Eine philosophische Betrachtung über das Leben, seinen Sinn und seine Unwägbarkeiten mit doch einigen Längen
Dieser Roman des Schweizer Philosophieprofessors, der seine Bücher unter Pseudonym veröffentlicht hat, erschien im Jahr 2004. Der Altphilologe Raimund "Mundus" Gregorius, der sein ganze Erwachsenenleben Lehrer für Latein, Griechisch und Hebräisch an einem Gymnasium in Bern war, bricht eines Tages unerwartet und ohne Abschied zu einer Reise mit dem Zug nach Lissabon auf. Dort begibt er sich auf die Spur des Autors Amadeu de Almeida Prado, dessen Buch der Auslöser für seinen Aufbruch war. Immer tiefer dringt er in dessen Leben vor, das ehemalige Wegbegleiter überraschend bereitwillig vor ihm ausbreiten. Er erfährt Dinge, die bisher geheim gehalten wurden und seine Nachforschungen erweisen sich manchen Wegbegleiter des Autors als Therapie.Die deutsche Übersetzung des Werkes, um das sich der Roman dreht, beschreibt im Grunde ganz wunderbar den Autor selbst. Er ist ein "Goldschmied der Worte". Einige der schönen Formulierungen, die man durchaus teilweise als "Fabulierungen" betiteln könnte, möchte ich hier zitieren.Gregorius' Gedanken über die Leser: "Es gab die Menschen, die lasen, und es gab die anderen. Ob einer ein Leser war oder ein Nichtleser - man merkte es schnell. Es gab zwischen den Menschen keinen größeren Unterschied als diesen. (btb Tb, 9. Aufl. 2006, S. 96)"Ein Teil der menschlichen Würde besteht in der Kraft, seinem Geschick, auch dem schweren, ins Auge sehen zu können." (ebd., S. 98)Über die Eitelkeit: "Sie ist eine verkannte Form von Dummheit, pflegte er zu sagen, man muss die kosmische Bedeutungslosigkeit unseres gesamten Tuns vergessen, um eitel sein zu können, und das ist eine krasse Form von Dummheit." (ebd., S. 186)Über die Liebe zum Leben: "Sie wollen nicht, dass es zu Ende sei, auch wenn sie das fehlende Leben nach dem Ende nicht mehr vermissen können - und das wissen." (ebd., S. 244)Über Religion: "Es gibt Dinge, die für uns Menschen zu groß sind: Schmerz, Einsamkeit und Tod, aber auch Schönheit, Erhabenheit und Glück. Dafür haben wir die Religion erschaffen. Was geschieht, wenn wir sie verlieren?" (ebd., S. 469)Ein angenehm zu lesendes philosophisches Buch über das Leben, das für seine feinen Formulierungen zu Recht gelobt wurde und wird. Für meinen Geschmack jedoch weist es einige Längen zu viel und ein seltsames Ende auf. Drei Sterne.