. Aber auch Unschuld ist letztlich eine Frage der Sichtweise, und wenn sich die guten Leute von Gunthrum auf eine Sache einigen können, dann darauf, dass es für jede Katastrophe eine Frau zur Rechenschaft zu ziehen gibt. Hals Behinderung? Die Schuld der ihre Aufsichtspflicht verletzenden Mutter. Peggys Verschwinden? Erst möglich, weil ihre Mutter unbedingt wieder arbeiten wollte. Der Mann geht fremd? Kein Wunder, seine Frau ist so schwierig geworden. Und überhaupt ist es geradezu ein Wunder, dass nicht noch viel mehr Mädchen verschwinden, so wie die immer rumlaufen.

Die meisten Frauen in Gunthrum arbeiten zugegeben tatkräftig daran mit, die Illusion aufrechtzuerhalten. Hier herrschen traditionelle, von strengem Protestantismus geprägte Rollenbilder, die sich schon in ihrem Selbstverständnis angegriffen fühlen, wenn Männer nur Zucker in ihren Kaffee schütten oder andere Farben tragen als Marineblau und Schwarz. "Dunkelzeit" zu lesen - übrigens das Werk einer Insiderin: Flanagan stammt aus einer Kleinstadt in Iowa, dementsprechend fern liegt es ihr, das Landleben zu romantisieren, lässt einen ehrliche Dankbarkeit für die Fortschritte der letzten Jahrzehnte empfinden.

Nur wirklich besser fühlt man sich dadurch nicht. Dafür ist die Geschichte viel zu bitter, im Kern beschreibt die Autorin schließlich ein Szenario, das genauso gut ins Jahr 2023 passt: Ein junges Mädchen verschwindet, aber bleibt doch nur eine Art McGuffin, der emotionale Auslöser für die privaten Dramen aller anderen.

Flanagan holt weit aus, um den Kontext zu etablieren, der erklärt, welche ihrer Figuren warum wie denkt und handelt. Sie entwirft ein Melodrama von den Dimensionen eines Douglas-Sirk-Films aus den Fünfzigerjahren in strahlendem Technicolor: Ehen, denen über Jahre die Liebe abhanden gekommen ist, unerfüllte Kinderwünsche, körperliche und seelische Gebrechen, Unfähigkeit zur Kommunikation, geschweige denn zum verantwortungsbewussten Umgang mit den eigenen Gefühlen und Bedürfnissen. Dazu ein Schuss Seifenoper, Affären und Verrat, ein fundamentales Leiden an den sich selbst so schrecklich eng gesteckten Lebensbahnen.

Wie das verdächtige Blut an Hals Truck führt "Dunkelzeit" mit seinem Ausblick auf ein klassisches Whodunit auf eine falsche Fährte, nur um seine Leser zur Auseinandersetzung mit viel furchterregenderen, weil persönlichen Dämonen zu zwingen. Stellt sich die unausweichliche Frage: Ist das noch ein Krimi? Dem Dorfpolizisten Peck legt Erin Flanagan einen Ausspruch in den Mund, der sich liest wie eine indirekte Erwiderung an alle potentiellen Skeptiker: "Die Leute meinen immer, Gefühle dürften in der Polizeiarbeit keine Rolle spielen, aber das ist falsch. Das ist in Etwa so, wie wenn man Kinder großzieht - man versucht, seine Gefühle dazu zu verwenden, das Richtige zu tun, während man sich innerhalb der Regeln bewegt, die man aufgestellt hat."

Erin Flanagans selbstgesteckte Regeln machen "Dunkelzeit" zu einem ausgezeichneten Kriminalroman, literarisch zupackend und emotional hochintelligent. KATRIN DOERKSEN

Erin Flanagan: "Dunkelzeit". Kriminalroman.

Aus dem Englischen von Cornelius Hartz und Stefanie Kremer.

Atrium Verlag, Zürich 2023. 400 S., geb.

© Alle Rechte vorbehalten. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt.

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Sittenbild einer verkommenen Dorfgemeinschaft

Das erste Wochenende der Hirschsaison Titel des englischen Originals Deer Season - in Gunthrum, Nebraska, 1985 und Alma Costagans geistig behinderter Landarbeiter Hal Bullard ist mit seinen Freunden Larry und Sam - laut Alma zwei nichtsnutzige Kerle - auf die Jagd gegangen. Doch Hal fährt frühzeitig zurück, mit einer Hirschkuh auf seinem Pickup und ergibt vor, diese selbst erlegt zu haben. Am selben Wochenende wird Peggy, ein 17jähriges Mädchen vermisst. Hal kehrt mit einer fadenscheinigen Geschichte über das Blut in seinem Truck und Beschädigungen auf die Farm der Costagans zurück. Alma und ihr Mann Clyle müssen sich damit auseinandersetzen, wozu Hal fähig sein könnte, zumal sich Hal an besagtem Tag im OK total betrunken hat und an nichts mehr erinnern kann. Es kommt heraus, dass Peggy und Hal gleichzeitig auf der Partylocation Castle Farm gesehen wurde. Nicht nur das Kaff Gunthrum ist beschissen, sondern auch deren Bewohner. Ein Dorf sucht seinen Mörder (Film 2002), nein dieses Dorf hat seinen Mörder bereits gefunden: Hal. Obwohl nichts über das Schicksal von Peggy bekannt ist, haben sich die Bewohner von Gunthrum bereits auf ihn als Täter eingeschossen. Selbst seine Mutter, die den damals zweijährigen Hal fast ersaufen hat lassen, hält ihn für besonders gewalttätig und die richtigen Gene hätte er ebenfalls, denn sein Vater saß schon im Gefängnis. Hat Hal etwas mit dem Verschwinden Peggys zu tun? Hal ist zwar ein fescher Bursche, geistig in der Entwicklung zurückgeblieben, aber sobald er den Mund aufmacht laufen die Mädels kreischend davon. Peggy hatte einst aus Langeweile mit Hal bei einem Picknick flirtet, ihn aber abblitzen lassen, doch er hatte sich in sie unsterblich verliebt. Die unerbittlich direkte Alma, selbst nie Mutter geworden, die in Hal sowas wie einen Ersatzsohn sieht mit brutalem Statement: Dieses Mädchen hat heute ungefähr zehn Jungs Hoffnungen gemacht. Und von diesen zehn bist du der Letzte auf ihrer Liste, das garantiere ich dir. Dunkelzeit ist kein Krimi im eigentlichen Sinn, vielmehr ein schonungsloses Sezieren von menschlichen Beziehungen, familiären Strukturen und dörflichen Gemeinschaft. Es ist eine kleinbürgerliche, scheinheilige, moralisch verkommene, verlogene und letztlich kriminelle Bagage, ohne einen Funken Ehrgefühl, in dumpfen Egoismus versinkend. Alma und Clyle: Schweinefarmer, Clyle in Gunthrum aufgewachsen, Alma, Städterin auch Chicago, verbitterte Einzelgängerin und unbeliebte Wahrheitsfanatikerin, notorische Nörglerin und Besserwisserin mit ungezügeltem Helfersyndrom, gezeichnet durch Schicksalsschläge, zerfressen durch Eifersucht; , dass sie jemanden brauchte, der sie brauchte? Punktum. Linda und Joe mit ihren Kindern Peggy und dem 12jährigen Milo. Milo dient Flanagan als Antithese zur fiesen Gesellschaft Gunthrums. Noch unverdorben, etwas naiv, wahrheitsliebend und er liebte seine Schwester. Ein nachdenklicher Roman, ein packendes, tolles Debüt über Verlierer, Außenseiter und Gesetzesbrecher in der gottverlassenen amerikanischen Provinz Nebraskas ohne Hoffnung auf eine bessere Zukunft. 2022 ausgezeichnet mit dem Edgar Award und es macht mich neugierig auf kommende Veröffentlichungen von Erin Flanagan.
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