Was für ein fesselnder Roman! Ich konnte "Wut und Liebe" kaum aus der Hand legen die Geschichte ist so klug konstruiert, dass man ständig zwischen Mitgefühl, Unverständnis und Spannung hin- und hergerissen wird.
Noah, ein Künstler Anfang dreißig, lebt eher bescheiden. Seine Freundin Camilla trägt mit ihrem Gehalt den Großteil ihres gemeinsamen Lebens doch das reicht ihr irgendwann nicht mehr. Sie hat sich mehr erhofft, von der Zukunft, vom Leben, vielleicht auch von sich selbst. Ihre Trennung ist rational, eine klare Kopfentscheidung, aber sie tut weh auch als Leser:in. Ich konnte Camillas Beweggründe absolut nachvollziehen, aber gleichzeitig hat es mich auch sehr geärgert, dass sie Noah im Grunde nur wegen der finanziellen Perspektivlosigkeit verlässt.
Noah hingegen bleibt nicht stehen, sondern kämpft. Und als sich ihm eine Möglichkeit bietet, an Geld zu kommen auf ziemlich fragwürdige Weise , ergreift er sie. Dass dabei eine ältere Dame und ein dubioses Arrangement eine Rolle spielen, macht die Sache umso spannender. Man fragt sich ständig: Was ist echt, was Spiel? Und wie weit wird Noah gehen?
Die Figuren in diesem Roman sind nicht unbedingt sympathisch, aber genau das macht sie so lebendig und glaubwürdig. Sie handeln widersprüchlich, verletzlich, manchmal egoistisch eben wie echte Menschen. Und gerade diese Grauzonen machen "Wut und Liebe" so besonders.
Das Ende hat mich überrascht ich hatte wirklich nicht damit gerechnet. Und obwohl es leise daherkommt, hallt es lange nach.
Martin Suter beweist einmal mehr, warum ich seinen Schreibstil so sehr liebe: elegant, klar, auf den Punkt. Er versteht es, mit wenigen Worten Tiefe zu schaffen, und seine Sprache trägt einen mühelos durch die Geschichte.
Ein absolut empfehlenswerter Roman über verletzte Gefühle, Sehnsucht, Stolz und die Frage, was wir tun würden, um das zurückzubekommen, was wir verloren haben.