Es gibt ein Amt für himmlisches Forschen, das laufend die aufgefangenen Seelen zurück zur Erde schickt, in den verschiedensten Arten der Wiedergeburt. Vom Einzeller bis zum höchstentwickelten Leben ist da alles drinnen. Diese Seelen werden meistens als Beistand den Menschen zu geteilt, aber nicht immer. Denn der Hauptgrund ist, zu beobachten und zu berichten.
So kehrt eine vielmals wiedergeborene Seele mit großem Erfahrungsschatz zurück, diesmal als Katze. Sie soll einer Schriftstellerin Beistand leisten, ein wenig auf sie aufpassen, und dann ihren Bericht schreiben. Denn die Frau musste schlimme Demütigungen erleiden, und zudem auch noch eine Fehlgeburt. Sie versinkt in ein Loch, kann daraufhin weder sprechen noch schreiben.
Doch beim Transfer aus den himmlischen Gefilden läuft etwas nicht ganz rund, und die Katze landet ein Jahrhundert zu früh im unwirtlichen Norden von Finnland in den Armen des Verdingmädchens Eeva. Auch sie hat ein schweres Los zu ertragen, ganz auf sich alleine gestellt in der rauen Welt, ohne Familie als Rückendeckung. Sie verguckt sich auf dem Markt in Mahte einem einfühlsamen, ruhigen jungen Mann, der flussaufwärts an der Grenze zu Russland auf einer Insel wohnt. Auch er hat für die Zukunft nichts zu erwarten, außer ein kleines Stück Land auf der Insel mit sonst nichts. Dennoch, Eeva heiratete ihn, gegen die massiven Widerstände seiner Familie. Sound like a match in heaven. Aber die bösen Menschen, sie streiten und bekriegen sich fortlaufend. Die Russen sind da, die Deutschen, Faschisten und all die Mitläufer. Der zuerst hoffnungsvoll erscheinende Stalin entpuppt sich sehr schnell zum Monster das er war. Erster, zweiter Weltkrieg, die Nazis, dazwischen die Aufstände, Revolutionen und Bürgerkriege. All das übersteht das Paar mit großen Entbehrungen, aber die Liebe zueinander ist der beste Kitt, den man sich denken kann.
Und wer jetzt fragt, was haben die Katze und die Schriftstellerin damit zu tun. Nun, die Katze ist die Erzählerin der Geschichte.
Und manchmal, da klappt auch die ursprüngliche Bestimmung, und sie ist dann tatsächlich bei der Frau, die Sprechen und Schreiben verlernt hat. Sie hilft, und ja, irgendwann werden dann die Verbindungen enthüllt, und es erfolgt ein hin- und herschwappen in der Geschichte. Und das sehr gekonnt.
Die Autorin erzählt uns in wunderbaren Bildern, grandios von Tanja Küddelsmann übersetzt, die geschichtliche Entwicklung Finnlands der ersten fünfzig bis sechzig Jahre des letzten Jahrhunderts. Die Katze, wie erwähnt, erzählt. Aber nicht nur. Auch Eeva und die Schriftstellerin kommen kapitelweise zu Wort und berichten von sich.
Sprachlich eine Wucht und sehr unterhaltsam, mit einer guten Prise Sarkasmus und Humor, werden hier historischer Roman und magischer Realismus zusammengeführt. Die sehr laute Kritik an den großen Dummheiten der Menschen ist dabei äußerst angebracht.
S.10: Seht doch nur, was gerade mit der Erde los ist. Sie leidet und geht vor die Hunde, und das nur wegen dieser einen vermehrungswütigen, dummen, aufbrausenden Spezies. Der Mensch ist ein lächerliches Etwas, ein unnatürlicher Parasit, Gottes vollkommen entbehrliche Ruhetagserfindung, die aus irgendeinem Grund aus den Radiowellen des Universums nichts als Kummer und Disharmonie verursacht.
S. 140: Müssen sich denn alle anderen Lebewesen vor ihm verkriechen und sich unterwerfen?
Zehn von fünf möglichen Sternen und somit eine große Leseempfehlung für diesen ausnehmend guten, unterhaltsamen wie lehrreich und kritischen Roman der finnischen Autorin.