Besprechung vom 23.06.2022
Die weißen Inseln der Zeit
Wer noch nie bei Schneetreiben an einem trüben Tag durch eine Winterlandschaft gewandert ist, wegen des White-out-Effekts kaum oben von unten zu unterscheiden vermochte und mit einem Mal vor einem Haus stand, das wie vom Himmel gestürzt wirkte, so plötzlich war es da, dass man erschrak, wer also dieses Gefühl nicht kennt, dem sei ein Blick in dieses Buch empfohlen, nein, dem sei empfohlen, sich sorgfältig durch dieses Buch zu blättern, in dem sich leere, mattweiße Doppelseiten abwechseln mit eigenwilligen Architekturaufnahmen alter und uralter Schweizer Chalets, die, fotografiert an einem Nebeltag, wirken wie inszeniert vor der leeren Wand eines Ateliers, geradeso, als handele es sich um Objekte oder Skulpturen, nicht um Wohnhäuser, um Modelle für eine Spielzeugeisenbahn bestenfalls, aber dabei von solch irritierendem Detailreichtum gezeichnet, wie ihn in den Schindeln und den Brettern der Holzfassaden die Spuren des Lebens wie des Wetters erst im Laufe vieler Jahre und Jahrzehnte hervorbringen. Ein Gebäude ist schöner als das andere. Verzaubernd, romantisch und einladend, wie sie da in bunten Tönen inmitten einer klirrenden Kälte Behaglichkeit ausstrahlen - dabei im nüchternsten Dokumentarstil zum Bild gefroren. Manchmal greifen im Hintergrund Bäume mit ihren krakeligen Ästen ins Nichts. Oft aber schweben die Häuser einfach wie im luftleeren Raum. Ein wunderbares Buch. F.L.
"Chalets of Switzerland" von Patrick Lambertz. Mit Texten von Daniel Blochwitz und Edwin Huwyler. Hartmann Books, Stuttgart 2022. 184 Seiten, 34 Farbfotografien.
Gebunden
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