". . . und der Strand ist meine große Geliebte" - diese Liebeserklärung des Malers Otto Niemeyer-Holstein an die Insel Usedom wird jeder nachvollziehen können, der das Glück hat, länger als nur einen Sommerurlaub zwischen Meer und Achterwasser zu verbringen. Die überwältigende Landschaft, das Licht und immer wieder das Meer in seiner nicht zu fassenden Weite ziehen jährlich Hunderttausende an. Von Wolgast führt der Weg über die blaue Brücke hoch zur Peenemündung und von da aus über die ganze Insel, in die Seebäder und die stillen Orte im Hinterland, die sich so gar nicht um das sommerliche Getümmel zu scheren scheinen. Die Bilder des Usedomer Fotografen Matthias Gründling fangen den Zauber dieser Landschaft zu jeder Jahreszeit auf ganz besondere Weise ein und führen den Betrachter auch an Orte, die bisher im Verborgenen blieben.
Besprechung vom 02.07.2020
Der Eisbecher auf dem Tisch
Usedom ist einer der schönsten Flecken Deutschlands. Viele fahren hin, entsprechend nennenswert ist der Markt für Reisebücher, entsprechend groß das Angebot. Für den Bildband "Usedom - Entdeckung der Insel" haben sich zwei Autoren zusammengetan, welche die Insel seit langem kennen. Der Verleger Jochen Stamm hatte das DDR-Privileg, in einer Art Ferienwohnung - offiziell gab es so etwas damals nicht - manchen Sommer in Trassenheide verbringen zu können. Auch heute ist er oft dort. Matthias Gründling ist Arzt und fotografiert zur Erholung. Stamm liefert einen kurzen Eingangstext mit Kindheitserinnerungen, Gründling folgt mit seinen Fotos, seine Reise geht einmal um die Insel herum. Tatsächlich könnte man von dem Gefühl angeweht werden, da sei noch was zu entdecken. Selten sind auf den Bildern Menschen zu sehen, dafür einsame Landschaften, die in den Farben der Jahreszeiten einiges hermachen. Das ist ganz schön, wird aber bald langweilig. Die Auswahl der Fotos wirkt beliebig. Belanglose Strandfotos stehen neben witzigen Schnappschüssen. Vom Hofcafé in Grüssow sieht man nur eine Berliner Weiße neben einem Eisbecher auf dem Tisch - eine Illustration zur Karte? Eingestreut sind Fotos, die eher für die Lokalzeitung taugten, etwa ein Bild von Pierce Brosnan, dessen Verbindung zur Insel nur darin besteht, vor vielen Jahren dort einen Film gedreht zu haben. So unentschlossen wie die Bildauswahl sind die Bildtexte. Mal sind sie kurz und informativ, dann wieder heißt es über zwei Störche im Nest: "Zufriedene Bewohner des Thurbruchs." Woher will Gründling das mit der Zufriedenheit wissen? Insgesamt: eine Enttäuschung.
F.P.
"Usedom. Die Entdeckung der Insel" von Matthias Gründling (Fotos) und Jochen Stamm (Text). Edition Braus, Berlin 2020. 128 Seiten, 100 Fotos. Gebunden
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