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Besprechung vom 14.05.2020
Robbe für den Forscher
Der Verhaltensforscher Niko Tinbergen verbrachte 1932/1933 gut ein Jahr an der Ostküste Grönlands. Dorthin war erst fünfzig Jahre zuvor der erste Europäer gelangt, die Einheimischen lebten bei Tinbergens Reise - seiner Hochzeitsreise mit seiner Frau - noch großteils ihr traditionelles Leben. Seine Aufzeichnungen wurden erst 2017 wiederentdeckt. Sie sind großartig. Tinbergen beobachtet genau, schreibt detailliert und elegant. Vor allem ist er neugierig und offen und findet sich nicht rundweg überlegen. Zwar klingt manches paternalistisch. Aber es zeugt von Empathie, wenn er sich glücklich schätzt, "noch so viel vom Leben eines ursprünglichen, noch wenig degenerierten Jägervolkes mitzuerleben". Tinbergen beschreibt arktische Fata Morganas, Lampen, in denen Robbenspeck brennt, und isst Robbenfleisch: "Eine Delikatesse." Er widmet sich der Sprache, den Werkzeugen, den Schlitten und der Jagd. Das Buch enthält dazu viele historische Fotos. In Angmagssalik trifft er grönländische Berühmtheiten wie Pastor Rosing, den Maler Kârale und den Forscher Knud Rasmussen. Anfangs sieht er verwundert auf das Leben voller Gelächter der fröhlichen Einheimischen, allmählich aber fängt er an, "die Haltung der Europäer blasiert zu finden". Er ist empfänglich für Anregungen und Kritik der Einheimischen und erkennt, im arktischen Winter gibt es nichts Besseres als Hosen aus Eisbärenfell.
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"Eskimoland. Ein Bericht aus der Arktis" von Niko Tinbergen. C.H.Beck Verlag, München 2019. 240 Seiten, 67 Abbildungen. Gebunden
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