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Produktbild: Gesellschaft mit beschränkter Hoffnung | Karsten Krampitz
Produktbild: Gesellschaft mit beschränkter Hoffnung | Karsten Krampitz

Gesellschaft mit beschränkter Hoffnung

Roman. Matthias-Vernaldi-Preis für selbstbestimmtes Leben 2025

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Arnstadt, Thüringen, Ende der 70er Jahre. In einem Heim für behinderte Jugendliche beschließen drei Freunde, die sich kaum bewegen können: Wir brechen aus. Von Rente und Pflegegeld wollen sie sich Pfleger finanzieren, ein Haus bekommen sie von der Kirche - das alte Pfarrhaus in Hartroda, im Altenburger Land. So beginnt die Geschichte einer Kommune, die völlig aus der Zeit und aus dem Land gefallen ist. Die einen bekommen Hilfe, die anderen Asyl - vor der Schinderei im Staatsbetrieb, vor einem Leben im stupiden Kreislauf von Arbeiten, Saufen, Schlafen. Eine Gemeinschaft der Gleichen, in der alles geteilt wird - Geld und Bücher, Platten und Bier, aber auch alle Gebrechen. Eine Gemeinschaft der Aussortierten, die sich mit Witz und Chuzpe das Undenkbare erkämpft: ein selbstbestimmtes Leben, vielleicht sogar Freiheit. Unter dem Schirm der Kirche wird sie, so scheint es zumindest, vom DDR-Apparat in Ruhe gelassen. Intellektueller Kopf der Gemeinschaft ist Gruns. Er wird vom schweigsamen Mozek gepflegt, der vom Dachboden aus internationale Fernschachturniere bestreitet und sich über seine Vergangenheit bedeckt hält. Denn Mozek, ehemaliger Grenzer, ist auf der Flucht vor der eigenen Schuld.»Ich hab meine Sache auf nix eingestellt / auf gar nix, überhaupt nix«, heißt es in einem Lied der Band Mischpoke, die zum Freundeskreis der Kommune gehört. Als die DDR zusammenbricht, wird deutlich, dass es auch die Mauer war, die die Gemeinschaft von Hartroda zusammengehalten hat.

Produktdetails

Erscheinungsdatum
01. September 2025
Sprache
deutsch
Auflage
Originalveröffentlichung
Seitenanzahl
200
Autor/Autorin
Karsten Krampitz
Verlag/Hersteller
Produktart
gebunden
Gewicht
302 g
Größe (L/B/H)
210/128/20 mm
ISBN
9783960544692

Portrait

Karsten Krampitz

Karsten Krampitz (*1969 in Rüdersdorf) ist Autor, Historiker und Journalist. Er schrieb für Straßenzeitungen, war an der Besetzung von Luxushotels beteiligt und Mitgründer von »Mondkalb Zeitung für das Organisierte Gebrechen«. Er promovierte zur Rolle der Kirche in der DDR. 2009 gewann er beim Bachmann-Wettbewerb den Publikumspreis. Für die Arbeit an diesem Roman erhielt er das Berliner Senatsstipendium für Literatur, das Literaturstipendium des Freistaats Thüringen und ein Arbeitsstipendium des Deutschen Literaturfonds.

Pressestimmen

»Nichts an der Utopie eines Zusammenlebens wie in Karsten Krampitz Roman hat sich erledigt. Im Gegenteil. Jeder Tag eines freien, solidarischen Lebens sollte wie ein Geschenk gefeiert werden. Laut lesen. « Annett Gröschner

»Wer zwei Kästen Bier hat, mache einen zu Geld und schaffe sich dieses Buch an. « Bov Bjerg

»Karsten Krampitz gehört zu den besten Kennern der DDR-Spätphase. « Christian Schröder, Tagesspiegel, über »1976. Die DDR in der Krise«

Besprechung vom 31.08.2025

Organisierte Gebrechen

Ein DDR-Roman spezieller Art: Karsten Krampitz erzählt die Geschichte einer Kommune von Schwerstbehinderten, die zum Anziehungspunkt für Freigeister wird

Nächste Woche erscheint ein DDR-Roman, der aus so ziemlich allen Rastern des Genres herausfällt. Es geht zwar um Freiheit, Stasi, Schießbefehl und Kirchenopposition, aber in einer Gemengelage, die völlig quer zu den gewohnten Erzählungen darüber steht. Die Freiheit wird hier nämlich durch eine Kommune von Schwerstbehinderten repräsentiert, die es Anfang der Achtzigerjahre in dem thüringischen Dorf Hartroda wirklich gegeben hatte, inspiriert von dem 2020 verstorbenen Matthias Vernaldi, der sich wegen seiner progressiven Muskeldystrophie in seinem Rollstuhl nicht bewegen konnte, aber mit seinem theologisch und dialektisch geschulten Kopf einen Anziehungspunkt für Hippies und Freigeister aus der ganzen DDR schuf.

Der Berliner Autor Karsten Krampitz kannte Vernaldi und hat in den Zweitausendern auch bei dessen Zeitschrift "Mondkalb - Zeitung für das organisierte Gebrechen" mitgewirkt. Sein Roman "Gesellschaft mit beschränkter Hoffnung" verbindet den Stoff nun mit der erfundenen Geschichte eines ehemaligen Grenzers, der in der Kommune der zuverlässigste Pfleger ist; diesen schweigsamen Mann, Bernd Mozek, treibt eine ungeklärte, erst am Ende des Buchs vollends aufgedeckte Schuld um. Erst mal steht aber das Unglaubliche der Kommune selbst im Vordergrund, wie da inmitten der DDR, in den nicht vollends definierten Zwischenräumen der Staats- und Kirchenbürokratie, ein paar junge Behinderte ihr Pflegeheim verlassen und sich mit ihren Renten und Pflegegeldern in einem verlassenen Pfarrhaus ihr eigenes Leben organisieren. Sie hatten keine Lust, heißt es, ihre "letzten Jahre voller Sehnsucht den Stationsflur runterzuschauen: umsorgt, entsorgt und entmündigt. War das alles, das Dasein? Oder käme vielleicht noch ein Leben? Die Zeit war knapp."

Was dem Roman mit seiner schnoddrigen, unsentimentalen und dabei erstaunlicherweise doch feinfühligen Sprache gelingt, ist, die historisch verbürgte Aktion zu einer ganz gegenwärtigen Parabel auf die Möglichkeit eines auch unter widrigsten Umständen freien Lebens zu machen. Die Hauptperson ist dabei Gruns, der ohne Hilfe noch nicht einmal seine Notdurft verrichten kann, was in aller Konkretheit beschrieben wird. Dieser Gruns, dem die Ärzte prophezeiten, dass er die Pubertät wahrscheinlich nicht überleben werde, schafft es, bei der Predigerschule in Eisenach ein Fernstudium abzuschließen; seither erklärt er die Zusammenkünfte in Hartroda auf seine unorthodoxe Art zu Gottesdiensten (was auch den Vorteil hat, dass sie dadurch bei den Behörden nicht angemeldet werden müssen). Die spezielle Mischung aus sozialistischen, libertären und christlichen Ideen in seinen Ansprachen zieht immer mehr und vor allem junge Menschen an. Auch eine Bluesrockband namens Mischpoke nistet sich ein und liefert den Soundtrack dieser "wunderbaren Jahre". Einmal gelingt Gruns sogar das Kunststück, seine Predigt mit dem sowjetkommunistischen Klassiker "Wie der Stahl gehärtet wurde" unangreifbar zu machen und dabei die kollektivistische Befreiung der Menschheit umstandslos in die doch ganz anders geartete Frohe Botschaft münden zu lassen.

Auf vergleichbare Weise glückt es dem respektlos-humoristischen Ton des Romans, das eigenartige Pathos dieser Mühseligen und Beladenen im real existierenden Sozialismus ernst zu nehmen, ohne dass es in Kitsch abgleitet. Davor bewahrt es auch die illusionslose ökonomische Verortung der Gemeinschaft. Im Lauf der Zeit lässt diese sich von westdeutschen Geldern finanzieren, die durch ostdeutsche Kirchenleute diskret und steuerfrei übergeben werden. Die Dialektik des Geschehens wird dabei immer wieder mit selbstironisch vollmundigen Sentenzen kommentiert. In Hartroda sei eben der Kommunismus Wirklichkeit geworden: jeder nach seinen Fähigkeiten und jedem nach seinen Bedürfnissen.

Je mehr sich die Geschichte jedoch auf den Mauerfall zubewegt, der das Ende der Kommune bedeutet, desto mehr wird sie zu einer Burleske, die ein wenig den roten Faden verliert. Die anspielungsreichen Pointen für DDR-Connaisseure drohen sich da zu verselbstständigen, etwa wenn der Totalverriss der Mischpoke-Band in den Westpopmedien breit ausgewalzt wird, und auch Gruns' Entdeckung der Westberliner Bordelle kommt etwas vom Haupthandlungsstrang ab. Mit der Wende verliert Hartroda seine "Geschäftsgrundlage": Dafür, dass sie den Behinderten ein Leben jenseits des Heims ermöglichten, hatten die angestellten Pfleger, die im Roman durchgängig "Latscher" heißen, Schutz vor dem Staat erhalten. Das ist jetzt hinfällig geworden, und dann beschädigen auch noch diverse Stasi-Enthüllungen Gruns' Grundvertrauen in die Menschen seiner Umgebung. Erst als die Wahrheit über den schweigsamen Mozek offenbar wird, kommt die Tragikomödie wieder zu sich selbst. Nur so viel sei dazu verraten: Der rote Faden ist am Ende wieder da, und es gibt sogar Hoffnung, dass das Ganze gegen alle Wahrscheinlichkeit doch weitergeht.

MARK SIEMONS

Karsten Krampitz: "Gesellschaft mit beschränkter Hoffnung". Roman. Edition Nautilus, 198 Seiten

Alle Rechte vorbehalten. © Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt am Main.

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