Kann eine Gesellschaft, deren Gesellschaftsvertrag gegen das Kartellverbot verstößt, über die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft als wirksam entstanden behandelt werden? Unter dogmatischer Qualifizierung der Negativvoraussetzung »vorrangiger Allgemeininteressen« weist der Autor nach, dass eine Anwendung der Lehre entgegen der Rechtsprechung des BGH verbotsgesetzindividuell zu prüfen ist. Im Falle eines Verstoßes gegen das Kartellverbot habe eine solche Anwendung regelmäßig auszuscheiden.
Die Rechtsprechung des BGH, wonach die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft nicht anzuwenden ist, wenn der Gesellschaftsvertrag gegen ein Verbotsgesetz verstößt, ist in der Literatur vermehrt in die Kritik geraten. Insbesondere sei es bei einem kartellrechtswidrigen Gesellschaftsvertrag nicht angezeigt, die vollzogene Gesellschaft als von Anfang an nichtig zu behandeln. Die Arbeit qualifiziert die »Negativvoraussetzung« dogmatisch und weist ihre generelle Anwendbarkeit auf verbotswidrige Gesellschaftsverträge nach. Anders als nach der Rechtsprechung des BGH scheidet die Anwendung der Lehre jedoch nicht bei jedem Gesetzesverstoß aus. Ihre Anwendbarkeit ist vielmehr aufgrund einer Abwägung im Einzelfall verbotsgesetzindividuell festzustellen. Der Autor stellt fest, dass eine Anwendung der Lehre im Falle eines kartellrechtswidrigen Gesellschaftsvertrages mit den (unions-)kartellrechtlichen Verbotswertungen regelmäßig nicht zu vereinbaren ist.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
Untersuchungsgegenstand Gang der Untersuchung
2. Kartellrechtliche Grundlagen zu Gemeinschaftsunternehmen
Allgemeines zu Gemeinschaftsunternehmen Kartellrechtliche Vorgaben bei der Gründung von Gemeinschaftsunternehmen
3. Gesellschaftsrechtlicher Umgang mit verbotsgesetzeswidrigen Personengesellschaften
Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft bei nichtigen Gesellschaftsverträgen Generelle Beurteilung der Negativvoraussetzung vorrangiger Allgemeininteressen
4. Die Implikation der Negativvoraussetzung bei kartellrechtswidrigen Gemeinschaftsunternehmen
Teleologische Erforderlichkeit der Nichtigkeit im kartellrechtlichen Sanktionssystem Unionsprimärrechtliches Erfordernis einer ex tunc Nichtigkeit nach Art. 101 Abs. 2 AEUV Gesamtergebnis
5. Schlussbetrachtung
Ausblick: Praktischer Umgang mit der ex tunc Nichtigkeit vollzogener Gesellschaften Ergebnis und Zusammenfassung in Thesen