Intro:
Maria Väth war mir schon vor der Veröffentlichung von Weil du mich atmen lässt ein Begriff. Aufmerksam wurde ich auf sie durch zwei andere Blogger, die von ihren Geschichten stets begeistert sind. Da ich einen ähnlichen Geschmack wie sie habe, ahnte ich, dass auch mich die Bücher von Maria verzaubern könnten. Und mein Vorhaben, etwas von der Autorin zu lesen, war sogar schon so weit vorangeschritten, dass ihre Geschichte Loslassen seit vielen Wochen auf meinem Reader schlummert. Doch alles hat immer seine Zeit und bis dato war meine für Maria Väth noch nicht gekommen. Nun aber sprang mir kurz vor der Veröffentlichung der Klappentext von Weil du mich atmen lässt sofort ins Herz und dieses Gefühl ließ mich das eBook direkt am Erscheinungstag hochladen.
Jetzt, nach Beendigung des Buches kann ich sagen: Wow! Ja, diese Autorin ist genau meine Kragenweite und die Geschichte um Paula und Finn hat meine Begeisterung für die Bücher dieser Autorin entflammt! Ist dieses Feuer noch aufzuhalten? Sicher nicht!
Zur Handlung:
Sie wäre gern normal, er verabscheut genau das.
Paula lebt auf der Straße und hat weder einen Job noch ein Dach über dem Kopf.
Finn ist extrem gutaussehend und beruflich sehr erfolgreich.
Täglich fahren sie mit demselben Bus.
Ganze 10 min lang.
Er beobachtet sie.
Sie schaut niemals auf.
Bis sich eines Tages plötzlich eine Winzigkeit in diesem täglichen Ritual ändert und dies etwas heraufbeschwört, das nicht mehr aufzuhalten ist.
Die Figuren:
Maria Väth hat ihre Figuren mit unheimlich viel Tiefe und jeweils ganz eigenen, äußerst eindrucksvollen Charakteren ausgestattet, denen ich jedes ihrer Gefühle und die daraus resultierenden Handlungen abgenommen habe. Sie sind so wenig Allerweltsfiguren wie ihre Geschichte völlig normal ist.
Paula ist obdachlos und lebt von der Hand in den Mund. In ihrem viel zu großen und Rucksack, der ihr einziges Hab und Gut beherbergt, reist als schwerste Last die Angst permanent mit. Deshalb versucht sie ständig sich klein, ja, sogar unsichtbar zu machen und sich hinter ihrer schmuddeligen und kaputten Wollkleidung zu verstecken. Das war nicht immer so und ihr gesellschaftlicher Absturz hat einen triftigen Grund.
Finns Leben ist äußerst eintönig. Er ist zwar beliebt und beruflich sehr erfolgreich, doch erfüllt ihn sein Dasein nicht. Die stets gleichen, engstirnigen Leute und der alltägliche Trott ermüden und langweilen ihn. Wie gern würde er aus diesem immerwährenden Normal-sein-müssen ausbrechen.
Gegensätzlicher könnten die Leben der beiden Protagonisten wohl nicht sein und doch haben sie sich so viel zu geben.
Die der Handlung innewohnenden Nebenfiguren sind in gutem Maß gezeichnet. Sie runden die Geschichte gekonnt ab und unterstützen die Sinnhaftigkeit. Bei Manchen allerdings habe ich mich zwischenzeitlich bezüglich ihres Verhaltens gegenüber anderen Menschen wirklich fremdschämen müssen und doch zeichnet genau dies die Realität, wie die Gesellschaft mit Minderheiten umgeht.
Der Schreibstil:
Maria Väth hat einen wundervoll leicht zu lesenden Schreibstil. Er zieht den Leser sofort an die Seite ihrer Figuren und lässt sie mit ihnen in den morgendlichen Bus steigen. Gebannt verfolgt er etwas abseits sitzend das stillschweigende Schauspiel der beiden Hauptfiguren, bemerkt die kleine Veränderung und wird von der nun stetig voranschreitenden Wandlung mitgezogen.
Das Setting ist bildhaft, spannend, hochemotional und ja, auch sinnlich, was dem Leser des Öfteren ordentliches Herzklopfen beschert.
Die Handlung ist anhand der eingewobenen Thematik sehr tiefgründig und doch ist es der Autorin gelungen, eine schöne Balance zwischen der Leichtigkeit der Liebe und Ernsthaftigkeit des Themas zu halten. Somit ist die Geschichte zu keiner Zeit schwermütig und doch wird der Leser so ganz nebenbei zum Nach-und vielleicht sogar Umdenken animiert. Was gibt es sinnvolleres als ein Buch, dessen Inhalt der Gesellschaft den Spiegel vorhält und das häufig sehr fragwürdige Idealdenken der Gesellschaft in Frage stellt?
Während des Lesens fühlte ich mich ein Stück weit an den Schreibstil von Elja Janus erinnert.
Auch Maria Väth bedient sich einer relativ kleinen Kulisse, sie nutzt die Geschichte als Plattform zur Vermittlung einer gesellschaftskritischen Thematik und ihr Gesamtkonstrukt der Geschichte kommt ohne viele Nebenfiguren aus, denn sie sind gerade einmal so präsent, wie es für die Welt von Paula und Finn nötig ist. Es bedarf eben aber auch nicht unbedingt mehr Raum, um eine beeindruckende und herzberührende Geschichte zu erzählen und Figuren lebensnah und authentisch agieren zu lassen, wenn man schriftstellerisches Talent hat wie diese beiden Autorinnen! Im Nachhinein kann ich ganz klar sagen, wer die Bücher von Elja Janus liebt, wird auch denen von Maria Väth verfallen!
Fazit:
Weil du mich atmen lässt ist eine außergewöhnliche Liebesgeschichte, die mich unglaublich beeindrucken konnte. Ehrlich, authentisch und sehr gefühlvoll rückt Maria Väth mit Hilfe einer einzigartigen Verbindung zweier Menschen eine gesellschaftliche Randgruppe in den Mittelpunkt und mahnt dazu, sich nicht vom äußeren Erscheinungsbild beeinflussen zu lassen, sondern auch mal einen Blick hinter die Kulisse zu riskieren. Vielleicht sollten wir unsere Wegbegleiter ab und an mal etwas genauer betrachten. Und vor allem: Niemals vorschnell urteilen!
Maria Väth hat sich auf leisen Sohlen in mein Herz geschlichen, um es sich dort zusammen mit Elja Janus gemütlich zu machen. Und während sie gemeinsam einen warmen Tee schlürfen, ihre Füße genüsslich Richtung Kaminfeuerchen strecken und sich weitere intelligente und bewegende Geschichten ausdenken, weiß ich, dass nun für Loslassen die Zeit des Schlummerns auf meinem Reader vorbei sein wird!