Nicht erst seit Diana Gabaldon und ihrer Outlander-Buch-Reihe ist Schottland mit seiner Schönheit und Mystik in den Fokus gerückt. Das Land hat schon immer einen reichen Schatz an Sagen und Märchen, die früher fast ausschließlich mündlich überliefert wurden, einfach, weil sie im Gälischen erzählt werden, und die wenigsten diese Sprache auch schreiben können. In der Tradition der uns bekannten Gebrüder Grimm, wurden auch die hier enthaltenen Geschichten gesammelt und niedergeschrieben, um sie zu bewahren.Ursprünglich gesammelt wurden sie von Jon Francis Campbell, hier liegen sie nun in einer Übersetzung von Michael Klevenhaus vor. Der Herausgeber hat sich bemüht, die Entstehung dieser Sammlung zu zeigen. In einem umfangreichen Vorwort gibt er dem Leser viele Einblicke und stellt im Anschluss Jon Francis Campbel vor. Diese Einleitung ist äusserst interessant und bereitet gut auf die anschließende Lektüre vor. Des weiteren ist auch das Vorwort der Originalausgabe von 1860 enthalten. Die Geschichten sind nicht unbedingt immer leicht zu lesen, anhand der Ausdrucksweise wird schnell klar, wie alt die ursprünglichen Überlieferungen tatsächlich sind. Für die heutige Zeit würde man sie sicher überarbeiten, bestimmte Begriffe austauschen, die Erzählweise "modernisieren", um sie dem Zeitgeist anzupassen und wohl auch, um sie eingängiger zu gestalten. Der Herausgeber äußert sich dazu auch in seinem Vorwort und macht deutlich, dass er absichtlich darauf verzichtet hat die Geschichten abzuändern, er wollte sie bewusst in ihrer Ursprünglichkeit belassen. Diese Ursprünglichkeit würde man im Übrigen auch in einer alten Ausgabe der "Kinder und Hausmärchen" der Gebrüder Grimm finden, einfach, weil dem entspricht, wie die Geschichten über Generationen erzählt wurden. Beim Lesen wird einem viel Fremdartiges begegnen, aber noch mehr Bekanntes. Da gibt es Prinzen und Prinzessinen, arme Bauernsöhne, Riesen, Hexen, Zauberer, Monster, zu bewältigende Aufgaben, zu bestehende Proben. Da werden für Gegenleistungen Wünsche erfüllt, Jungfrauen gerettet, Flüche gebrochen und glücklich gelebt, bis ans Ende ihrer Tage. Viele Elemente sind in ähnlicher Form auch in unseren Sagen und Märchen vorhanden, warum auch nicht, enthalten doch ganz viele der Geschichten eine tiefere Botschaft, handeln von Liebe, Verrat, der Gier nach Macht und Reichtum, der Suche nach Glück. So liest man von Prinzen, die nicht auf die Ratschläge ihrer Frauen hören und so Unglück über die Familie bringen, von einem Jüngling, der dem Tod durch das Erzählen von Geschichten entgeht, oder dem Recken, der nur getötet werden kann, wenn man ihn an einer bestimmten Körperstelle trifft. Sogar eine lustige Truppe Tiere, die ihren Besitzern entfliehen um nicht in der Pfanne zu landen, trifft man. Die Zusammenstellung gibt einen schönen Einblick in die Sagenwelt Schottlands, auch wenn sich viele der enthaltenen Geschichten in einzelnen Elementen ähneln. Das Lesen ist wie gesagt nicht unbedingt einfach, das Buch ist definitiv eines, für das man sich Zeit nehmen sollte. Liebhaber von Märchen und Sagen werden überrascht sein, welche Parallelen man zu anderen Kulturkreisen ziehen kann. Natürlich gibt es am Ende noch Infos zu weiterführender Literatur.Das Buch ist etwas für erwachsene Leser, Kindern würde ich die Geschichten nicht empfehlen. Ein schönes Geschenk für Schottlandliebhaber und Sammler von Märchen und Sagen.