"Stella und das Geheimnis" sollte man Kinder nicht alleine lesen lassen, und das nicht nur wegen der Kinder. Vielmehr eignet es sich zum gemeinsamen Lesen, zum Nachdenken, darüber sprechen und um eigene Ideen zu finden und Abmachungen zu treffen. Es geht darin nämlich um verschiedene Formen von Übergriffigkeit. Da sind Eltern, die ihrem Kind viel zumuten, indem sie es in einer Patchworksituation auf einen anderen Kontinent ziehen lassen, da ist eine Stiefmutter, die Angst hat, nicht zu genügen, und deshalb viel zu viel von anderen fordert anstatt zuzuhören, da ist eine Tante, die Umarmungen und Küsse verteilt ohne zu fragen und dann ist da noch ein Erwachsener, der offensichtlich die Grenze zu sexueller Gewalt überschreitet, was wiederum zum Geheimnis führt, das Stella anvertraut wird und das sie für sich behalten soll. Was sie glücklicherweise nicht tut, denn mit solchen Geheimnissen sollte kein Kind alleine bleiben.Die Geschichte ist sehr vollgepackt mit Themen und Handlungssträngen, die es meiner Meinung nach nicht gebraucht hätte. Übergriffige Figuren hätte man auch einbauen können ohne den Handlungsstrang mit dem Umzug und der Patchworksituation. Das hätte es erlaubt, dass die Geschichte ganz auf Stella und ihre Freundin fokussieren könnte. Letztlich hat es mich aber nicht mehr allzu sehr gestört. Vielmehr mochte ich die vielen kleinen und sensiblen Andeutungen im Text, die es erlauben, mit den eigenen Kindern über gesunde Grenzen zu sprechen.Ich empfehle das Buch all denen, die sich als Erwachsene mit ihrem eigenen Wahrnehmen von Grenzen auseinandersetzen möchten, mit ihrer Art, auf Kinder zu hören und auf Signale zu achten. Ich empfehle es auch all jenen, die Kinder haben, die selber einen Mondstein als Hilfsmittel benötigen könnten und die sich zu oft alleine fühlen mit ihren Themen. Und damit meine ich nicht nur Missbrauch, sondern allgemein das Gefühl, zu wenig gehört zu werden. Es ist ein wunderbarer Türöffner für Gespräche. Am besten nimmt man sich genug Zeit dafür.